Rentner-WG - ein Best-Ager-Roman aus Frankfurt
jetzt wieder zu bedeuten? Er begleitete sie zur Tür und sah ihr nach, wie sie mit schnellen, energischen Schritten die Straße hinunter lief.
Im Haus gegenüber bewegte sich eine Gardine. Das war bestimmt Frau Hoffmann. Sie war eine der schlimmsten Tratschtanten hier in der Straße, ein richtiges Schlappmaul. Arthur kümmerte das nicht. Manche Leute hatten eben nichts Besseres zu tun als den ganzen Tag am Fenster zu stehen und alles zu beobachten.
Leni schloss die Haustür auf, warf ihre Tasche auf den Garderobenschrank und zerrte die Schuhe von den Füßen. Durstig trank sie ein großes Glas Eistee leer und goss gleich wieder nach. Sie war erleichtert, dass Thomas nicht da war. Sie brauchte Ruhe, um noch einmal alles zu überlegen. Es war eine Sache, etwas zu planen. Aber jetzt musste sie ins kalte Wasser springen, und das erschreckte sie. Mit dem Glas in der Hand wanderte sie durch die Zimmer. Sie strich über die Gardinen im Wohnzimmer, betrachtete einen alten Fleck auf dem Küchentisch. Schließlich kuschelte sie sich in einen Lehnstuhl. Die Abendsonne tauchte den Himmel in ein leuchtendes Rot. Leni blinzelte ein paar Tränen weg, aber es kamen immer neue.
Zur selben Zeit stand Arthur in der Terrassentür und schaute auf den nächtlichen Garten. Ab und zu nahm er einen Schluck aus seinem Glas. Manchmal hatten sie hier getanzt, nur sie beide. Fast konnte er noch die Musik hören. Er erinnerte sich genau, wie es sich anfühlte, als Maria in seinen Armen gelegen hatte.
Im Wohnzimmer war es dunkel. Seufzend raffte er zwei Kissen und eine Decke zusammen und richtete auf der Couch sein Nachtlager her. Es war unbequem, und er wälzte sich ruhelos hin und her. Wenn er neue Möbel kaufen würde, vielleicht könnte er es dann wieder im Schlafzimmer aushalten. Er dachte an seine Söhne. Morgen rufe ich bei Max an, beschloss er. Und an Peter würde er schreiben. Er machte wieder Licht an und suchte nach einem Block. Aber er kam nur bis ‚Lieber Peter’, dann schlief mit dem Stift in der Hand ein.
Kapitel 3
Heute Morgen war Bernd Köhler mal wieder spät dran. Seine schwarze, schlecht sitzende Hose sah so aus, als habe er sie schon mit ausgebeulten Knien gekauft, und das weiße Oberhemd hing ihm halb aus dem Hosenbund.
Seinen jungenhaften Charme pflegte er sorgfältig mit Hilfe eines unauffälligen, etwas nachlässigen Aussehens. Das war eine seiner wichtigsten Requisiten, besonders im Umgang mit Geschäftspartnern.
Eine schwarze Haarsträhne hing ihm ständig in den Augen, so etwas wie sein Markenzeichen. Das übrige Haar stand meist wirr vom Kopf ab. Sein rundliches Gesicht sah nicht aus, als ob er sich schon rasieren musste. Er war nur mittelgroß und stämmig. Das lose Hemd überspielte ein paar Speckröllchen auf seinen Hüften, gegen die er einen aussichtslosen Kampf führte.
Schon seit der Schulzeit, die noch nicht allzu lange zurück lag, war der Wecker sein ärgster Feind. Er war nun einmal kein Morgenmensch. Nur gut, dass er inzwischen sein eigener Boss war.
Mit Mitte Zwanzig war Bernd Köhler bereits Chef einer Firma, die sich mit Hausverwaltung und kleinen Bauprojekten befasste. Seine Eltern hatten ihm direkt nach seinem Abitur eine großzügige finanzielle Starthilfe mit auf den Weg gegeben.
„Bub, zusehen nützt nix“, hatte seine Mutter gesagt. „Probier es aus und schau, ob es dir Spaß macht.“
Der „Bub“ liebte sein unabhängiges Leben. Er war sehr erfolgreich darin, mit minimalem Aufwand ein Maximum zu erreichen. Verbissenes Arbeiten schadete nur, man musste mit Köpfchen an die Dinge herangehen, so lautete sei Motto. Allerdings hatten seine Eltern ein scharfes Auge auf ihn. Er spielte Katz und Maus mit ihnen, und das machte ihm den größten Spaß.
Sein Büro befand sich in bester Citylage, direkt an der Hauptwache. Das unscheinbare Firmenschild, eine Messingplatte mit der Gravur ‚Köhler Immobilien’, täuschte. Bernd liebte es durchaus repräsentativ mit einem leichten Hang zum Protz. Besonders stolz war er auf seinen Bürosessel, ein Geschenk seiner Eltern zur Geschäftseröffnung. Es war die exakte Kopie des Präsidentenstuhls aus dem Oval Office. Hier brütete er über hochfliegenden Plänen, mit denen er sich endgültig von seinen Eltern abnabeln würde.
Es war gegen 10 Uhr, als Bernd Köhler ins Vorzimmer schlenderte.
„Hallo Sandi, gibt’s was Neues?“ begrüßte er seine Sekretärin im Vorbeigehen. Sandi trippelte mit einer vollen Kaffeetasse hinter ihm her.
„Gut,
Weitere Kostenlose Bücher