Rentner-WG - ein Best-Ager-Roman aus Frankfurt
eingebläut.
Als die Bürotür aufging, hob sie unwillig den Kopf. Aber dann kam sie blitzschnell in Bewegung. Sie ließ die Nagelfeile in eine offene Schublade fallen und setzte sich aufrecht hin.
„Frau Köhler! Das ist aber eine Überraschung.“
Gerda Köhler lächelte säuerlich. Hatte dieses Püppchen eigentlich nie etwas zu tun?
„Guten Tag. Ist mein Sohn da?“
Sandi schüttelte bedauernd den Kopf.
„Nö, der ist weg. Auswärtstermin. Bei dieser Reinigungsfirma, glaube ich. Er hat gesagt, dass er heute nicht mehr rein kommt.“
Das wusste Frau Köhler bereits, aber sie tat enttäuscht.
„Und Sie haben nichts Besseres zu tun als Ihre Fingernägel zu feilen?“
Frau Köhlers Ton war schärfer geworden. Sandi zog den Kopf ein und glotzte sie stumm an.
„Ich will ein paar Unterlagen aus seinem Büro holen. Sorgen Sie dafür, dass ich nicht gestört werde.“
Eingeschüchtert nickte Sandi und schaute regungslos zu, wie Frau Köhler die Bürotür ihres Sohnes nachdrücklich hinter sich schloss. Puh, das hätte schlimm ausgehen können. Diese Frau war ein richtiger Drachen.
Wo könnte er das Modell versteckt haben? Frau Köhler sah sich um, öffnete ein paar Schränke und machte sich am Schreibtisch zu schaffen. Es blieb nur ein Schränkchen, das aber abgeschlossen war. Gar nicht so dumm, mein Sohn, dachte sie voll mütterlichem Stolz und zog eine Haarnadel aus ihrer Handtasche. In ihrem langen Leben hatte sie so manches gelernt, das äußerst nützlich war.
Nach dem schrecklichen Vorfall mit Lenis Mann war die kleine Wohngemeinschaft vorsichtig geworden, wenn es an der Tür klingelte. Offensichtlich schreckte Thomas Brandner nicht einmal vor Handgreiflichkeiten zurück.
Als ein paar Tage später um die Mittagszeit die Türglocke ging, schaute Barbara durch den Spion. Sie sah einen Mann, den sie nicht kannte. Unschlüssig spielte sie mit der Vorlegekette. Arthur war mit Leni im Garten. Aber der Mann machte einen ordentlichen Eindruck. Sie legte die Kette vor und öffnete die Tür einen Spalt breit.
Charly hatte ungeduldig darauf gewartet, dass sich etwas rührte. Er musste am Ball bleiben bei diesem Hauskauf. Endlich ging die Tür auf. Aber er sah niemand.
„Hallo?“, fragte er.
Das war ja ein merkwürdiger Empfang.
„Wer sind Sie? Und zu wem wollen Sie?“
Barbara bemühte sich, mit fester Stimme zu sprechen. Charly starrte durch den Türspalt auf die ältere Frau. Das war nicht dieses Weib, das ihn das letzte Mal rausgeworfen hatte. Die hatte er noch lebhaft in Erinnerung.
„Mein Name ist Duffner. Ist Herr Winkler zu Hause? Er kennt mich.“
„Einen Moment, ich werde fragen.“
Die Tür ging wieder zu.
Diesem Winkler musste es ja richtig gut gehen, wenn er sich eine Hausdame leisten konnte. Das war gar nicht gut für Charlys Mission.
Barbara ging auf die Terrasse hinaus. Von Arthur und Leni war nichts zu sehen. Sie waren wahrscheinlich irgendwo hinten im Garten. Erleichtert sah sie in der Ecke nahe der Straße einige Zweige wackeln. Leni und Arthur waren wohl dabei, die Büsche auszulichten.
Arthur war sauer und machte keinen Hehl daraus. Leni hatte beschlossen, dass die Büsche, die das Grundstück zur Straße hin abschlossen, einen Grundschnitt benötigten. Und dazu brauchte sie seine Hilfe.
Sie hatte ihm die große Heckenschere in die Hand gedrückt und ihm umständlich erklärt, welche Äste er abschneiden sollte. Aber schon nach kurzer Zeit waren sie sich in die Haare geraten. Wütend hatte ihm Leni die Schere aus der Hand gerissen und machte sich nun selbst ans Werk. Das Problem war, dass die Büsche sehr hoch waren. Man brauchte eine Leiter, um die oberen Äste zu erreichen. Aber das wollte sie nicht einsehen, lieber balancierte sie auf Zehenspitzen im Gestrüpp herum. Es war eine schmutzige Arbeit. Alles war nass und schmierig vom Dauerregen der letzten Tage. Arthur konnte überhaupt nicht hinsehen, wie sie mit der spitzen Schere herumhantierte. Zweimal hatte er sie schon festgehalten, als sie das Gleichgewicht verlor.
„Wir sind doch schon so gut wie fertig“, keuchte sie. Mit zusammengebissenen Zähnen attackierte sie einen Kirschlorbeer von gut zwei Metern Höhe. Gerade hatte sie sich weit vorgebeugt, um die nächsten Zweige erreichen zu können, als Barbaras Kopf direkt neben ihr auftauchte.
„Besuch!“, verkündete die.
Das war zu viel für Lenis Gleichgewicht. Sie rutschte auf dem nassen Blätterboden aus und fiel, die Schere voran, in den Busch. Barbara
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