Renegade
wir schon beim letzten Mal benutzt haben. Auf dem Weg dorthin
blicken wir immer wieder nervös über die Schulter.
Gavin überprüft
mehrmals die gesamte Wohnung, bevor wir die Tür hinter uns abschlieÃen. Ich bin
völlig verdreckt, voller Blut und Mutter weià was noch, und will mich nur noch
waschen. Mit schweren Schritten gehe ich ins Bad. Doch mich überkommt dabei
neben der Erschöpfung auch eine ausgewachsene Depression: Nicht nur habe ich
tatenlos mit angesehen, wie meine beste Freundin gestorben ist, ich bin auch
noch durchgedreht und habe ihren Freund eiskalt getötet.
Ich schleppe mich in
die Dusche, hocke mich aber nur in die Kabine und lasse das kalte Wasser auf
mich herabprasseln, in der Hoffnung, dass es mich reinwäscht. Das Wasser
durchnässt meinen Verband und brennt in der Wunde, aber ich kann mich einfach
nicht dazu überwinden, aufzustehen. Wie erschlagen sitze ich zitternd auf den
Granitfliesen und vergrabe das Gesicht in den Händen. Tränen habe ich keine
mehr, doch die Verzweiflung bleibt.
Irgendwann kommt
Gavin, um nach mir zu sehen. Er klopft an, aber ich ignoriere ihn und hoffe,
dass er wieder geht. Ich hätte es besser wissen müssen, denn als er keine
Antwort bekommt, stürmt er herein und reiÃt fast den Duschvorhang von der
Stange, so eilig hat er es, mir beizustehen.
Als er mich in
meiner Ecke sieht, weicht die Sorge in seinem Gesicht tiefer Traurigkeit. Er
dreht das Wasser ab, hüllt mich in ein weiches â und verstaubtes â Handtuch und
trägt mich ins Schlafzimmer. Dann beginnt er mich abzurubbeln, damit ich wieder
etwas Wärme in die unterkühlten Glieder bekomme. Ich höre zwar auf zu zittern,
aber mir ist immer noch kalt. Unwillkürlich frage ich mich, ob mir wohl jemals
wieder warm werden wird.
»Wie geht es dir?«,
fragt Gavin nach ein paar Minuten des Schweigens.
Da ich nicht damit
gerechnet habe, dass er etwas sagt, zucke ich erschrocken zusammen. »Ich weiÃ
es nicht«, antworte ich schlieÃlich. »Sie war meine beste Freundin. Und ich bin
schuld an ihrem Tod.«
»Nein, du nicht, du
auf gar keinen Fall. Mutter. Sie hat das doch alles eingefädelt.«
»Ich bin eine
Vollstreckerin«, sage ich tonlos. »Ein Monster.«
»Nein, Evie, du bist
kein Monster«, erwidert er leise.
»Ich habe Menschen
getötet. Ich habe sehr viele Menschen getötet. Alles im Namen von Mutters Frieden .«
»Weil Mutter dich
darauf programmiert hat. Und Nick wurde anscheinend auch konditioniert.« Er
hebt mein Kinn an und zwingt mich, ihm in die Augen zu sehen. »Du bist kein
Monster: Du hast mich gerettet. Du hast versucht, Macie zu retten. Die Wachen
hast du aus Notwehr getötet. Und die Unschuldigen auf der StraÃe hast du leben
lassen. Ein Monster tut so etwas nicht.«
Ich schweige einen
Moment. »Dann hast du also keine Angst ⦠vor mir?«, frage ich schlieÃlich und
senke meinen Blick. Ich schaffe es nicht, ihm noch länger in die Augen zu
sehen.
Gavin schüttelt
energisch den Kopf und sagt lächelnd: »Nein, niemals.« Dann zieht er mich an
sich und küsst mich. Erst ganz sanft, dann fordernder. Als könne er einfach
nicht anders. Und die Panik in mir verfliegt, als hätte es sie nie gegeben.
Dieser Kuss hat eine so starke Wirkung auf mich wie nichts anderes sonst â er
wärmt mein Blut und besänftigt meine Seele. Am liebsten würde ich nie damit
aufhören. Ich schlinge Gavin die Arme um den Hals und schiebe mich auf seinen
SchoÃ. Mit einem wohligen Schaudern spüre ich, wie seine Lippen über meinen
Hals gleiten. Ungeduldig erforsche ich mit den Händen seinen Körper, jeden
Muskel, jede Mulde. Dann zittert er kurz, packt mich noch fester und küsst mich
hungrig.
Atemlos lasse ich
mich fallen und verliere mich in ihm.
Unautorisierte
Verpaarungen stellen einen
VerstoÃ
gegen das Gesetz dar und
werden
aufs Härteste bestraft.
Bürgerlicher
Verhaltenskodex, Band VI â
Als ich
aufwache, ruht meine Wange auf einem Kissen, und ich spüre ein leichtes Kitzeln
im Nacken. Irritiert will ich über die Stelle reiben und bleibe in meinen
eigenen zerrauften Haaren hängen. Als ich mir dabei einige Haare ausreiÃe, hole
ich zischend Luft. Wieder kitzelt es, und erst jetzt erkenne ich, dass es
Gavins Atem ist, der über meinen Hals streift. Vorsichtig drehe ich mich um und
sehe ihm ein paar Minuten lang beim
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