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Renner & Kersting 02 - Mordswut

Renner & Kersting 02 - Mordswut

Titel: Renner & Kersting 02 - Mordswut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Schroeder
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Veronikas Erzählungen zu urteilen, ist das Mädchen, nun ja«, Ali zögerte und grinste.
    „Genau!« Zornig stieß Helga mit dem Fuß nach ein paar unschuldigen Kohlblättern. „Der wird sich noch wundern!«
    „Vergiss die Schule. Es ist Wochenende. Und ich brauche dringend eine Aufmunterung.«
    „Was ist denn?«
    „Herbert!« Ali senkte die Stimme und zog Helga weiter.
    „Hat er gemerkt, was mit dir los ist?«
    „Blödsinn! Männer merken so etwas doch nicht, oder wenn, dann erst, wenn alles zu spät ist. Nein, er geht mir entsetzlich auf die Nerven. Dinge, die früher selbstverständlich waren, reizen mich plötzlich. Und wenn es nur das blöde Küsschen am Frühstückstisch ist. Ich weiß seit Jahren, dass er es aus Gewohnheit macht, nicht aus Liebe, aber jetzt nervt es mich. Am liebsten hätte ich ihm gesagt, er könne es sich sparen. Aber ich wollte vor den Kindern keine Szene anfangen. Außerdem hat sich meine Sichtweise geändert, nicht seine.«
    „Hm, für deinen Zustand bist du bewundernswert objektiv.«
    „Hör auf mit dem Quatsch. Nimm mir eine Tüte ab und lass uns irgendwohin gehen, wo wir in Ruhe einen Kaffee trinken können.«
    Helga warf einen kritischen Blick zum Himmel, doch die vom Wetterbericht angedrohten Regenwolken ließen sich noch nicht blicken. „Wollen wir uns draußen hinsetzen? Die letzten Sonnenstrahlen genießen? Vor dem Celona sitzt man ganz gut, und falls es regnen sollte, gibt es dort große Schirme.«
     
    Während des kurzen Weges schwiegen beide. Es herrschte der übliche samstägliche Trubel. Mit Taschen und Tüten beladene Männer und Frauen, zumeist noch mit einem Brötchen oder einem Stück Pizza in der Hand, bahnten sich ihre Wege durch das Gewimmel. In der Elberfelder Straße spielte ein russischer Musikant Kalinka auf dem Akkordeon, ein Bettler mit Hut und Pappschild hockte am äußersten Rand, und ein paar Leute protestierten mal wieder gegen das Schumacher-Museum. Vor dem Celona fanden sie noch einen freien Tisch mit Blick auf den Friedrich-Ebert-Platz. Erst als beide ihren Cappuccino vor sich stehen hatten, begann Ali wieder zu reden. „Ich bin völlig verwirrt, einerseits verstehe ich nicht, wie ich mich so verändern kann, andererseits verstehe ich nicht, wie ich es mit dem Typen siebzehn Jahre ausgehalten habe. Verstehst du das?«
    Helga schmunzelte. „Du verlangst ein bisschen viel Verständnis. Woher soll ich das wissen? Ich war noch nie so lange mit einem Mann zusammen.«
    „Ich war sechzehn als wir uns kennen lernten, mit 19 haben wir geheiratet, fünf Jahre später kam Franziska zur Welt. Ich bin nie mit einem anderen zusammen gewesen. Vermutlich macht sich plötzlich Nachholbedarf bemerkbar.« Alis Stimme klang ziemlich verzagt. So hatte Helga die draufgängerische Freundin noch nicht erlebt. Sie erinnerte sich, dass Ali streng religiös erzogen worden war und ihrem Glauben immer noch anhing. Dabei fielen ihr die Michalsens ein. Was für ein Unterschied! Ali sprach von ihren Überzeugungen nur, wenn sie danach gefragt wurde, hatte noch nie ein Ereignis als Strafe Gottes betrachtet, sondern half bereitwillig jedem, der Hilfe brauchte, ohne nach der Ursache der Misere zu fragen. Für sie musste die plötzliche Ehekrise schlimmer sein als für die meisten anderen Menschen. Doch auch Erfahrungen dieser Art gehören zum Leben dazu, wie Helga fand, und vielleicht würde Ali dadurch duldsamer werden gegenüber Frauen, deren Ehe in die Brüche ging. Helga hatte in dieser Beziehung so viel Leid in der Schule erlebt, dass sie alleinerziehenden Müttern gegenüber sehr großzügig geworden war. Ihre Überzeugung, dass Kinder Vater und Mutter brauchen, lag schon viele Jahre zurück. Aber noch war es zu früh, zu Ali von Scheidung zu sprechen. Ablenkung erschien Helga im Moment wichtiger.
    „Also«, begann sie deshalb. „Ich war heute Morgen bei den Michalsens. Sie sind ... nun ja, äh, eine Klasse für sich. Strenggläubig wäre untertrieben. Die denken gar nicht daran, sich um Andreas Verteidigung zu kümmern, weil sie überzeugt sind, dass Gott alles regelt.«
    „Oh! Ein bisschen heftig, hm? Was meinst du?«
    „Natürlich braucht sie einen Verteidiger. Die Bullen glauben, ihren Täter zu haben, und damit ist der Fall für sie erledigt. Die werden sich kein Bein ausreißen, um Andreas Unschuld zu beweisen.«
    Jetzt war es Ali, die Helga aufmerksam musterte.
    „Früher hast du den Begriff ›Bullen‹ nie benutzt. Schließlich gehört Klaus auch

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