Reptilia
Kombinationen. Eine unglaubliche Anzahl. Wozu braucht ein Lebewesen einen solch gewaltigen Datenspeicher?«
»Vielleicht um bestimmte Fähigkeiten auszubilden?«, mutmaßte Elieshi. »Fähigkeiten, von denen wir noch nichts wissen?«
Fassungslos starrte ich auf den Monitor, der uns in immer neuen Ansichten den neu entstandenen DNS-Strang präsentierte. Ich ließ mich auf meinem Stuhl nach hinten sinken.
»Wir können es drehen und wenden, wie wir wollen«, murmelte ich, »aber Mokéle ist so eine Art Super-Saurier.«
»Er ist weit mehr«, sagte Elieshi. »Er ist ein Sprung in der Evolution. Eine entwicklungsgeschichtliche Weiterentwicklung, wie es sie noch nie zuvor gegeben hat. Sie könnte das Leben auf diesem Planeten für immer verändern.«
28
Dienstag, 16. Februar
Egomo starrte missmutig in den Himmel. Seit den frühen Morgenstunden und ihrem Aufbrach ins Grasland nieselte es, und die Wolken ließen keine Lücke erkennen. Ein feiner, gleichmäßiger Regen fiel seit Stunden vom Himmel. Ein Regen, der sich auf der Haut festsetzte und sie nach einer gewissen Zeit zu durchdringen schien. Und als ob das noch nicht genug sei, hatte sich der Zustand seiner Schulter in den letzten Stunden weiter verschlechtert. Elieshi hatte ihm zwar erklärt, der Schmerz sei normal und gehöre zum natürlichen Vorgang der Heilung, aber er wusste es besser. Es war der Gott des Windes und des Wetters, der sie von ihrer Reise abhalten wollte und von ihrem Ziel, das Geheimnis der alten Stadt zu entschlüsseln. Dass es eine alte Stadt war, daran hegte niemand mehr einen Zweifel. Die Zeichen waren zu deutlich. Überall um sie herum fanden sich Tonscherben, überwachsene Mauerreste und die Fundamente längst zerstörter Gebäude. Selbst die Spuren von Straßen ließen sich mit einiger Fantasie erkennen. Dieser Ort war erfüllt von alten Erinnerungen.
Egomo beobachtete das vor ihnen liegende Gelände mit größter Vorsicht, immer damit rechnend, einem Leoparden oder einer Rotte angriffslustiger Warzenschweine zu begegnen. Aber so unangenehm der Regen auch sein mochte, er schien sämtliche Tiere verscheucht und sie unter das schützende Blätterdach des nahe gelegenen Waldes getrieben zu haben. Seine Sorgen begannen mit jedem zurückgelegten Meter zu schwinden. Trotzdem vermisste Egomo den Beistand Stewart Maloneys. Seine Hilfe wäre bei diesem riskanten Unternehmen mehr als willkommen gewesen. Doch der Jäger hatte sich vollkommen in seine Trauer zurückgezogen und wollte weder essen noch sich ihnen anschließen. Er war ein gebrochener Mann. Egomo bedauerte das umso mehr, als er ihn für einen der tapfersten Jäger hielt, denen er je begegnet war. Das Bild, wie er allein vor Mokéle gestanden hatte, ohne Waffe und ohne Hoffnung zu überleben, und dabei nicht die Spur von Angst zeigte, würde ihm immer im Gedächtnis bleiben. Doch nach dem Tod seines Freundes war alles anders geworden. Im Gegensatz zu ihm hatten Elieshi und David die Tragödie gut überwunden. Sie schnatterten ohne Unterlass und redeten über Dinge, die Egomo nicht verstand. Evolution, Radioaktivität und extraterrestrisches Leben. Sie sprachen auch davon, wie außergewöhnlich Mokéle sei, gefährlich zwar und überlegen, aber auch hochintelligent. Als ob ihnen das erst jetzt klar geworden war. Dabei redeten sie so laut, dass es bis zur anderen Seite der Ebene zu hören gewesen wäre, hätte nicht der Regen alle Geräusche verschluckt. Stadtmenschen. Immerhin war David so klug gewesen, das Tagebuch des getöteten Soldaten mitzunehmen. Darin befanden sich, neben vielen dicht beschriebenen Seiten, auch Karten des Geländes, auf denen die Standorte einiger besonderer Gebäude eingetragen waren. Egomo hatte kaum Erfahrung im Umgang mit Karten, er wusste nur, dass sie eine Abbildung der Landschaft mit den Augen eines fliegenden Vogels waren. Sein eigenes Volk merkte sich die räumliche Umgebung zwar auf andere Art – sie betteten Pfade, Wasserstellen und Jagdreviere in Erzählungen ein –, aber wenn man sich einmal an das Prinzip gewöhnt hatte, ging es ganz gut. Auf einem bestimmten Punkt der Karte hatten sich auffällig viele handschriftliche Notizen befunden, ein sicheres Zeichen für die Wichtigkeit dieses Ortes. Egomo sah sich um. Wenn er sich nicht sehr täuschte, befanden sie sich jetzt genau an der richtigen Stelle.
*
»Sie wollen mir doch nicht erzählen, dass Sie mit den Forschungsergebnissen von Engel und Macko nicht vertraut sind?«, fragte ich
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