Reptilia
atemlos. »Ich rede von extraterrestrischen Aminosäuren.« Egomo hatte einen unerbittlichen Laufschritt vorgelegt, und das Sprechen fiel mir unter diesen Bedingungen schwer. »Haben Sie nie etwas davon gehört, dass diese Bausteine des Lebens bereits vor über dreißig Jahren in Meteoriten gefunden wurden?«
Elieshi verneinte, und ich musste gestehen, dass ich es genoss, ihr gegenüber endlich einmal einen Informationsvorsprung zu haben. Seit wir das Camp verlassen hatten, lieferten wir uns Gefechte, wie man sie nur unter Akademikern führte. Und endlich hatte ich ein Thema gefunden, bei dem ich mich besser auskannte. »Der Allende-Meteorit, 1969. Eine sensationelle Entdeckung, denn in ihm fanden sich Aminosäuren, die bewiesen, dass die Bausteine des Lebens im gesamten Weltall verstreut sind und praktisch jeden Planeten unter geeigneten Voraussetzungen befruchten können. Man spricht mittlerweile tatsächlich von Saatkörnern. Es ist Funden wie diesen zu verdanken, dass ich mich überhaupt für die Wissenschaft der Genetik und der strukturellen Biologie zu interessieren begann.«
»Wollen Sie damit andeuten, dass es noch andere Gründe für Mokéles Mutationen geben könnte als nur Radioaktivität?«
»Schwer zu sagen. Das kann nur eine genauere Untersuchung erweisen. Aber egal, was dabei herauskommt, es ist schon jetzt eine Sensation. Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn uns das dem Nobelpreis nicht ein gutes Stück näher bringt.«
Sie lachte. »Sie sind ein Träumer, David. Aber ein netter Träumer, das wollte ich Ihnen schon lange sagen.«
»Finden Sie?« Ich spürte, wie mir das Blut ins Gesicht schoss. »Ich dachte, Sie können mich nicht leiden.«
»Nur am Anfang. Aber in der Zwischenzeit habe ich Sie besser kennen gelernt. Sie sind ein Junge, der noch nicht viel gesehen hat vom Leben. Daher Ihre Unsicherheit. Sie sind so ganz anders als Maloney.« Sie verstummte.
»Elieshi?«
»Hm?«
»Darf ich Sie etwas Persönliches fragen?«
»Nur zu.«
»Es ist aber etwas sehr Persönliches.«
»Reden Sie keine Opern. Immer raus damit. Ich habe ein dickes Fell, schon vergessen?« Sie lächelte mich schelmisch an.
»Die Sache zwischen Ihnen und Maloney. Ist das etwas Ernstes?«
»Sie haben das mitbekommen?«
Ich spürte, dass ich schon wieder rot wurde. »Nun … ich …«
Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. » Nicht der Rede wert. Es war Sex, mehr nicht. Von meiner Seite aus hätte es ruhig mehr werden können, aber Stew hat mir unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass er es dabei belassen möchte. Seine Reaktion gestern am Grab hat mir das deutlich gemacht.« Sie zuckte die Schultern, und ihre Augen wurden traurig. »Er ist ein zutiefst einsamer Mann.«
Ich war verblüfft darüber, mit welcher Offenheit Elieshi über intime Details plaudern konnte. »Da haben Sie wohl Recht«, murmelte ich und dachte dabei an das Gespräch zwischen Sixpence und Maloney, das ich belauscht hatte. Es war offensichtlich, dass der Jäger sich vom Verlust seiner Familie nie mehr erholt hatte. Doch dieses Detail verschwieg ich Elieshi. Ich wusste nicht, wie diese Information bei ihr ankommen würde. Abgesehen davon, dass ich sie unter höchst unredlichen Umständen erworben hatte.
»Jetzt sind Sie mir aber auch eine Antwort schuldig«, sagte sie mit einem verschmitzten Lächeln.
»Hm? Was meinen Sie?«
»Erzählen Sie mir von Ihrer Freundin. Und von Emily Palmbridge. Wie passt das zusammen? Und wagen Sie nicht, irgendein wichtiges Detail auszulassen. Ich würde es sofort merken.« Ihr Lächeln ging in ein Grinsen über.
»Na schön. Fair ist fair. Aber ich muss Sie warnen: Es ist eine lange Geschichte.«
»Ich liebe lange Geschichten. Besonders wenn sie geeignet sind, lange Fußmärsche zu verkürzen. Also legen Sie los.«
Elieshis Wunsch entsprechend holte ich weit aus und erzählte ihr alles, was mit dieser Reise zu tun hatte. Angefangen von meiner Kindheit bis hin zu meiner Aussprache mit Sarah. Ich ließ nichts aus und dichtete nichts hinzu und war gerade so richtig in Fahrt, als ich in den Pygmäen hineinlief, der plötzlich und ohne ersichtlichen Grund stehen geblieben war.
Seine Augen blitzten vorwurfsvoll. Mit einer harschen Bewegung deutete er erst auf das Tagebuch, dann auf den Boden vor seinen Füßen.
»Es scheint, wir sind da«, kommentierte ich die Geste überflüssigerweise. »Aber wie kann das sein? Habe ich so lange geredet?«
»Etwa eine halbe Stunde.«
»Mein Gott, warum haben
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