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Replay - Das zweite Spiel

Titel: Replay - Das zweite Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Grimwood
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das noch gewesen, im Sommer ’64 oder ’65? In ein oder zwei Jahren? Was die Gegenwart betraf, so hatten er und Martin die Reise gar nicht unternommen, hatten keine Pfirsiche gekauft, hatten nicht die Hälfte der Höchstgeschwindigkeitshinweise von hier bis Valdosta damit beschmutzt und verbeult. Was also folgte daraus? Wenn sich Jeff an diesem Junitag - ein Tag im Juni war es auf jeden Fall gewesen - immer noch in seiner auf unerklärliche Weise wiedererstandenen Vergangenheit befände, würde er dann die gleiche Reise unternehmen, mit Martin die gleichen Witze reißen, die gleichen Pfirsiche auf die gleichen Verkehrsschilder werfen? Und wenn er es nicht täte, wenn er sich dazu entschlösse, in dieser Woche in Atlanta zu bleiben, oder wenn er einfach an dem Mädchen mit den langen Beinen und den Pfirsichen vorüberführe … was würde dann aus seiner Erinnerung an die Episode werden? Woher stammte sie, was würde mit ihr geschehen?
    Er schien sein Leben ein zweites Mal zu durchleben, es wieder abzuspulen wie ein Videoband; und trotzdem hatte es nicht den Anschein, als wäre er durch das, was früher geschehen war, gebunden, jedenfalls nicht vollständig. Soweit er erkennen konnte, war er an diesen Punkt seines Lebens unter unveränderten Umständen zurückgekehrt - eingeschrieben in Emory, mit Martin auf einem Zimmer, die gleichen Vorlesungen wie ein Vierteljahrhundert zuvor -, doch in den vierundzwanzig Stunden, seit er hier aufgewacht war, war er von den Pfaden, denen er ursprünglich gefolgt war, bereits auf subtile Weise abgewichen.
    Judy gestern Abend zu versetzen - das war die größte und augenfälligste Veränderung, obwohl sie auf lange Sicht nicht notwendigerweise Auswirkungen in die eine oder andere Richtung haben musste. Sie waren nur noch sechs oder acht weitere Monate miteinander gegangen, bis um die Weihnachtszeit herum. Dann hatte sie ihn wegen eines ›älteren Mannes‹ verlassen, erinnerte er sich lächelnd, wegen eines höheren Semesters, der auf die medizinische Hochschule in Tulane übergewechselt war. Jeff war ein paar Wochen ziemlich verletzt und niedergeschlagen gewesen, dann begann er mit einer Reihe anderer Mädchen auszugehen: eine Weile mit einer hageren Brünetten namens Margaret, dann mit einem anderen dunkelhaarigen Mädchen, dessen Name mit D oder V anfing, dann mit einer Blondine, die eine Zunge hatte, mit der sie einen Knoten in einen Kirschstiel hätte machen und weiß Gott was sonst noch alles hätte anstellen können. Linda, die Frau, die er heiraten würde, hatte er erst nach dem College kennen gelernt, als er an einem Radiosender in West Palm Beach arbeitete. Sie hatte an der Florida Atlantic University studiert, und sie hatten sich am Strand von Boca Raton getroffen …
    Gott, wo war Linda jetzt im Moment? Zwei Jahre jünger als er, musste sie noch auf der High School sein und bei ihren Eltern leben. Er verspürte plötzlich den Wunsch, sie anzurufen, vielleicht sogar weiter nach Süden bis nach Boca Raton zu fahren und sie zu sehen, sie zu treffen … Nein, das würde bestimmt nicht funktionieren. Es wäre allzu seltsam. Etwas Derartiges könnte in ferner Zukunft gefährlich werden, vielleicht irgendein schreckliches Paradoxon bewirken.
    Oder nicht? Musste er sich wirklich um Zeitparadoxa Sorgen machen, von wegen, er könnte versehentlich seinen eigenen Großvater ermorden? Vielleicht war seine Sorge ja völlig unbegründet. Er war kein Außenseiter, der in dieser Zeit umherwanderte und Angst davor haben musste, seinem jüngeren Selbst zu begegnen - er war mit diesem jüngeren Selbst identisch, ein wesentlicher Bestandteil des Gewebes dieser Welt. Nur sein Bewusstsein stammte aus der Zukunft - und die Zukunft existierte nur in seinem Kopf.
    Jeff musste von der Straße herunterfahren, ein paar Minuten anhalten und, den Kopf auf die Hände gestützt, die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen überdenken. Er hatte sich früher schon einmal gefragt, ob er seine Vergangenheit nicht womöglich halluzinierte. Aber was, wenn das Gegenteil zutraf? Wenn das ganze komplexe Muster der nächsten zweieinhalb Jahrzehnte - angefangen vom Fall Saigons bis zum New-Wave-Rock und den Computern - sich als Fiktion herausstellte, die irgendwie komplett ausgeformt in seinem Kopf entstanden war, über Nacht, hier in der realen Welt von 1963, die er niemals verlassen hatte? Das ergab ebenso viel Sinn wie jede andere auf Zeitreisen oder dem Leben nach dem Tod oder irgendwelchen

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