Replay - Das zweite Spiel
Auswirkungen auf die Umgebung. Aber keiner von ihnen besaß die gleiche Anziehungskraft, wie sie der Shasta hatte.«
»Und noch hat«, wisperte Pamela, den schweigenden Berg betrachtend. »Dort… ist etwas Mächtiges, das spüre ich.«
Jeff nickte, den Blick wie sie auf die weit entfernten imposanten Hänge gerichtet. »Es gibt einen Kult - weißen Ursprungs, nicht indianischen der den Berg immer noch verehrt. Manche glauben, er habe etwas mit Jesus zu tun, mit der Wiederauferstehung. Andere glauben, es gebe dort fremde Wesen oder irgendeinen alten Abkömmling der menschlichen Rasse, der in den Magmatunnels in der Tiefe lebt. Merkwürdiges, verrücktes Zeug - der Mount Shasta scheint diese Art Gedanken irgendwie zu inspirieren.«
Der Wind wehte jetzt kälter, und Pamela zitterte. Automatisch legte Jeff ihr einen Arm um die Schulter, zog sie an seinen warmen Körper.
»Im Laufe der Zeit«, sagte er, »habe ich so ungefähr jede mögliche Erklärung in Betracht gezogen für das, was mit mir - mit uns - passiert ist, wie bizarr sie auch sein mochte. Zeitverwerfungen, Schwarze Löcher, ein wahnsinnig gewordener Gott … Ich habe die Leute erwähnt, die glauben, der Mount Shasta sei von fremden Wesen bewohnt - nun, einmal habe ich mir eingeredet, das alles sei eine Art Experiment, das von einer außerirdischen Rasse durchgeführt wird. Dir muss doch sicher der gleiche Gedanke gekommen sein, jedenfalls habe ich Hinweise darauf in Starsea gesehen. Und vielleicht ist das ja die Wahrheit - vielleicht sind wir die empfindungsfähigen Ratten, die einen Ausweg aus diesem Labyrinth finden müssen. Oder vielleicht kommt es Ende 1988 zu einer atomaren Katastrophe, und der kollektive psychische Wille all der Männer und Frauen, die je gelebt haben, hat diesen Weg gewählt, um die Auslöschung der Menschheit zu verhindern. Ich weiß nicht … Und genau das ist der Punkt: Ich kann es nicht wissen, und deshalb habe ich mich irgendwann damit abgefunden, dass ich es weder verstehen noch ändern kann.«
»Das heißt aber nicht, dass du dir nicht weiter Fragen stellen kannst«, sagte sie, das Gesicht nah an seinem.
»Natürlich nicht, und das tue ich auch. Ich denke ständig darüber nach. Aber die Suche nach Antworten verzehrt mich nicht mehr, schon lange nicht mehr. Unser Dilemma, so ungewöhnlich es auch sein mag, ist im Wesentlichen kein anderes als das, mit dem jeder konfrontiert ist, der je auf dieser Welt wandelte: Wir sind hier, und wir wissen nicht warum. Wir können so viel philosophieren, wie wir wollen, den Schlüssel zu dem Geheimnis auf tausend verschiedenen Pfaden suchen, aber wir werden der Lösung niemals näher kommen. Uns wurde ein unvergleichliches Geschenk gemacht, Pamela - das Geschenk des Lebens, des Bewusstseins und der Möglichkeiten, wie sie vor uns niemand besaß. Warum können wir es nicht einfach so annehmen, wie es ist?«
»Jemand - es war Platon, glaube ich - hat einmal gesagt: Das unerforschte Leben ist es nicht wert, gelebt zu werden.«
»Stimmt. Aber ein zu sehr hinterfragtes Leben führt in den Wahnsinn, wenn nicht zum Selbstmord.«
Sie sah auf ihre Fußstapfen im ansonsten jungfräulichen Schnee hinunter. »Oder einfach zum Scheitern«, sagte sie ruhig.
»Du bist nicht gescheitert. Du hast den Versuch unternommen, die Welt zusammenzuführen, und dabei hast du ein großartiges Kunstwerk geschaffen. Die Anstrengung, der Schaffensprozess - diese Dinge haben Bestand.«
»Vielleicht so lange, bis ich wieder sterbe. Bis zum nächsten Replay. Dann wird alles ausgelöscht.«
Jeff schüttelte den Kopf, den Arm fest um ihre Schultern gelegt. »Nur die Früchte deiner Arbeit werden verschwinden. Die Mühe, die Hingabe, die du in deine Anstrengungen hineingelegt hast … Dort liegt der eigentliche Wert, und der wird überdauern - in dir.«
Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Aber so viel Verlust, so viel Schmerz. Die Kinder …«
»Jedes Leben beinhaltet auch Verlust. Ich habe viele, viele Jahre gebraucht, bis ich gelernt habe, damit zurechtzukommen, und ich erwarte nicht, dass ich mich jemals ganz damit abfinden werde. Aber das heißt nicht, dass wir uns von der Welt abwenden sollen, oder aufhören, nach dem Besten zu streben, was wir tun und sein können. So viel schulden wir zumindest uns selbst - und wir verdienen, was immer an Gutem sich daraus entwickeln mag.«
Er küsste ihre tränennassen Wangen, dann küsste er sie leicht auf die Lippen. Im Westen kreiste ein Adlerpaar langsam am Himmel
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