Renner & Kersting 03 - Mordsgier
gedeckte Tafel, die mit künstlichen Blumen, Kerzen und Glasmurmeln dekoriert war.
»Kommen Sie. Den Kleinkram können wir uns am Schluss noch ansehen.« Geschickt dirigierte Helga die alte Dame in die Schlafzimmerabteilung. »Sie brauchen erst mal ein ordentliches Bett und einen Kleiderschrank.« Schon bald merkte Helga, dass sie die Entscheidung würde treffen müssen. Käthe gefiel so ziemlich alles, und als ein redegewandter Verkäufer ihnen die Vorteile eines besonders teuren Seniorenbettes erklärte, stimmte Käthe dem auch zu. Gleichgültig, wer nun die Rechnung bezahlte, es brauchte nicht unbedingt das Teuerste zu sein. Helga überzeugte Käthe, die endgültige Entscheidung auf später zu verschieben und erst einmal Wohnzimmermöbel anzuschauen. Nach dem Erlebnis mit Bett und Schrank befürchtete sie, heute nicht mehr fertig zu werden mit dem Einkauf. Obwohl sie Käthe wirklich mochte, hatte sie doch keine Lust, sämtliche Möbelhäuser der Umgebung abzuklappern. Doch sie hatte sich getäuscht.
»So einen Sessel aus dunklem Holz und mit rotem Bezug habe ich mir schon lange gewünscht. Als mein Zimmer neu eingerichtet wurde, habe ich Herrn Kersting um so einen gebeten. Ich war auch bereit, ihn selbst zu bezahlen, aber er wollte nicht. Er meinte, der würde nicht zum Stil des Zimmers passen. Er hat die Möbel nach Prospekten ausgesucht, die in der Zeitung lagen. Nicht, dass die schlecht gewesen wären. Ich will mich nicht beklagen, aber von so einem schönen, gemütlichen Ohrensessel habe ich schon als Kind geträumt.«
Helga lächelte. »Wann wurde Ihr Zimmer denn zum letzten Mal renoviert?«
»Das war, warten Sie mal, sicher, das war mein Geburtstagsgeschenk zum Fünfzigsten. Schauen Sie mal, der sieht so ähnlich aus, wie ich mir das vorgestellt hatte. Was meinen Sie, ob der zu teuer ist?« Beide betrachteten den Sessel, der mit rotem Stoff bezogen war. Er sah aus, wie man sich Großmutters Ohrensessel vorstellt. Helga überlegte. Zu dem Sessel musste es doch passende Möbel geben. Sie schauten sich Sofas, große und kleine Tische an sowie Vitrinen und Sideboards im klassischen Stil. Da Käthe den Grundriss der Wohnung mit den genauen Maßen vorsichtshalber eingesteckt hatte und ziemlich genau wusste, was ihr gefiel, waren die Einkäufe in diesem Bereich schnell erledigt. Anschließend stärkten sie sich bei einem Kännchen Kaffee. Helga bestellte einen großen Apfelstrudel. Ihr Körper verlangte nach etwas Süßem. Vermutlich der Stress in der Schule.
»Sagen Sie, als Lehrerin kennen Sie doch sicher viele Leute?«, fragte Käthe plötzlich.
»Schon, ja.« Helga antwortete zögerlich. Die meisten Menschen, die sie in der Schule kennen lernte, wollte sie privat nicht treffen. Selbst wenn sie ihr in der Stadt begegneten und Helga sie rechtzeitig sah, machte sie einen großen Bogen. Doch Käthe sprach schon weiter.
»In der Revue stand ein großer Bericht über den Herrn Selbecke. Wissen Sie, ab und zu lese ich diese Zeitungen ganz gern«, vertraute sie Helga mit leiser Stimme an. »Da steht so viel Wissenswertes drin über Gesundheit und Kochrezepte und so. Jedenfalls schrieben sie neulich über den Unfall auf Gran Canaria. Das stand damals ja in allen Zeitungen. Ich wusste gar nicht, dass der Selbecke so reich war. Der soll ja Millionen besessen haben und überall Häuser. Nur traurig, dass er so sinnlos sterben musste. Haben Sie den auch gekannt?«
»Nein, aber zwei seiner Freunde, die bei dem Unfall dabei waren. Der eine war Kollege am Gymnasium ...«
»Ist der auch umgekommen? In dem Artikel war von drei Toten die Rede, der Selbecke, seine Frau und noch jemand. Der Selbecke hat auch eine Frau geheiratet, die jünger war als er. Wenn Männer Frühlingsgefühle spüren, sind sie nicht zu halten.« Sie seufzte.
So viele ältere Männer ihrer Umgebung strebten eine Verbindung mit einer jungen Frau an. Was fand Klaus nur an ihr? Sie war immerhin 4 Jahre älter. Gut, vier Jahre waren kein großer Altersunterschied. Nicht so wie bei dem alten Kersting oder Loden, von dem Ali berichtet hatte. Aber trotzdem, warum blieb Klaus bei ihr? Nicht zum ersten Mal stellte sie sich die Frage. Sie war nicht hässlich, aber auch nicht besonders attraktiv, sie selbst würde sich eher als langweilig denn als aufregend beschreiben. So manches Mal hatte er ihre schlechte Laune abbekommen, wenn sie genervt aus der Schule kam und er genau im falschen Moment anrief. Trotzdem war er nach seinem Seitensprung zu ihr
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