Renegade
hast
du einen positiven Einfluss auf Evelyn.«
Fragend sieht er
mich an, doch ich reagiere nicht. Ich kann einfach nicht. Daraufhin blitzt
Misstrauen in seinen Augen auf, und er konzentriert sich wieder auf Mutter.
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich verstehe, was das bedeuten soll«, erwidert er
angespannt.
»Natürlich nicht. Du
bist zwar ein beschränkter Oberflächenbewohner, aber doch nicht ganz so einfältig,
wie ich anfangs dachte. Es ist dir gelungen, Evelyn in nur zwei Tagen um den
Finger zu wickeln. Ich muss zugeben, das hat mich wirklich beeindruckt.« Als er
nicht reagiert, lächelt sie wieder und fährt fort: »So sehr beeindruckt, dass
ich entschieden habe, ihrer Bitte nachzukommen und dir das Privileg einer
freien Entscheidung zu gewähren.«
Wieder sieht Gavin
mich durchdringend an, und diesmal erwidere ich seinen Blick. Hoffentlich
erkennt er darin, dass ich ihn nicht verraten habe. Er wirkt immer noch
misstrauisch; nach einer Weile fragt er: »Was für eine Entscheidung?«
»Wir bieten dir die
Chance, aus dieser Zelle herauszukommen, und zwar endgültig.«
Ohne die Augen von
mir abzuwenden, fragt er weiter: »Und zu welchem Preis?«
Mutter lacht, doch
in ihrem Blick liegt pure Berechnung. »Sehr clever. Vielleicht hat Evelyn ja
doch keine so schlechte Wahl getroffen.« Sie macht eine dramatische Pause. »Der
Preis? Du wirst dich mit ihr verpaaren müssen.«
Gavin entgleist das
Gesicht. »Wie bitte?«
Es fällt mir schwer,
ein Lächeln zu unterdrücken. Damit hat er wahrscheinlich als Allerletztes
gerechnet. Mutter macht sich hingegen nicht die Mühe, zu verbergen, wie witzig
sie diese Situation findet. »Evelyn hat beschlossen, dass du ihren hiesigen
Wahlmöglichkeiten überlegen bist, und will sich mit dir verpaaren.« Wieder
wandert sie einmal um ihn herum und mustert ihn wie ein Versuchskaninchen,
während er mich weiter wie gebannt anstarrt. »Damit könnte sie vielleicht sogar
recht haben«, fährt Mutter nachdenklich fort. »Natürlich wirst du dich
umfangreichen genetischen Tests unterziehen müssen, um sicherzugehen. Doch
bevor das geschehen kann, musst du dich entscheiden. Wirst du dich mit ihr
verpaaren?«
Ich finde es
furchtbar, dass sie ihm nicht sagt, welche Konsequenzen mit dieser Entscheidung
verbunden sind. Weigert er sich, wird er sterben. Trotzdem unterdrücke ich den
Impuls, ihn durch einen Blick zu beeinflussen. Er muss diese Entscheidung
allein treffen. Es ist einfach in dieser Situation nicht möglich, ihm zu sagen,
welche Folgen es hat, wenn er ablehnt.
Ãberraschenderweise
antwortet er ohne das geringste Zögern. »Ja.«
»Klüger als
gedacht«, murmelt Mutter. »Nun gut. Wir werden die Gentests durchführen, um
herauszufinden, ob du tatsächlich eine so perfekte Partie bist, wie Evelyn
denkt.« Sie geht zur Tür, bleibt aber kurz neben mir stehen. »Du hast eine sehr
kluge Wahl getroffen. Und weil er dir vertraut, wirst du selbst das Prozedere
übernehmen.« Mit einer schnellen Geste signalisiert sie den Wachen, die Tür zu
öffnen. Im Gehen befiehlt sie ihnen: »Bringt Evelyn eine Testausrüstung.«
Aus dem Augenwinkel
sehe ich, wie die Wachen verwunderte Blicke tauschen, doch einer von ihnen
läuft sofort los, um die Ausrüstung zu holen. Dann schlieÃt sich die Tür mit
einem bedrohlichen Klicken, das trotz Schallisolierung im ganzen Raum
widerhallt.
Gavin hat mich nicht
aus den Augen gelassen. »Würdest du mir bitte mal erklären, was hier gerade
passiert ist?«, fragt er vollkommen ausdruckslos. Seltsamerweise beunruhigt
mich das mehr, als wenn er wütend geworden wäre.
Ich wende mich ab, starre
an die Wand und ringe krampfhaft die Hände, bevor es mir gelingt, sie sinken zu
lassen. »Als ich zurückkam, hat Mutter mich ausgefragt. Sie war nicht erfreut
darüber, dass du ihre Fragen nicht beantwortet hast.« Ich warte kurz, damit bei
ihm einsinkt, dass ich nichts von dem verraten habe, was er mir anvertraut hat.
»Sie wollte dich hinrichten lassen. Und mir ist auÃer der Verpaarung nichts anderes
eingefallen, um uns mehr Zeit zu verschaffen. Es ist einfach so aus mir
rausgeplatzt. Als sie zugestimmt hat, war ich selbst erstaunt. Und jetzt sind
wir hier.«
Gavin sagt nichts.
Meine Nerven sind zum ZerreiÃen gespannt. Als ich es nicht länger aushalte,
drehe ich mich zu ihm um und
Weitere Kostenlose Bücher