Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Renegade

Renegade

Titel: Renegade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. A. Souders
Vom Netzwerk:
von
Handabdrücken an der Wand. Sie führen ein Stück weit senkrecht in die Höhe, als
hätte sich jemand abgestützt, um aufzustehen, dann weiter den finsteren
Korridor hinunter. Fast wirkt es, als würden sie uns irgendwo hinlocken. Mir
läuft es kalt den Rücken hinunter, aber wir haben keine Wahl – wir müssen
weitergehen. Ich kann mich nicht daran erinnern, ob auch noch andere Wege zu
den U-Booten führen, und Gavin kennt nur diesen einen. Plötzlich endet die Spur
aus Händen. Gavin wirft mir einen Blick zu, den ich im Dunkeln nicht deuten
kann, dann gehen wir weiter.
    Als vor uns ein
einzelnes rotes Notlicht auftaucht, beschleunigen wir unsere Schritte. Es
markiert eine Kreuzung; wir bleiben stehen. Geradeaus ist alles schwarz und
nichts zu sehen. Doch rechts und links sind die Korridore in unheimliches,
rotes Licht getaucht, und ich kann verschiedene Türen erkennen. Das könnten
Wohnquartiere sein oder Labore. Die Ruhe, für die mein innerer Schalter gesorgt
hat, verschwindet, und die Angst kriecht heran und lähmt meine Gedanken. Gibt
es in Sektor Drei überhaupt Labore? Ich weiß es nicht mehr … Frustriert presse
ich eine Hand an die Stirn. Möglicherweise schon; immerhin ist das hier der
Techniksektor. Andererseits müssen die Ingenieure und ihre Familien ja auch
irgendwo schlafen.
    Gavin dreht sich zu
mir um. »Laut Karte geht es immer geradeaus, bis wir an eine T-Kreuzung kommen,
dann links. Einverstanden?« Und obwohl er mich fragend ansieht, befürchte ich,
dass er ahnt, dass ich mich nicht erinnern kann. Ich beschließe, seine Vermutung
zu bestätigen. »Ja, das stimmt. Erst geradeaus, dann links.« Er wirft mir noch
einen seltsamen Blick zu, doch dann wendet er sich ab und geht weiter. Bald
umgibt uns jenseits des Lichtkegels der Taschenlampe wieder totale Dunkelheit.
Nur hinter uns ist noch das kleine Licht zu erkennen, das an die vermeintliche
Sicherheit dort gemahnt.
    In mir wächst der
Gedanke, dass es vielleicht doch keine so gute Idee wäre, zu fliehen.
Vielleicht sollten wir einfach in eines der Quartiere in dem beleuchteten
Korridor einbrechen. Mutter würde uns dort niemals finden. Energisch schüttele
ich den Kopf. Was für eine blöde Idee. Mutter wird nicht aufgeben, bis sie uns
wieder in ihrer Gewalt hat. Und hier säßen wir in der Falle. Gavin säße in der
Falle.
    Der hat sein Tempo
verlangsamt, damit ich nicht zurückbleibe. Nun dreht er sich um, und ich
leuchte ihm ins Gesicht. »Alles klar?«, fragt er ungefähr zum hundertsten Mal.
Das macht mich wütend, doch ich unterdrücke das Gefühl. Ich weiß ja, warum er
wieder und wieder fragt. Es ist ein Test. Um zu sehen, ob ich ich selbst bin.
Also nicke ich lächelnd. »Alles bestens.«
    Er grinst, und in
seinen Augen kann ich sehen, wie erleichtert er ist. »Wunderbar. Dann gehen wir
weiter.«
    Ich will Gavin
folgen, als ich etwas entdecke, das mich erschrocken keuchen lässt. Hinter ihm
an der Wand ist wieder diese Spur aus Handabdrücken zu erkennen. Ich senke den
Lichtkegel, und auf dem Boden ist ebenfalls eine Spur – große Blutlachen ziehen
sich durch den ganzen Korridor. Ohne weiter darüber nachzudenken, folge ich
ihnen und beschleunige meine Schritte, renne schon fast, während ich dem Blut
ausweiche. Gavin folgt mir wortlos. Ich weiß, welcher Anblick uns am Ende des
Korridors erwartet, und er wird nicht schön werden, aber ich kann nicht anders.
Wenn auch nur die geringste Chance besteht, den Menschen zu retten, der all
dieses Blut verloren hat, dann müssen wir es versuchen. Die Handabdrücke waren
zierlich wie die einer Frau. Schaudernd überlege ich mir, wie verängstigt sie
sein muss, ganz allein im Dunkeln auf der Flucht. Als die Spur endet, landet
der Lichtkegel auf einem reglosen Körper, wie ich es erwartet habe. Doch
gleichzeitig ist es viel schlimmer als alles, was ich mir ausmalen konnte.
    Ein Mann beugt sich
über den Körper der Frau, die mit Sicherheit tot ist. Zumindest hoffe ich das,
denn der Mann ist gerade dabei, sie in Stücke zu reißen.

Die
Umsiedlung der betroffenen Gruppen von Sektor
Drei in Sektor Zwei muss umgehend beginnen. Zur Dokumentation sind während des
gesamten Aufenthaltes in Sektor Drei Audio- und Videoaufzeichnungen
zu machen.
    Befehlsanweisung
von Mutter an die Wachen –
    Mir kommt
die Galle hoch, doch da schiebt Gavin mich schon

Weitere Kostenlose Bücher