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Replay - Das zweite Spiel

Titel: Replay - Das zweite Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Grimwood
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nichts.
    »Danke«, erwiderte er. »Sag Barbara das nächste Mal, wenn du sie siehst, dass ich wirklich froh darüber bin.«
    »Gehst du immer noch mit der kleinen Judy aus?«, fragte seine Mutter. »Das war so ein reizendes Bild, das du uns von ihr geschickt hast. Wir können es gar nicht erwarten, sie kennen zu lernen. Wie geht es ihr?«
    »Ihr geht’s gut«, sagte er ausweichend und wünschte sich, er hätte nicht angerufen.
    »Was macht der Chevy?«, warf sein Vater ein. »Schluckt er immer noch so viel Öl wie früher?«
    Herrgott - Jeff hatte seit Jahren nicht mehr an den alten Wagen gedacht.
    »Der Wagen ist okay, Dad.« Das war eine Vermutung. Er wusste nicht mal, wo er ihn abgestellt haben könnte. Seine Eltern hatten ihm den qualmenden alten Schlitten zum Schulabschluss geschenkt, und er hatte ihn so lange gefahren, bis er schließlich im letzten Studienjahr in Emory auseinander gefallen war.
    »Was machen die Zensuren? Die Arbeit, mit der du beschäftigt warst, die über … Du weißt schon, die, von der du uns letzte Woche erzählt hast, dass du Schwierigkeiten damit hättest. Was war das noch gleich?«
    »Letzte Woche? Klar, die … Geschichtsarbeit. Damit bin ich fertig. Hab aber die Note noch nicht bekommen.«
    »Nein, nein, es war nicht in Geschichte. Du sagtest, es wäre was mit englischer Literatur, was war es noch gleich?«
    Auf einmal erklang in der Leitung eine aufgeregt brabbelnde Kinderstimme. Jeff begriff, dass dieses Kind seine Schwester war - eine Frau, die zwei Scheidungen hinter sich hatte, mit einer Tochter, die gerade auf die High School kam. Es rührte Jeff, den Überschwang ihrer neun Jahre zu hören. Die Stimme seiner Schwester war die äußerste Verkörperung der verlorenen Unschuld, der zurückgedrehten Zeit…
    Die Unterhaltung mit seiner Familie war bedrückend geworden, ja ausgesprochen beunruhigend. Er brach sie ab, indem er versprach, in ein paar Tagen wieder anzurufen. Als er auflegte, war seine Stirn feucht von kaltem Schweiß, sein Mund trocken. Er ging die Treppe zur Lobby hinunter, kaufte sich für einen Vierteldollar eine Coke, trank sie in drei großen Schlucken leer. Im Fernsehraum sah sich gerade jemand Sky King an.
    Jeff wühlte in seinen Hosentaschen und fischte einen Schlüsselring heraus. Einer der sechs Schlüssel war für das Wohnheimzimmer, den hatte er vorige Nacht benutzt, um reinzukommen; dann waren da drei weitere, die er nicht wiedererkannte; und zwei, die eindeutig ein Satz Zünd- und Kofferraumschlüssel von General Motors waren.
    Er ging nach draußen und blinzelte in den hellen Sonnenschein von Georgia. Wochenendstimmung lag über dem Campus, eine charakteristische träge Stille, die Jeff augenblicklich wiedererkannte. Bei der Studentenverbindung, das wusste er, waren unfreiwillige Gruppen von Geiseln damit beschäftigt, die Häuser zu säubern und die Pappmache-Dekoration für die Samstagabendpartys aufzuhängen. Und die Studentinnen in Harris Hall und dem namenlosen neuen Mädchenwohnheim schlenderten in Bermudashorts und Sandalen umher und warteten darauf, dass ihre Nachmittagsverabredungen sie zu einer Fahrt nach Soap Creek oder Stone Mountain abholten. Weiter weg zu seiner Linken hörte Jeff die rhythmischen Sprechchöre der ROTC-Schulung der Air Force, die ohne Ironie oder Protest vonstatten ging. Niemand spielte Frisbee auf dem Rasen, kein Marihuanaduft hing in der Luft. Die Studenten konnten noch nichts wissen von den Veränderungen, die der Welt bevorstanden.
    Er musterte den Parkplatz vor der Longstreet Hall und hielt Ausschau nach seinem blau-weißen 58er Chevy. Das Auto war nirgendwo zu sehen. Er ging den Pierce Drive entlang, dann schlug er auf der Arkwright Road einen weiten Bogen an der Dobbs Hall vorbei und hinauf bis hinter die zweite Gruppe von Studentenwohnheimen, doch dort war der Wagen auch nicht.
    Als er in Richtung Clifton Road ging, hörte Jeff wieder die gebellten Kommandos und mechanischen Antworten vom ROTC-Gelände. In diesem Moment rastete etwas in seinem Kopf ein, und er wandte sich nach links zu einer kleinen Brücke gegenüber dem Postgebäude. Dann stapfte er eine Straße hinter der Phi-Chi-Studentenverbindung der Mediziner hinauf. Das Campusgelände endete hier - und einen Block weiter entdeckte er seinen Wagen. Er war ein Erstsemester, deshalb stand ihm bis zum kommenden Herbst kein Parkausweis zu; im ersten Jahr würde er außerhalb des Campus parken müssen. Trotzdem hing ein Strafzettel an der Windschutzscheibe. Er

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