Replay - Das zweite Spiel
lange. Und in einem Monat fangen wir wieder von vorne an.«
»Nächstes Mal… Das nächste Mal gehört uns, wenn du es so willst.«
Sie sah auf einen der Monitore, der Szenen aus dem Strandrestaurant in Malibu zeigte, wo sie ihre erste längere Unterhaltung geführt hatten, wo es zu Meinungsverschiedenheiten bezüglich des geplanten Films gekommen war, der die Welt von der zyklischen Natur der Realität überzeugen sollte.
»Es könnte mein letztes Mal sein«, sagte sie gefasst. »Die Zeitverschiebung betrug bei mir diesmal fast acht Jahre. Nächstes Mal werde ich erst irgendwann in den 80ern zurückkommen. Wirst du auf mich warten? Wirst du…«
Er zog sie an sich, brachte ihre furchtsamen Worte mit seinen Lippen, seinen Händen zum Verstummen, liebkosend, beruhigend. Sie umarmten sich in der stillen Kabine, erhellt vom Widerschein all der Leben, die sie gelebt hatten, und gewärmt vom Versprechen eines letzten kurzen Lebens, das miteinander zu teilen ihnen vielleicht übrig blieb.
»Was ist los, hast du mich nicht gehört? Stell den verdammten Fernseher leiser. Seit wann interessierst du dich überhaupt für Eiskunstlauf?«
Es war Lindas Stimme, doch sie klang nicht so wie gewohnt.
Nein, das war eine Stimme aus ferner Vergangenheit, gepresst vor Anspannung und Sarkasmus.
Sie kam ins Zimmer und schaltete den Ton des Fernsehers ab. Auf dem stummen Bildschirm sprang und wirbelte Dorothy Hamill anmutig übers Eis, wobei sich ihr Bubikopf jedes Mal, wenn sie zur Ruhe kam, tadellos legte.
»Ich sagte, das Essen ist fertig. Wenn du was willst, komm und iss. Ich mach hier vielleicht die Köchin, aber ich bin nicht dein Dienstmädchen.«
»Ist schon gut«, sagte Jeff, um Fassung ringend, darum bemüht, sich ein Bild von der neuen Umgebung zu machen. »Ich hab eigentlich gar keinen Hunger.«
Linda warf ihm einen höhnischen Blick zu. »Du meinst, du willst nicht essen, was ich gekocht habe. Vielleicht hättest du lieber Hummer, wie? Und etwas frischen Spargel? Champagner?«
Dorothy Hamill setzte zu einer letzten Pirouette an, ihr kurzer roter Rock ein wirbelnder Schemen über den Schenkeln. Als sie ihren Lauf beendet hatte, lächelte sie und blinzelte in die Kamera, und der Sender wiederholte diesen Blick in Zeitlupe: Beglückter Stolz, das sich allmählich ausbreitende Lächeln eine aufgehende Sonne, das verlangsamte Blinzeln Ausdruck von Bescheidenheit und Sinnlichkeit. In diesem gedehnten Moment erschien das Mädchen als das Sinnbild frischer, vitaler Jugend.
»Sag mir doch einfach«, geiferte Linda, »welches Feinschmeckermahl du statt Hackbraten morgen gern hättest. Und dann erzähl mir mal, wie wir das bezahlen sollen. Ich höre!«
Dorothy Hamills eingefrorenes Lächeln löste sich in Schwärze auf, wurde von einem der ABC-Abfahrtsläufe in Innsbruck abgelöst. Die Winterolympiade … 1976! Er und Linda waren also in Philadelphia. In Camden, New Jersey, genaugenommen. Dort hatten sie gelebt, als er bei WCAU gearbeitet hatte, auf der anderen Seite des Flusses.
»Na? Hast du irgendwelche klugen Vorschläge, wie wir uns nächste Woche etwas anderes als billiges Suppenfleisch oder Huhn leisten können?«
»Linda, bitte … wir sollten das nicht tun.«
»Was sollen wir nicht tun - Jeffrey?«
Sie wusste, dass er die Langform seines Namens nicht ausstehen konnte; wenn sie sie gebrauchte, forderte sie ihn zum Kampf heraus.
»Lass uns nicht streiten«, sagte er entgegenkommend. »Es besteht kein Grund mehr zum Streiten. Es hat sich alles… verändert.«
»Ach, wirklich? Einfach so, hm?« Sie stemmte die Arme in die Hüften und drehte sich langsam um die eigene Achse, tat so, als musterte sie die voll gestopfte Wohnung, das gemietete Mobiliar. »Ich kann nicht erkennen, dass sich irgendetwas verändert hätte. Es sei denn, du wirst mir gleich erzählen, du hättest eine besser bezahlte Stelle bekommen, nach all den Jahren.«
»Vergiss die Stelle. Das ist belanglos. Jetzt ist Schluss mit den Geldsorgen.«
»Und was soll das heißen? Hast du in der Lotterie gewonnen?«
Jeff seufzte und rieb sich die Augen. »Darauf kommt es nicht an«, erklärte er ihr. »Es wird keine finanziellen Probleme mehr geben, das ist alles. Für den Augenblick brauchst du nichts weiter tun, als mir zu vertrauen.«
»Geschwätz! Das fällt dir leicht, stimmte? Dein ständiges Gerede über Rundfunkjournalismus, was für eine Nachrichtenkanone du mal werden würdest, eine Art von modernem Edward R. Murrow. Herrgott noch mal, du
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