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Reptilia

Reptilia

Titel: Reptilia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Michaels gerötetes Gesicht auf. »Verzeihen Sie, Dr. Am … Ach, du bist es, David! Das zahl ich dir heim. He, warte mal ‘ne Sekunde.« Er wischte die Hände an seinem T-Shirt ab und eilte hinter mir her. »Was sind das für Geschichten, die hier über dich in Umlauf sind? Irgendetwas mit dem Kongo, habe ich gehört. Ist da was dran?«
    Großer Gott, dachte ich, Gerüchte verbreiten sich an dieser Universität schneller als ein Lauffeuer. Ich war noch nicht einmal richtig gelandet, und schon hatte Cheng davon erfahren. Die undichte Stelle musste sich im Umfeld von Professor Ambrose befinden. Vielleicht seine Sekretärin? Elisabeth wäre es durchaus zuzutrauen, dass sie Cheng davon erzählt hatte, schließlich gingen die beiden öfter mal zusammen aus.
    »Kongo?«, fragte ich, während ich atemlos um die nächste Ecke bog. »Was erzählst du da? Ich verstehe kein Wort.«
    »Liz hat solche Andeutungen gemacht.«
    Bingo, dachte ich. Auf meine Intuition konnte ich mich verlassen. Ich blieb vor dem Aufzug stehen und sah Cheng in die Augen. »Hör mal, ich weiß nicht, wovon du redest. Ich werde demnächst ein paar Tage im sonnigen Kalifornien verbringen und mir Palmbridge Enterprises ansehen, ein Genforschungszentrum, das einem alten Kollegen meines Vaters gehört. Nichts weiter. Ich habe eine Einladung dorthin erhalten und finde, das ist eine Gelegenheit, die man sich nicht entgehen lassen sollte.«
    »Palmbridge, cool«, sagte Cheng. »Hab schon davon gehört. Die sollen ja weltweit führend in der Virenimmunisierung sein. Nimmst du mich mit?«
    »Cheng«, sagte ich mit der warmherzigsten Stimme, die ich aufbringen konnte. »Ich komme gerade erst vom Flughafen, habe kaum geschlafen, stinke wie ein Iltis und muss bald wieder weg. Ich bin praktisch gar nicht anwesend. Folglich kann ich dich auch nirgendwohin mitnehmen. Die Einladung gilt außerdem nur für eine Person. Und jetzt wäre ich dir sehr dankbar, wenn ich für ein paar Stunden ungestört meinen Kram erledigen könnte.«
    »Klar. Kein Problem. Hab ja auch noch viel zu tun, ehe mir Ambrose wieder den Saft abdreht.« Er sah mich aus den Augenwinkeln an. »Und du bist ganz sicher, dass du nicht in den Kongo fliegst?«
    »Mach’s gut, Cheng.« Ich öffnete die Aufzugtür, ließ ihn stehen und fuhr in den fünften Stock. In meinem Büro feuerte ich die Reisetasche in die Ecke und ließ mich mit einem Seufzer der Erleichterung in meinen Arbeitsstuhl sinken. Mein Körper fühlte sich an, als würde er direkt aus einer Schwerkraftzentrifuge kommen. Wie manche Menschen es aushielten, dauernd um den Globus zu reisen, ohne dabei den Verstand zu verlieren, war mir ein Rätsel. Ich jedenfalls war von der Aussicht, morgen schon wieder ins Flugzeug steigen zu müssen, nicht begeistert. Ich hatte noch so viel zu erledigen. Und dann brauchte ich noch dringend eine Mütze Schlaf. Erschöpft ließ ich mich in den Stuhl sinken, faltete die Hände hinterm Kopf und schloss die Augen. Endlich Ruhe.
    Als ich das nächste Mal auf die Uhr blickte, war der Zeiger um eine halbe Stunde vorgerückt. Auf den Gängen herrschte nun die übliche Betriebsamkeit.
    »Verdammt!« Ich richtete mich kerzengerade auf und rieb mir die Augen. Zum Glück hatte ich nur eine halbe Stunde gedöst. Wäre der Stuhl nur eine Spur bequemer gewesen, hätte ich sicher den Rest des Tages in Morpheus’ Armen verbracht. Dabei hatte ich noch so viel zu erledigen. Ich griff nach dem Telefon und wählte eine Nummer. Es hatte keinen Sinn, sich noch länger vor diesem Anruf zu drücken. Mit einem unguten Gefühl wartete ich. Es dauerte nicht lange und eine weibliche Stimme meldete sich.
    »Sarah Hatfield, hallo?«
    Ich hatte einen Kloß im Hals. »Ich bin’s, David.«
    Pause.
    »Hallo, Sarah, bist du noch dran?«
    Die Stimme auf der anderen Seite klang seltsam gepresst. »Du bist ganz schön mutig, hier anzurufen.«
    »Ich muss dich sehen. Hast du Zeit?«
    »Wann?«
    »Sofort.«
    Sie zögerte einen Moment. »Was ist passiert?«
    »Das kann ich dir am Telefon nicht sagen, aber es ist wichtig. Ich lad dich zu ‘nem Kaffee in der Cafeteria ein.«
    »Wie romantisch. Du hast doch nicht etwa vor, dich zu entschuldigen, oder?« An der Art, wie sie das letzte Wort betonte, erkannte ich, dass sie genau das von mir erwartete.
    »Bitte, Sarah, darüber haben wir doch schon gesprochen.«
    »Gar nichts haben wir. Wenn ich deiner Erinnerung mal kurz auf die Sprünge helfen darf: Du hast gesagt, du würdest dich melden, mich zum

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