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Renner & Kersting 02 - Mordswut

Renner & Kersting 02 - Mordswut

Titel: Renner & Kersting 02 - Mordswut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Schroeder
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sie etwas finden wollte, das Andrea entlastete, musste sie hineinschauen. Und da sie Andrea helfen wollte, hatte sie ein größeres Recht hier zu sein als die Polizei, die sicher auch schon alles durchsucht hatte. Ein etwas hinkender Vergleich, aber durchaus gerechtfertigt, fand sie – und schaute sich die Briefe an. Von Josef. Natürlich. Zärtlich und voller Liebe. Mit geheimen Anspielungen, die wohl nur Andrea verstand. Wer solche Briefe schrieb, konnte kein böser Mensch sein.
    Sie überflog die Kontoauszüge. Regelmäßige Überweisungen an diverse Wohlfahrtsorganisationen waren das einzig Auffällige. Helga spürte, wie Trotz in ihr hochstieg. Ali hatte Recht. Kein Mensch konnte nur gut sein. Sie ging hinüber ins Schlafzimmer und hoffte fast, Peitschen, Fesseln und Lederkleidung zu finden. Nichts. Ein paar Schlafanzüge aus Baumwolle, sie stammten vermutlich noch aus der Vor-Josef-Zeit, sowie feinste Seidennachthemden und Dessous, bei deren Anblick Helga die Luft wegblieb. Nicht ungewöhnlich für eine Frau, die heiraten will.
    Die Ausbeute war mager, aber besser als nichts.
    Die fehlenden Unterlagen über Andreas Klasse erinnerten sie an ihren Geistesblitz von gestern. Sie brauchte das Klassenbuch mit Namen und Anschriften der Kinder sowie die Listen mit den Zensuren. Wenn Andrea gleich nach der Schule zu Josef gefahren war, musste sich ihre Tasche noch in seiner Wohnung befinden. Die würde die Polizei kaum beschlagnahmt haben. Aber Klaus wollte sie dort auf keinen Fall begegnen, also konnte sie frühestens am Nachmittag bei dieser Frau Better auftauchen. Am späten Nachmittag, dachte sie, vielleicht würde sie dann auch den unsympathischen Schwager treffen.
    Sie brachte den Schlüssel zurück, wie erwartet waren die Michalsens noch im Krankenhaus, und nutzte den Besitz eines Parkplatzes, um durch die Innenstadt zu bummeln. Sie studierte die Herbstmode in den Schaufenstern, ärgerte sich über Werbung in englischer Sprache und lächelte erfreut, als sie eine Bluse in genau jenem Rostrot erstand, das so gut zu ihr passte.
    Auf dem Markt kaufte sie Obst und Gemüse. Während sie unschlüssig einen halben Kürbis betrachtete, sie besaß ein vielversprechendes neues Rezept für Kürbissuppe, traf etwas sie mit Schwung in die Fersen und ließ sie einen Schritt nach vorn stolpern, bevor sie ihr Gleichgewicht wiederfand. Tränen des Schmerzes traten ihr ins Auge. Langsam drehte sie sich um. Ein Junge, sechs oder sieben Jahre, hatte sie mit seinem Roller angefahren. Er stand da und grinste. „Pass doch auf!«, schrie sie unkontrolliert. Das Lachen des Jungen wurde breiter. „Das tut verdammt weh! Du könntest dich wenigstens entschuldigen!«
    „Was fällt Ihnen ein, meinen Sohn so anzuschreien«, schimpfte plötzlich eine Frau los, die von einem der gegenüberliegenden Stände kam und hinter dem Rollerfahrer stehen blieb.
    „Er ist mir voll in die Hacken gefahren, und ich finde, er sollte sich dafür entschuldigen.« Helga beruhigte sich nur langsam, während sie die schmerzende Stelle rieb.
    „Sie haben hier überhaupt nichts zu sagen. Das ist mein Sohn, und den erziehe ich!«, gab die andere ebenso laut zurück, worauf einige Umstehende aufmerksam wurden. Beschützend legte sie den Arm um den Jungen und sagte im Gehen: „Du brauchst keine Angst zu haben, mein Liebling, die böse Tante tut dir nichts.«
    Sprachlos vor Wut starrte Helga den beiden nach. Am liebsten hätte sie noch einiges hinterher gerufen, doch als ihr die passenden Kommentare einfielen, waren Mutter und Sohn bereits zu weit entfernt. Der Vorfall hatte ihr die Einkaufsfreude gründlich verdorben.
    „Nicht ärgern! Sie sind nicht alle so!« Ali stand hinter ihr.
    „Aber viel zu viele. Diese blöden Eltern haben keine Lust, ihre Kinder zu erziehen. Nicht nur, dass sie ihnen alles erlauben, nein, sie zeigen ihnen auch noch, dass Regeln nur für die anderen gelten.« Der ganze Frust der letzten Wochen brach sich bei Helga Bahn. „Für sämtliche Defizite der Gesellschaft werden die Lehrer verantwortlich gemacht, aber wehe, ein Lehrer verlangt Leistung und gutes Benehmen! Unser feiner Herr Geschäftsführer«, Ali kannte den Vater, auf den Helga anspielte, von diversen Elternabenden, „hat mir gestern mitgeteilt, dass seine Tochter zum Gymnasium gehen wird und er selbstverständlich das entsprechende Zeugnis sowie die passende Beurteilung erwarte. Schließlich spiele er mit dem Schulamtsdirektor Tennis und sein Bruder sei Jurist.«
    „Nach

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