Renegade
den
sogenannten Outlandern, da er in einer Siedlung in den Outlands lebt â dem
Gebiet, das früher einmal Nordamerika war. Zwar gibt es dort Städte, aber sie
sind sehr klein und liegen weit auseinander. Genau wie Elysium werden sie durch
Mauern und Wachen geschützt. Weder Gavin noch seine Familie dürfen sich ihnen
auch nur nähern. Doch laut seiner Aussage stört ihn das nicht: »Mir gefällt
mein Leben. Es ist nicht perfekt, aber ich kann tun und lassen, was ich will,
und muss mich nicht an dumme Regeln wie Sperrstunden halten â¦Â« Als ihm klar
wird, dass genau diese dummen Regeln meinen Alltag bestimmen, verstummt er.
Woraufhin ich ihm nur noch mehr Fragen über seine Welt stelle.
»Kann ich jetzt mal
dich etwas fragen?«, unterbricht er meinen Wissensdurst schlieÃlich. Statt zu
antworten, hebe ich nur eine Augenbraue. »Vielleicht kennst du die Antwort auch
gar nicht â aber woher kommt das alles hier?«
»Selbstverständlich
weià ich das. Es ist meine Pflicht, immerhin schult mich Mutter, damit ich
einmal ihren Platz einnehmen kann«, erkläre ich ihm lächelnd. »Mutter hat
diesen Ort geschaffen, um von der Oberfläche zu entkommen.«
»Aber warum ?«
»Die
Oberflächenbewohner sind niederträchtig. Sie haben ihre eigene Heimat zerstört
und ihre Völker. Warum hätte Mutter dort bleiben wollen?« Warum
hätte irgendjemand dort bleiben wollen? Ich kann es mir gerade noch
verkneifen, diesen letzten Gedanken auszusprechen.
»Aber das ergibt
doch alles keinen Sinn. Warum hat sie sich nicht an der Oberfläche
zurückgezogen, zum Beispiel in eine Höhle? Warum unter
Wasser ?«
Das weià ich
wirklich nicht, also sage ich einfach das Erste, was mir gerade einfällt: »Sie
wollte vollständig von den Oberflächenbewohnern abgeschottet sein.«
Zweifelnd zieht
Gavin eine Augenbraue hoch. »Na schön, aber irgendjemand muss doch an die Oberfläche zurückkehren, wenn eure Vorräte knapp werden, oder?«
»Nein«, erkläre ich
stolz. »Wir sind lückenlose Selbstversorger. All unsere Nahrungsmittel werden
hier angebaut, genau wie die Baumwolle für unsere Kleidung. Wir haben sogar
Seidenraupen für die feineren Stoffe wie mein Kleid.«
»Und was ist mit dem
Glas? Dem Metall? Woher kommt der Sauerstoff? Trinkwasser, Strom â¦Â«
»Das Metall gewinnen
wir durch Bergbau â wie genau das funktioniert, weià ich nicht, aber es gibt
einen ganzen Sektor, der nur darauf spezialisiert ist. Das Glas entsteht aus
Sand. Unser Trinkwasser kommt aus dem Ozean, wir entziehen dem Meerwasser
einfach das Salz. Strom wird aus der Geothermalenergie des Vulkans generiert.
Und den Sauerstoff beziehen wir aus zwei Quellen: Zunächst einmal haben wir
einen Sauerstoffgenerator â der Sauerstoff und Wasserstoff aus dem Meerwasser
trennt. Dieser Sauerstoff wird gespeichert und in die Anlage gepumpt, wo er
sich mit dem Sauerstoff aus der zweiten Quelle, nämlich den Bäumen und
Pflanzen, vermischt. Den Wasserstoff hingegen benutzen wir, um die schweren
Maschinen anzutreiben, die wir für den Bergbau und alles andere brauchen.«
Gavin scheint
überwältigt zu sein. »Okay. Tut mir leid, dass ich gefragt habe. Ich glaube,
das hat mich jetzt nur noch mehr verwirrt.«
Wieder muss ich
lachen, und gleich darauf stimmt er mit ein.
Als es Zeit wird zu
gehen, muss ich mich regelrecht von ihm losreiÃen. Ich weiÃ, dass ich fortmuss,
doch in mir lauert eine grauenvolle Ahnung, die mir sagt, dass ich ihn
vielleicht nie wiedersehen werde. Dass Mutter ganz genau weiÃ, was in dieser
Zelle vorgeht.
Mein neuer Verehrer
begleitet mich nach Hause. Auf dem Weg muss ich mir mehr als einmal das Lachen
verkneifen, als mir klar wird, dass Gavin recht hatte â wenn der Wachmann
läuft, schwingen seine Arme wirklich vor seinem Körper hin und her. Natürlich
ist es unhöflich, ihn insgeheim immer nur »Wachmann« zu nennen, aber ich
weigere mich, seinen Namen zu benutzen. Mir seinen Namen einzuprägen würde
bedeuten, dass ich Mutters Plan akzeptiere, und das tue ich nicht. Ich werde
dieser Verpaarung niemals zustimmen, nur über meine Leiche. Wobei ich zugeben
muss, dass das eine realistische Möglichkeit sein könnte.
Als ich in den
Palasttrakt zurückkehre, wartet Mutter bereits auf mich. Sie begrüÃt den
Wachmann mit einem strahlenden
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