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Reptilia

Reptilia

Titel: Reptilia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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noch einen Körper? Irgendetwas an diesem Bild war falsch. Ich versuchte mich zu bewegen und wurde mit einem Gefühl bestraft, das ebenso wenig in meine Vorstellung vom Jenseits passte. Schmerz flammte auf. Ein brennender, pochender Schmerz. Das Pochen eines Schmiedehammers schien sich von meinem Schädel die Wirbelsäule entlang bis in meine Arme und Beine auszubreiten. Während ich verzweifelt versuchte, ihn irgendwie einzudämmen, kam ich zu der Überzeugung, dass ich wohl kaum tot sein konnte. Wo war ich? Der Versuch, mein linkes Bein anzuwinkeln, wurde mit einem neuen Schmerz quittiert. Doch meine Neugier hatte jetzt die Oberhand gewonnen. Beim zweiten Versuch nahmen die Schmerzen ab. Ich richtete mich auf und testete der Reihe nach die Funktionsfähigkeit meiner Gliedmaßen. Es schien alles zu funktionieren, nur meine Arme ließen sich nicht bewegen, obwohl ich spürte, dass sie noch da waren, wo sie hingehörten. Offenbar hatte man sie hinter meinem Rücken zusammengebunden. Eine Metallstange machte jeden Versuch, sie zu heben, zunichte. Nach und nach fiel mir alles wieder ein, und ich begann zu begreifen, was mit mir geschehen war. Maloney!
    Eine erschreckende Erkenntnis dämmerte mir: Ich saß gefesselt auf dem schwankenden Floß, mitten auf dem Lac Télé.
    Der warme tropische Regen hüllte die Welt in ein gleichförmiges Rauschen. Es verschluckte sämtliche Geräusche in der Umgebung, so dass ich nicht mit Gewissheit sagen konnte, ob der Jäger noch in der Nähe war. Genauso wenig konnte ich mir vorstellen, was er vorhatte, doch dass es nichts Gutes war, dessen war ich mir sicher. Waffen, das war das Wort, an das ich mich noch erinnerte. » Im Gegensatz zu mir werden Sie bis an die Zähne bewaffnet sein«, das waren seine Worte gewesen. Ein überwältigendes Gefühl von Hilflosigkeit überfiel mich. Hier saß ich also, inmitten des Sees, umgeben von ewiger Nacht. Blind, gefesselt und ohne die geringste Ahnung, welchen teuflischen Plan Maloneys Gehirn ausgeheckt hatte.
    Der Verband um meinen Kopf war mittlerweile so aufgeweicht, dass allein die Bewegung meines Kopfes reichte, um ihn zu lösen und ihn wie einen feuchten Lappen herabfallen zu lassen. Der Regen tat meiner verletzten Haut gut. Er kühlte die Wunden und wusch den salzigen Schweiß ab. Ich hob den Kopf und versuchte mit dem Mund einige Tropfen aufzufangen, um den schrecklichen Durst zu lindern, der mich quälte. Der Regen weckte meine Lebensgeister und vertrieb den pochenden Schmerz hinter den Schläfen. Als Erstes musste ich mich befreien, alles Weitere würde danach folgen. Meine Finger ertasteten eine grobe Schnur um meine Handgelenke, die von Feuchtigkeit durchtränkt war. Die Pflanzenfasern waren aufgequollen und hatten sich so fest zusammengezogen, dass ich den Versuch, ihn mit den Fingernägeln zu lösen, bald aufgeben musste. Ich tastete über den Boden auf der Suche nach einem scharfkantigen Gegenstand, um das Seil daran zu zerschneiden. Aber auch dieser Versuch scheiterte. Wie es schien, saß ich auf etlichen zylinderförmigen Objekten, die weder Ecken noch Kanten besaßen. Blieb als letzte Hoffnung, meine gefesselten Hände über das Ende des Rohrs zu streifen, das wie ein schiefer Mast aus dem Boden den Floßes ragte. Unter großen Mühen richtete ich mich auf. Aber ich musste feststellen, dass das Rohr zu lang war. Die Stange überragte mich um mindestens eine Haupteslänge. Auch mein Versuch, sie mit meinem Körpergewicht zu verbiegen, schlug fehl. Sie ließ sich um keinen Zentimeter bewegen. Wahrscheinlich war es eine der Stützstreben, mit denen die Schwimmer unter der Beaver befestigt gewesen waren, und was die aushielten, darüber bestand kein Zweifel.
    Keuchend vor Anstrengung sank ich wieder zu Boden. Noch einmal tastete ich über den Untergrund, doch meine Hoffnung, eine scharfe Kante zu finden, sank von Sekunde zu Sekunde. Was waren das nur für merkwürdige zylindrische Objekte, auf denen ich da saß? Sie fühlten sich an, als wären sie aus Kunststoff, doch ich konnte mich nicht erinnern, im Flugzeug etwas Derartiges gesehen zu haben. Sie waren lose zusammengepackt, doch wenn ich meine Finger aufs Äußerste streckte und in die Zwischenräume fuhr, spürte ich, dass sie an ihren unteren Enden miteinander verdrahtet waren. Sie waren verdrahtet?
    Plötzlich wusste ich, wo ich diese Dinger schon mal gesehen hatte und was das für Zeug war. Ein lähmender Schrecken fuhr mir durch die Glieder. Ich saß auf dicht gepacktem C4,

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