René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus
Schnitzler auch in Aachen. Er zeigt einfach den Personalausweis seines Bruders vor und wird anstandslos durchgewunken.
Auch im Kasino Schenefeld, das 15 Autominuten von seiner Wohnung entfernt im Landkreis Pinneberg liegt, ist er Stammgast. Mit seinem eigenen Ausweis wird er mehrfach
abgewiesen, doch solche Hürden weiß Schnitzler zu überwinden. »Einmal fuhren wir los, zuerst in die Osterstraße, dort wohnte Renés Mannschaftskollege Alexander Ludwig«, erinnert sich Fery. »Der hat ihm seinen Personalausweis geliehen. Als wir dann in Schenefeld rein wollten, zeigte René den Ausweis von Ludwig und wurde freundlich mit ›Guten Abend, Herr Schnitzler‹ begrüßt. Dann durfte er rein.«
Unter dem Namen des Mittelfeldspielers Ludwig ist René Schnitzler im Herbst 2008 auch auf der Starterliste für ein Pokerturnier in Bremen gemeldet. Videoaufnahmen zeigen ihn, wie er als Alexander Ludwig am Pokertisch sitzt.
Am Tag nach dem Spiel gegen 1860 München begleitet Christian Pöstges seinen Kumpel noch zum Auslaufen. Sie müssen sich beeilen, Schnitzler ist mal wieder spät dran. Der Parkplatz am Trainingsgelände an der Kollaustraße im Hamburger Norden ist bereits gut gefüllt, die anderen Profis haben mit ihren Wagen zwei Reihen gebildet. Schnitzler fährt nun so auf den Parkplatz, dass es alle hören. Dann stellt er seinen weißen CLS genau in der Mitte ab. Es ist das laute Auftreten eines Menschen, der nichts anderes als Aufmerksamkeit erregen will. Und der sich vor seinem Kumpel aus Mönchengladbach als große Nummer präsentiert.
»Dieses dauernde Jetzt-komme-Ich, das hat mich immer bei René gestört«, sagt seine Freundin Sara. Auch der ungezügelte Autoverbrauch missfällt ihr. Den BMW 330 fährt er nur, bis ihn sein Mitspieler Jeremy Opoku-Karikari anspricht : »Geiles Auto!«
Schnitzler überlegt nicht lange. »Kannst du sofort haben.«
Die beiden werden sich einig, und ein paar Tage später sitzt Schnitzler hinter dem Steuer eines weißen Audi TT.
»Ich brauchte immer was Neues«, sagt er im Rückblick. »Heute hätte ich auch gern wieder so tolle Autos.«
Als Schnitzler wenige Monate nach der Anschaffung des Audi TT den Mercedes CLS ordert, stellt Sara ihn zur Rede. Es gäbe wichtigere Sachen als dumme Autos. »René hat nur gesagt: Ich will das aber. Da konnte man nie mit ihm darüber reden. Wenn er was will, dann hat er einen Pfeil im Kopf.«
Ihr Freund lebt weit über seine Verhältnisse. Miete bezahlt Schnitzler seit Februar 2008 nicht mehr, »weil die Wohnung eine Baustelle war«, wie er heute erklärt. Tatsächlich ist Ottensen Westend noch im Entstehen. Vor der Wohnungstür liegt Bauschutt, die Terrasse ist über Monate nicht nutzbar. Selbst am Wochenende kommen die Bauarbeiter. »Mich hat auch gestört, dass vieles nicht fertig wurde. Wir sind da zwei Jahre zu früh eingezogen«, sagt Sara im März 2011, als sie vor ihrer früheren Wohnung steht und sieht, wie akkurat der ganze Komplex vollendet wurde.
Ihre Forderung, die Miete zu mindern, hat der Vermieter aber abgelehnt, weshalb Schnitzler eben gar nichts mehr bezahlt. Sara ist gegen diese radikale Reaktion, auch ein Rechtsanwalt rät davon ab. Doch Schnitzler setzt sich mal wieder durch.
Ende Juni 2008 wollen sie ausziehen, Sara hat eine Wohnung in der Hamburger Hafencity gefunden. Ein Teil ihrer Möbel und Kleider ist schon in einem kleinen Möbelwagen verstaut, als plötzlich der Vermieter erscheint, begleitet von zwei Polizeibeamten. Schnitzler sei mit rund 11 000 Euro im Rückstand, heißt es. Zur Sicherheit soll er nun seine komplette Wohnungseinrichtung als Pfand hinterlegen. Schnitzler zahlt dem Vermieter 4 000 Euro in bar, er hat in den Tagen zuvor einen guten Schnitt beim Pokern
gemacht. So dürfen Sara und er wenigstens ihre Kleidung mitnehmen. Die Couch, zwei Tische, Stühle und das Wasserbett werden beschlagnahmt und eingelagert.
Schnitzler löst die Möbel nicht aus, er kauft neue. Sara allerdings leidet. »Mir war das total unangenehm, danach ging es mir richtig schlecht«, sagt sie. »Ich hätte am liebsten geweint, so hab ich mich geschämt, als die uns unsere Sachen weggenommen haben.« Schnitzler bleibt während der Pfändung völlig ruhig. Ein paar Möbel sind für ihn nicht die Welt.
SUPERMAN TRIFFT
Oliver Neuville und René Schnitzler klatschen sich ab, beide grinsen. Schnitzler muss sich herunter beugen zu dem einen Kopf kleineren Neuville. Der wortkarge Nationalspieler steht immer etwas gebückt da, als habe
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