Renegade
Freudenfest.«
Diesmal bleibe ich
stumm.
»Was hast du von ihm
erfahren?«, fragt Dr. Friar abrupt.
Ich atme tief durch,
um mich zu beruhigen, und beginne mit meinem Rocksaum zu spielen. »Nur, dass er
durch einen der Notausgänge hereingekommen ist.«
»Hat er dir auch
gesagt, warum er gekommen ist?« Wieder streicht er über das Kästchen, und
plötzlich schlucke ich schwer. Mir läuft der Schweià den Rücken hinunter, aber
ich weià noch immer nicht, warum ich mich so unwohl fühle.
»Er sagte, er sei
zufällig auf eine Höhle gestoÃen, als er vor dem Regen Zuflucht suchte.«
Ein Schatten kriecht
über das Kästchen, doch wo ist er hergekommen? Schnell sehe ich mich im Raum
um, doch da ist nichts, was diesen Schatten werfen könnte.
»Verstehe.« Dr.
Friars Stimme klingt fröhlich und zufrieden, was mich eigentlich beruhigen
sollte, doch es sorgt nur dafür, dass der Schweià auf meiner Haut eiskalt wird.
»Und hat er dir auch verraten, welche Berufung er hat?«
Wie gebannt starre
ich auf das Kästchen. Was auch immer sich darin verbirgt, ich will es nicht
wissen. Ich will nicht einmal im Zimmer sein, wenn es sich öffnet. Es
verursacht mir Gänsehaut. »N-nein. Er ⦠er hat keine.« Ich befeuchte meine
Lippen â gleichzeitig verzieht Dr. Friar den Mund. Das erinnert mich so sehr an
Mutter, wenn sie wütend wird, dass meine Nerven zittern wie ein Spinnennetz im
Wind.
»Hat keine?« Er
scheint enttäuscht zu sein. »Aber irgendetwas muss er doch tun, damit seine
Familie Credits bekommt?«
»Er sagte, ihre
Regierung würde sich nicht um sie kümmern.«
Dr. Friar lehnt sich
interessiert vor. »Das hat er also gesagt?« Er mustert mich eingehend von Kopf
bis FuÃ. Auf Brusthöhe bleibt sein Blick kurz hängen, und ich verspüre den
Impuls, die Arme zu verschränken, doch dann wandern seine Augen weiter. Als er
damit fertig ist, öffnet er das Kästchen. Darin ruht auf schwarzem Samt eine
groÃe, altmodische Spritze.
»Du musst deine
Medizin nehmen, damit du nicht krank wirst, Evelyn. Die Tochter des Volkes muss
schlieÃlich gesund sein, nicht wahr?«
Der Gedanke an
Schmerz überfällt mich, und ich weiche zurück. »Nein, es geht mir gut. Ich
brauche das nicht.«
Er schnippt mit den
Fingern, und plötzlich stehen meine Wachen neben mir. Der Raum scheint kleiner
zu werden, und die Wände, die ich gerade noch bewundert habe, wollen mich
erdrücken. Dr. Friar presst ein wenig Flüssigkeit aus der Nadel. Jetzt riecht
es nach Alkohol und einer Mischung aus Furcht einflöÃenden, halb vertrauten
Substanzen, die ich aber nicht ganz einordnen kann. Mein Herz rast, und ich
bekomme kaum noch Luft.
»Wehr dich nicht
dagegen, Evelyn. Es ist gleich vorbei. Du wirst dich nicht einmal daran
erinnern.«
»Nein, bitte nicht«,
flüstere ich heiser.
Auf ein weiteres
Signal hin packen die Wachmänner meine Arme und halten mich fest. Ich versuche
mich loszureiÃen, weià aber, dass sie stärker sind als ich. Der Kampf ist
vergeblich â schlieÃlich werden die Wachen aufgrund ihrer Stärke ausgewählt,
und mir hat die Angst jede Kraft geraubt. Es gibt kein Entkommen. Was ich auch
versuche, ich sitze in diesem Ledersessel fest.
Während ich noch
kämpfe, kommt Dr. Friar auf mich zu. Als er sich neben mich stellt, wimmere ich
leise. Sein Atem streift warm über meinen Hals.
Die Nadel dringt
direkt hinter meinem Ohr in die Haut ein. Mein Körper verkrampft sich, und ich
schreie auf. Der Schmerz ist unerträglich, als würde jemand mit einem
brennenden Streichholz über meine Haut fahren. Meine Nerven zucken so stark,
dass es sich anfühlt, als würden Insekten über meinen Körper kriechen â
Insekten aus Feuer, die sich in meine Haut fressen. Obwohl mich Krämpfe
schütteln, ist der Rest meines Körpers wie erstarrt. Irgendwann übermannt mich
der Schmerz, und die Dunkelheit, die sich über meine Sinne legt, ist ein wahrer
Segen.
Doch sie hält nicht
lange an.
Schnell kehrt mein
Bewusstsein zurück. Ich höre verschwommene Stimmen, so gedämpft als wäre ich
unter Wasser. Eine von ihnen scheint mir vertraut â oder doch nicht?
»Evelyn«, fragt sie,
»warum hast du dich dazu entschlossen, dem Oberflächenbewohner zu helfen?«
Ich will nicht
antworten, aber mein
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