Rentner-WG - ein Best-Ager-Roman aus Frankfurt
konnten es sich gemütlich machen.
Die Kundin vor ihr war in ein angeregtes Gespräch mit der Verkäuferin vertieft. Leni betrachtete die Torten und Stückchen. Es sah alles sehr verlockend aus. Da klingelte ihr Handy. Hastig kramte sie es aus ihrer Handtasche.
„Ja, hallo?“
„Kommst du eigentlich irgendwann mal wieder heim?“
Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Auf Thomas war sie überhaupt nicht gefasst gewesen.
„Das kommt darauf an“, brachte sie stockend heraus.
„Wo steckst du eigentlich?“
„Das braucht dich nicht zu interessieren.“
Sie hatte sich wieder gefangen und knurrte genauso ins Telefon wie er. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass die beiden Frauen sich zu ihr umgedreht hatten und interessiert zuhörten. Sie stellte sich in die Eingangstür des Ladens.
„Ha, ha, mal wieder Zickenalarm!“
Ihre Reaktion schien Thomas zu amüsieren.
„Immer noch schlecht drauf?“
Sie gab keine Antwort.
„Du willst mir also nicht sagen, wo du steckst. Das nennt man wohl böswilliges Verlassen.“
„Das gibt’s heutzutage nicht mehr“, konterte sie.
„Oh“, sagte Thomas gedehnt. „Man hat sich informiert. Da muss ich aber vorsichtig sein.“
Er lachte wieder.
„Da kannst du durchaus Recht haben“, sagte sie ernst.
Er räusperte sich.
„Also jetzt mal im Ernst, ich will wissen, wo du steckst. Und wie du dir das weiter denkst. Wann kommst du zurück?“
Das hörte sich ja fast so an, als ob er sie vermisste.
„Vielleicht sollten wir uns erst mal auf neutralem Boden treffen“, schlug sie vor.
„Und es muss klar sein, dass du diese Kiki nicht mehr triffst.“
Es war still in der Leitung, und für eine kurze Schrecksekunde dachte sie, dass er aufgelegt hatte.
„Ich hätte mir denken können, dass dir Moni alles brühwarm erzählt.“
Leni ärgerte sich, dass sie sich so plump verraten hatte.
„Gibt’s etwa ein Problem bei dem jungen Glück?“, fragte sie hämisch.
„Mach dir mal um mein Glück keine Sorgen, darum kümmere ich mich schon selbst.“
Sie hörte ein lautes Knacken. Jetzt hatte er wirklich aufgelegt. Das war nicht gut gelaufen. Mit gesenktem Kopf packte sie das Handy wieder in ihre Tasche. Die Kundin schob sich an ihr vorbei auf die Straße.
„Sie wünschen bitte?“
Der Verkäuferin stand unverhohlene Neugier ins Gesicht geschrieben. Leni deutete auf einige Kuchenstücke, bezahlte hastig und stürzte nach draußen.
Ziellos lief sie durch die Straßen. In ihrem Kopf ging alles drunter und drüber. Warum hatte sie Thomas so provoziert? Das hätte sie nicht tun sollen. Aber eigentlich war
sie
es doch, die ein Recht darauf hatte, sauer zu sein. Geschlagen hatte er sie und körperlich bedrängt. Wenn früher so etwas in der Zeitung stand, hatte sie nicht verstehen können, warum Frauen bei solchen Männern blieben. Aber jetzt, wo es sie selbst betraf, sah alles irgendwie anders aus. Ein Ausrutscher, an dem sie vielleicht sogar mit schuld war. War es das? Oder suchte sie nur nach einer Entschuldigung für sein Verhalten? Was für ein Durcheinander. Plötzlich fühlte sie sich traurig und leer. Die Tränen fingen an zu laufen, ohne dass sie es verhindern konnte.
Als sie eine Stunde später die Tür von Arthurs Haus aufschloss, war sie völlig durchnässt. Aber zumindest äußerlich war sie wieder ruhig.
Arthur sah die Post durch. Meistens kamen Rechnungen oder Werbung. Besondere Höhepunkte waren nur die seltenen Postkarten und kurzen Briefe von Peter aus Kanada.
Fast wäre das weiße Kuvert im Papierkorb gelandet, aber dann blieb Arthurs Blick an dem Absender hängen. Karl Duffner, Rechtsanwalt, stand da. Neugierig riss er den Umschlag auf und las die wenigen Zeilen. Bernd Köhler, der Name kam ihm bekannt vor. Er hatte in der Zeitung über ihn gelesen. Und Maria hatte einmal erwähnt, dass der Bauunternehmer Häuser in Niederrad suchte. Aber wie kam der darauf, dass er sein Haus verkaufen wollte? Ein großzügiges Angebot, stand da, na, darauf war Arthur gespannt. Er schaute auf den Kalender. Dieser Herr Duffner hatte seinen Besuch für morgen angekündigt. Vielleicht war es gut, wenn Leni bei diesem Gespräch dabei war. Diesem Anwalt würde er klar machen, dass er sich ganz umsonst bemüht hatte. In grimmiger Vorfreude legte Arthur den Brief auf den Tisch.
„Du hast den Kamin angemacht. Wie schön!“
Unbemerkt von Arthur war Leni nach Hause gekommen und sofort in ihre Zimmer geschlichen. Es war nicht nötig, dass er sie schon wieder nass und verheult
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