Renner & Kersting 01 - Mordsliebe
ablesen konnte. Langjährige negative Erfahrungen ließen sie jede Frau, die ihren Wunsch nach einem Kind gründlich überdachte, freudig akzeptieren, gleichgültig wie die Entscheidung letztlich ausfallen mochte. Sie hatte in ihrem Beruf viel zu viele Kinder kennen gelernt, die ungewollt zur Welt kamen und ungeliebt aufwuchsen. Sie hasste jene Machotypen, die ihre Männlichkeit durch ein Kind beweisen wollten und die Mutter anschließend sitzen ließen.
„Du hättest deinen Beruf nicht aufgegeben, um ein Kind zu erziehen, und dein Vater hätte auch nicht zur Verfügung gestanden, nachdem, was du von ihm erzählt hast. So gesehen war sie allein. Ich nehme an, dass du von der alten Rollenverteilung ausgegangen bist und erwartet hast, dass deine Freundin sich um das Kind kümmert.”
„Na ja, ich meine, ist das nicht selbstverständlich?”
Helga drehte sich langsam um und schüttelte den Kopf. „Deine Freundin muss viel für dich empfunden haben, denn sie wollte dich nicht verlieren. Hätte sie es, wenn du die Wahrheit gewusst hättest?”
„Ich weiß nicht, ich weiß es wirklich nicht.”
„Es ist leicht, gut zu sein und sich zu entrüsten, wenn man nur indirekt betroffen ist. Das klingt sehr hart, doch versuche einmal, das Ganze auch aus ihrer Warte zu sehen. Sie musste eine Entscheidung treffen und wollte dich nicht verletzen.”
„Aber genau das hat sie getan. Mehr als … als ich sagen kann. Ich begreife ihr Verhalten nicht und auch nicht dein Verständnis. Sie hat gelogen und betrogen. Da kannst du doch nicht von Liebe reden.”
„Hättest du ihretwegen auf ein Kind verzichtet?”
„Nicht, wenn es nur um die Karriere ging. Vielleicht … vielleicht werde ich später einmal darüber nachdenken.”
Sie konzentrierte sich jetzt auf ihn, hielt seinen Blick fest und umschlang mit ihren Händen die seinen. Er fühlte sich in ihr Mitgefühl eingehüllt, es umgab ihn wie ein wärmender Mantel. Plötzlich zersprang etwas in ihm, und er war froh, dass er ihr die Geschichte erzählt hatte. Helga bemerkte es, stand auf, zog auch ihn hoch und hielt seine Hände. „Lass uns die Vergangenheit gemeinsam vertreiben”, flüsterte sie. „Komm.”
Er sperrte sich.
„Vertrau mir, ich möchte es.” Von Liebe wagte sie nicht zu sprechen, obwohl sie ziemlich sicher war, dass sie genau das für ihn empfand. Sie umschlang ihn mit beiden Armen und hielt ihn fest an sich gedrückt. So standen sie eine lange Weile ganz still, bis sie spürte, dass seine Verkrampfung nachließ und er ihre Umarmung erwiderte. Langsam, Schritt für Schritt, ohne sich voneinander zu lösen, gingen sie hinüber ins Schlafzimmer.
Die Umgebung schien zu verschwimmen. Silbernes Mondlicht flutete durch die Fenster. Keiner sagte etwas, als sie sich nach einem scheinbar ewigwährenden Kuss voneinander lösten und sich langsam gegenseitig auszogen. Während sie sein Hemd aufknöpfte, dachte sie immer wieder daran, wie sehr sie es sich gewünscht hatte, mit ihm zu schlafen. Ihr Körper wurde von heißem Verlangen durchströmt, einem äußerst angenehmen Gefühl. Sie begehrte ihn, und jetzt erst wurde ihr klar, wie sehr. Er saß auf der Bettkante und betrachtete ihre noch immer jugendlichen Formen. So lange schon hatte er sich gewünscht, was sie ihm nun anbot. Höchste Zeit, die Erinnerungen in den hintersten Winkel seines Gedächtnisses zu verbannen. Ohne den Blick von ihr zu lassen, stand er langsam auf, umfasste sie und trug sie ins Bett.
Nach den ersten Minuten stöhnte Helga vor Wohlbehagen. Seine Finger massierten ihren Nacken und lockerten jede Verspannung in den Schultern. Sie hatte ihn sich anders vorgestellt. Bewundernd registrierte sie den athletischen Körper, streichelte seine muskulösen Arme, fuhr sanft über die Brust zum Bauch bis zum Glied, wo die Hand liegen blieb, um zu fühlen, wie es wuchs. Er war kräftig, aber seine Berührungen erfolgten zart und liebevoll. Ihre Befangenheit schwand ebenso schnell wie seine Hemmungen. Er berührte sie zärtlich wie kaum ein anderer vor ihm. Liebkosend glitten seine Fingerspitzen über ihren Rücken und wanderten langsam nach unten. Ihr Körper begann zu schmelzen. Er spürte ihr Verlangen und legte sich auf sie. Es fiel ihm schwer, doch er beherrschte sich, bis sie sich ihm entgegen wölbte und jener süße Schmerz in ihr Gesicht trat, der jeden Mann erregt. Dann schob er seine Arme unter ihren Rücken, hob sie hoch und drückte sie an sich. Erst als er sich verströmte, merkte er, wie
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