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René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus

René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus

Titel: René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wigbert Löer , Rainer Schã¤fer
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Torerfolg setzt sich Schnitzler auf den Boden und imitiert einen Autofahrer, beide Hände bewegen ein Lenkrad hin und her. Kurz zuvor hatte sein Mannschaftskollege Timo Schultz Schnitzler öffentlich kritisiert. »Ich kann die Chancen, die wir haben, gar nicht mehr zählen«, zürnte Schultz. »Das ärgert mich richtig. Aber für einige sind Autos wohl wichtiger als Fußball. Das geht mir auf den Sack.« Jetzt fehlen Schultz die Argumente, und so setzt er sich neben Schnitzler auf den Boden und umgreift ebenfalls ein imaginäres Lenkrad. Gemeinsam fahren die beiden ein Stück auf der Versöhnungstour, sie lachen dabei und schneiden Grimassen. Auch wenn Schnitzler immer wieder gegen den Verhaltenskodex verstößt, ernsthaft böse kann ihm doch keiner sein. Mit seinen Toren und seinem naiven Charme ist er aus der Mannschaft nicht mehr wegzudenken.

    [REF 8] Zweikampfstark: Im August 2007 setzt sich St. Paulis Mittelstürmer gegen mehrere Koblenzer Gegner durch
    Im Team mögen ihn gerade jene, die ihr Leben als Fußballprofi nicht nur mit Arbeit verbinden. Wie in jeder Mannschaft nehmen einige Profis bei Gelegenheit nicht nur Punkte mit. Nach Spielen wird gefeiert, nach Auswärtsspielen hat sich Schnitzler schon daran gewöhnt, dass er sein Bett immer mal wieder räumen muss, wenn einer seiner Mitspieler mit einer nächtlichen Eroberung erscheint. In Hoffenheim holt St. Pauli Anfang November 2007 einen Punkt, anschließend suchen einige der Profis die Dorfdisko auf. Auch Schnitzler ist unter ihnen. Nicht alle kommen in dieser Nacht allein im Hotel an. Als der Bus morgens um acht Uhr losfahren will, ist einer der Profis noch nicht zurück. Mit 15-minütiger Verspätung kommt der Mittelfeldspieler schließlich an, auf dem Rücksitz eines Motorrades. Anschließend diskutiert die halbe Mannschaft, was von den Hoffenheimer Mädchen zu halten ist.

    Es sind Begebenheiten, die im Profifußball nicht unüblich sind und von den Trainern geduldet werden, solange die Mannschaft solche Freiheiten mit Leistung zurück zahlt. »Ich möchte nicht wissen, wie viele Kinder in Deutschland aufwachsen, die von Fußballprofis bei Auswärtsfahrten gezeugt wurden«, sagt ein Mitspieler von Schnitzler.
    René Schnitzler kommt am Saisonende auf 21 Spiele und sechs Tore, nicht schlecht für einen, der vorher eine Klasse tiefer gespielt hat. Nicht schlecht vor allem für einen, der den Profifußball genauso nebenbei erledigt, wie er seine Beziehung lebt. Auch wenn er nach Torerfolgen immer sein blaues Superman-Shirt zeigt, das er unter dem Trikot trägt. Diese Geste ist keine Allmachtsphantasie, sondern ein Gruß an Sara. Früher, bei Borussia Mönchengladbach II, trug Schnitzler immer ein Unterhemd unter dem Trikot, weil sich sonst seine Brustwarzen am Stoff aufscheuerten. Als er vor einem Spiel bei Sara übernachtete, merkte er, dass er sein Unterhemd nicht eingepackt hatte. Das einzige Shirt von Sara, das ihm passte, trug sie zum Schlafen, es zeigte Superman in Größe XL. Doch wie Superman verhält sich Schnitzler zu Hause nicht mehr. Das T-Shirt vergisst er irgendwann auf dem Trainingsgelände. Es taucht nie wieder auf.
     
    Obwohl Schnitzler sportlich im Soll liegt, erwartet Holger Stanislawski mehr von ihm. »Ich kann nicht meckern«, sagt er, »aber du könntest 25 bis 30 Prozent mehr Leistung bringen.« Stanislawski registriert aufmerksam, dass Schnitzlers Disziplin nachlässt. Ausgerechnet vor dem Spiel in Mönchengladbach im März 2008 verschläft der Stürmer, winkt noch nach Taxis, als er längst im Mannschaftsbus sitzen soll. Genervt wartet der Tross auf ihn. Stanislawski streicht Schnitzler aus der Stammelf.

    Im Stadion Borussia-Park sitzen Schnitzlers Eltern und Brüder, sitzen Verwandte und Freunde und wundern sich, dass René auf die Bank muss. Über 30 Eintrittskarten hat Schnitzler für sein Spiel des Jahres besorgt – und dann verpennt. Erst in den letzten Minuten darf er aufs Feld. St. Pauli verliert 0:1.
    Auch sein Verlangen nach Fast Food, das Schnitzler bis heute nicht zu kontrollieren gelernt hat, missfällt dem Trainer. Dabei erklärt St. Paulis Fitnesscoach Pedro Gonzalez der Mannschaft eindringlich die schädlichen Folgen übertriebenen Fast-Food-Genusses. Mit Powerpoint-Präsentationen und Leistungskurven beeindruckt Gonzalez sogar Schnitzler, allerdings nur für wenige Momente. »Es ist selbstverständlich, dass man als Hochleistungssportler nicht dreimal die Woche Fast Food essen kann«, sagt Schnitzler. Gemacht

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