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Renegade

Renegade

Titel: Renegade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. A. Souders
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zögert kurz. »Na ja, den Rest kennst du ja.«
    Mir ist zwar nicht
ganz klar, was genau man bei einem »Sturzflug« macht, kann es mir aber ungefähr
vorstellen. Es stört mich nicht, dass Gavin mir nicht von Anfang an die volle
Wahrheit gesagt hat. Er hat mir nicht vertraut, was ich ihm wohl kaum übel nehmen
kann. Schweigend sehen wir uns an.
    Â»Eine Frage, eine
Antwort?«, schlägt er schließlich vor. Meine innere Anspannung löst sich ein
wenig, als mir klar wird, dass dies nur eine Frage ist. Keine Forderung, kein
Befehl. Er ist bereit, meine Fragen zu beantworten, selbst wenn ich ihm manche
Antworten verweigere. Ich zucke mit den Schultern. »Was möchtest du wissen?«
    Â»Warum siehst du so
traurig aus? Was ist passiert?«
    Verstohlen schaue
ich über die Schulter zu dem jungen Wachmann hinter der Glaswand, der mich
aufmerksam beobachtet. Er lächelt und läuft rot an, woraufhin ihm einer der
anderen einen spielerischen Knuff auf den Arm verpasst und er sich zu seinen Kollegen
umdreht. Ohne den Blick von ihm abzuwenden, antworte ich: »Mutter hat den
Verehrer ausgewählt, mit dem ich mich verpaaren soll.«
    Gavin kaut
langsamer, dann schluckt er. »Ich verstehe nicht, dass du das nicht selbst
entscheiden darfst.«
    Â»Ich auch nicht.
Aber anscheinend wird die Zeit knapp.«
    Â»Knapp? Du bist
gerade mal sechzehn. Du hast noch jede Menge Zeit.«
    Â»So wie es aussieht,
nicht.« In meiner Kehle bildet sich ein dicker Kloß.
    Â»Was soll das
heißen?«
    Ich starre auf den
Boden, auf dem jetzt jede Menge Krümel und ein paar Essensreste verstreut sind.
»Nun ja, Mutter ist erbost darüber, dass ich meine Pflichten vergessen habe.
Und damit hat sie recht.«
    Â»Das ist doch
lächerlich.« Er ballt die Fäuste und zermalmt dabei einen Cracker, sodass noch
mehr Krümel zu Boden rieseln.
    Â»Ich bin es meinem
Volk schuldig, dafür zu sorgen, dass es einen würdigen Erben bekommt.«
    Gavin kneift die
Augen zusammen. »Jetzt sofort?«
    Â»Nein, aber bald.«
    Â»Warum? Hier läuft
doch keiner weg.«
    Angestrengt halte
ich den Blick gesenkt. »Seit du aufgetaucht bist, ist Mutter meinetwegen
besorgt. Ich glaube, sie will sicherstellen, dass ich meine Gene so schnell wie
möglich weitergebe.«
    Darauf erwidert er
nichts. Als ich vorsichtig hochblicke, erkenne ich, dass seine Miene sich
verfinstert hat. »Dann ist das also meine Schuld?«
    Â»Aber nein, Gavin.«
Abwehrend zucke ich die Achseln. »Die Schuld liegt bei mir. Hätte ich mich
früher für einen Verehrer entschieden und mich verpaart, wäre das alles kein
Thema mehr.«
    Â»Wie kannst du das
einfach so hinnehmen? Das ist ja wie eine arrangierte Ehe.«
    Â»Richtig. Und es ist
meine Pflicht.« Wieder zucke ich mit den Schultern. »Das ist schon in Ordnung.«
    Er sieht mich
durchdringend an. »Wäre das wahr, würde es dich nicht so mitnehmen.«
    Als ich nichts
erwidere, seufzt er schwer. »Tja, wer auch immer es ist, der Kerl hat wirklich
Glück.«
    Ich lächele schwach.
»Danke.« Mit einem Wink über die Schulter ergänze ich: »Wenn es dich wirklich
interessiert – es ist der junge Wachmann da.«
    Gavin mustert den Wachmann
prüfend. Würde ich ihn nicht so aufmerksam dabei beobachten, wäre mir sicher
entgangen, wie er kurz die Augen zusammenkneift, bevor er sich wieder mir
zuwendet. »Der ist nicht gut genug«, stellt er dann fest. »Siehst du seine
Schultern? Die sind ganz gebeugt, und seine Arme schwingen vor dem Körper hin
und her.« Fragend hebe ich die Augenbrauen, während er mit einem frechen
Grinsen fortfährt: »Er sieht aus wie ein Gorilla.«
    Ich muss lachen und
spüre, wie sich dabei die Anspannung der letzten zwölf Stunden in mir auflöst.
    Den Rest unserer
Zeit verbringen wir damit, uns über Dinge zu unterhalten, die uns glücklich
machen: Gavins Familie, mein Garten, Bücher, das Leben an der Oberfläche und
die diversen Tiere, insbesondere Affen. Dabei scheint Gavin das
Verpaarungsdebakel bewusst auszuklammern. Ich weiß nicht, was sich seit gestern
geändert hat, aber er erzählt so bereitwillig, obwohl ich ihm keine konkreten
Fragen mehr stelle. Vielleicht will er mir dadurch zeigen, dass er mir vertraut
– und hofft, dass dieses Vertrauen auf Gegenseitigkeit beruht und ich seinen
Worten Glauben schenke.
    Gavin gehört zu

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