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Rentner-WG - ein Best-Ager-Roman aus Frankfurt

Rentner-WG - ein Best-Ager-Roman aus Frankfurt

Titel: Rentner-WG - ein Best-Ager-Roman aus Frankfurt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: mainbook
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Stuhl unter dem Eichenholztisch hervor. Eine abgewetzte Cordhose schlackerte um seine mageren Beine. Das zerfurchte Gesicht mit den nach unten gezogenen Mundwinkeln sah griesgrämig und elend aus.
    „Was willst du trinken, ein Bier?“, fragte Gerda munter.
    „Das ist bestimmt wieder zu kalt. Du weißt doch, mein Magen.“ Jupps klagende Stimme passte perfekt zu seinen hängenden Schultern. Sie tätschelte ihm die Hand.
    „Ja, ja, ich weiß. Warum hast du nicht diesen Bierwärmer mitgebracht, den dir dein Sohn geschenkt hat.“
    „Da hat er wieder Geld zum Fenster raus geschmissen. Wenn wir früher nur das zum Leben gehabt hätten, was er als Taschengeld gekriegt hat...“
    „Das waren andere Zeiten. Sei froh, dass das vorbei ist“, stoppte sie seine Tirade. Jupp verzog das Gesicht.
    „Ihm fehlt die harte Schule. Der hat sich noch nie für was anstrengen müssen.“
    Er warf seiner Frau einen vorwurfsvollen Blick zu.
    „Du hast ihm immer alles durchgehen lassen. Wenn es nach mir gegangen wäre, ich hätte ihn auf ein Internat geschickt. Und dann zum Bund, damit er gehorchen lernt.“
    „Du hast aber heute wieder eine Laune!“
    Sie schüttelte den Kopf und griff nach der Speisekarte.
    „Hier, guck schon mal, was du essen willst.“
    „Ich hab keinen Hunger. Schmeckt sowieso alles gleich.“
    Aber er griff trotzdem nach der Karte und blätterte lustlos darin herum. Die Tür des Lokals ging auf, und Bernd Köhler kam herein geschlendert. Er winkte der Bedienung zu:
    „Wie immer!“
    Seine Mutter strahlte über das ganze Gesicht, und ihr Doppelkinn legte sich in wohlige Falten. Er gab ihr einen Kuss auf die Wange und nickte seinem Vater zu.
    „Hallo Mudderche, hallo Vadder. Seid ihr schon lang da?”
    Jupp knurrte etwas Unverständliches.
    „Erzählt er wieder vom Krieg?“, erkundigte sich Bernd fröhlich. Mutter und Sohn blinzelten einander zu. Jupp gab die Speisekarte an seine Frau weiter.
    „Sag du, was ich essen soll. Mir schmeckt das alles nicht“, jammerte er.
    Die Bedienung trat an den Tisch und schaute erwartungsvoll in die Runde. Gerda bestellte der Einfachheit halber für alle.
    „Was machen die Geschäfte?“, fragte Bernd seinen Vater.
    „Schlecht, wie immer. Nur Halsabschneider unterwegs.“
    Jupp legte seine Hand auf den Magen, den er heute wieder besonders unangenehm spürte.
    „Na, da bist du doch in guter Gesellschaft“, feixte Bernd.
    Er kannte seinen Vater eigentlich nur schlecht gelaunt oder jammernd. Seine Mutter musterte ihn eingehend.
    „Du hättest ruhig ein Jackett anziehen können“, tadelte sie milde.
    „Das liegt im Auto. Ich muss mich sowieso nachher noch umziehen. Golfrunde mit einem Geschäftspartner.“
    Jupp verdrehte die Augen.
    „Dass man heutzutage so Geschäfte machen kann! Wir mussten früher hart arbeiten. Aber das kennst du ja gar nicht mehr.“
    „Jetzt hör schon auf. Du verdirbst uns die ganze Stimmung.“ Die kostbare Zeit mit ihrem Sohn ließ sich Gerda nicht vermiesen.
    Die Kellnerin brachte die Getränke. Bernd trank sein Hefeweizen in einem Zug halb leer, Gerda nippte an einem Weißwein.
    „Hab ich doch gesagt, das Bier ist zu kalt“, nörgelte Jupp, aber keiner hörte zu.
    „Du warst heute aber spät im Büro. Ich habe gegen Neun angerufen, da war nur die Tussi da.“
    Bernd ignorierte den Hauch von Kritik in ihrer Stimme.
    „Ich hatte noch was zu erledigen.“
    „Ist wohl nicht viel los bei dir?“, bohrte sie weiter.
    „Das Übliche. Ärger mit der neuen Reinigungsfirma, und dann diese Zwangsräumung.“
    Sie nickte, aber er spürte, dass sie ihn weiter beobachtete. Unbehaglich griff er wieder zum Bierglas. Da kam die Bedienung mit dem Essen, und erleichtert machte er sich sofort darüber her. Es war nicht einfach, sein Projekt vor den scharfen Augen und Ohren seiner Mutter zu verbergen. Mudderche merkte sofort, wenn er log, das war schon immer so gewesen. Er stützte einen Ellenbogen auf den Tisch und schaufelte sein Gulasch mit großem Appetit in sich hinein. Jupp stocherte in Rippchen und Sauerkraut herum.
    „Total versalzen“, jammerte er.
    „Das sagst du jedes Mal. Iss es trotzdem.“
    Gerda nahm Jupp die schlechte Laune nicht übel. Das kam von der Schufterei in seiner Jugend, als sie noch nichts hatten. Irgendwie hatte er sich das Jammern nicht mehr abgewöhnen können und beklagte sich schon aus reiner Gewohnheit. Sie dagegen war eine Frohnatur und genoss, was sie erreicht hatten. Seit sie in ihre Villa am Lerchesberg gezogen

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