Rentner-WG - ein Best-Ager-Roman aus Frankfurt
aufgelöst war. Aber offenbar war es ihr äußerst wichtig, dass Arthur einen guten Eindruck machte.
„Na ja, er sieht wirklich etwas merkwürdig aus. Bisschen vorsintflutlich“, sagte sie langsam.
„Ja genau. Und deshalb muss er die Haare geschnitten kriegen.“
„Von dir?“ Barbara war leicht geschockt.
„Das kriegen wir schon hin.“
Leni trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen.
„Aber du musst mitkommen und ihm das auch sagen, dass er komisch aussieht. Mir glaubt er das nicht.“
Barbara fand, dass es ganz allein Arthurs Sache war, was er mit seinen Haaren machte. Aber Leni war schließlich ihre Freundin.
Auf dem Weg nach unten wappnete sich Leni für den Kampf. Arthur wurde ganz mulmig, als er ihr vorgeschobenes Kinn sah.
„Was soll denn das werden?“
Leni zückte eine Schere.
„Was hältst du davon, wenn wir dir die Haare schneiden? Du siehst bestimmt viel flotter aus mit kurzen Haaren.“
Sie versuchte, ihn auf den Toilettensitz zu drücken, aber er wehrte sich energisch.
„Bei dir piept’s wohl! Was hast du denn auf einmal mit meinen Haaren?“
„Ich finde auch, du könntest erheblich jünger und besser aussehen“, mischte sich jetzt Barbara ein.
Er drehte seinen Kopf vor dem Spiegel hin und her.
„Findest du?“
Wenn Barbara das sagte?
„Nun hab dich doch nicht so wegen der paar Flusen!“
Leni klapperte auffordernd mit der Schere. Barbara warf ihr einen warnenden Blick zu. Man musste behutsam vorgehen.
„Hast du so was überhaupt schon mal gemacht?“
Arthurs Widerstand sank.
“Na klar, schon oft,” erklärte Leni.
Sie rückte keinen Zentimeter von ihm ab. Seufzend setzte er sich hin.
„Du gibst ja sowieso keine Ruhe.“
Ehe er es sich anders überlegen konnte, baute sich Leni vor ihm auf. Mit zwei Fingern hob sie eine der langen Haarsträhnen in die Höhe und schnitt beherzt drauf los. Barbara starrte entsetzt auf die herunter rieselnden Haare. Aber Leni wusste anscheinend wirklich, was sie da machte. Sie hantierte geschickt mit der Schere, kämmte und kürzte und trat dann einen Schritt zurück, um ihr Werk zu betrachten. Es sah nicht übel aus, aber sie war noch nicht ganz zufrieden.
„Noch nicht gucken!“, kommandierte sie.
Sie rannte die Treppe hoch und kam mit einer Tube zurück, aus der sie etwas in ihre Handflächen drückte und verrieb. Dann fuhr sie Arthur mit den Händen durch die kurz geschnittenen Haare, die ihm nun wie kleine Stacheln vom Kopf abstanden. Zufrieden trat sie einen Schritt zurück und strahlte Arthur an.
„Das war’s schon. Hat doch gar nicht weh getan.“
Er stand auf und betrachtete sich im Spiegel. Das Ergebnis war verblüffend. Es sah gut aus, richtig flott. Die strahlenden Gesichter von Leni und Barbara tauchten neben ihm auf.
„Und?“
„Du bist schon ein verrücktes Huhn. Aber ich muss dir Recht geben, das sieht wirklich nicht schlecht aus. Ein bisschen ungewohnt...“
Er betastete vorsichtig die kurzen Spitzen. Sie fühlten sich ganz weich an. Plötzlich wurde ihm die ganze Szene peinlich.
„Habt ihr nichts Besseres zu tun, als mich anzuglotzen?“
Blitzschnell verschwanden beide. Man darf ihnen nicht zu viel Oberwasser lassen, sonst hat man verloren, dachte er und grinste zufrieden seinem Spiegelbild zu.
„Da hast du zwei wirklich Nette gefunden“, sagte Moni, als sie nach dem Kaffeetrinken eine Runde um den Block drehten. Natürlich hatten sie auch über Thomas geredet.
„Papa ist voll auf dem Ego-Trip. Da kann man nur abwarten, ob er sich wieder einkriegt“, war Monikas Meinung.
Am Abend sank Leni todmüde ins Bett. War Abwarten die richtige Strategie? Sie wusste es nicht. Über ihre Jobsuche machte sich Leni keine Illusionen. Auf dem Arbeitsmarkt sah es schlecht aus. Vermutlich würde sie auf Unterhaltszahlungen von Thomas angewiesen sein, wenn es tatsächlich zu einer Scheidung kam. Ein Schauder lief ihr den Rücken hinunter.
Aber ihren Mitbewohnern ging es auch nicht besser. Barbara musste das Problem mit ihrer Wohnung lösen. Und Arthur regte sich über den Tratsch auf, der in Umlauf war. Irgendwie waren sie in eine Lage geraten, die für Außenstehende merkwürdig aussehen musste. Gut, dass wir zu dritt sind und uns gegenseitig Mut machen können, dachte sie.
Kapitel 7
„Es schneit!“
Barbara klebte mit der Nasenspitze am Fenster und strahlte über das ganze Gesicht.
„Der erste Schnee, das ist immer etwas ganz Besonderes. Schon als Kind war ich ganz verrückt danach.“
Leni
Weitere Kostenlose Bücher