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Reptilia

Reptilia

Titel: Reptilia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Krämern aller Art geworden. Kein Wunder, saßen wir doch in dem einzigen Fahrzeug weit und breit, das keine nennenswerten Rostschäden aufwies.
    »Keine Rushhour, nein. Dummerweise haben sie heute Morgen die Périphérique gesperrt. Es gibt keinen anderen Weg als durch dieses Getümmel.« Sie drehte die Scheibe herunter und rief einem Trupp von Fahrradfahrern vor uns etwas hinterher, das, auch ohne dass ich ein Wort verstand, höchst unfreundlich klang. Die Worte verfehlten nicht ihre Wirkung, und der Trupp löste sich anstandslos auf. Als wir an ihnen vorbeifuhren, gab es Gelächter und Gejohle. Elieshi reckte ihre Hand mit erhobenem Mittelfinger aus dem Fenster.
    Danach ging es besser voran. Wir hatten das Schlimmste hinter uns. Keine zehn Minuten später hatten wir das Universitätsgelände erreicht. Das Gebiet war großräumig umzäunt, und der Wachmann, der uns am Pförtnerhäuschen in Empfang nahm, ließ sich meine Ausweispapiere zeigen. Elieshi und er schienen gut befreundet zu sein, denn sie scherzten und lachten eine Weile. Dabei hatte ich mehr als einmal das Gefühl, dass es um mich ging. Da ich nicht als schlechter Verlierer dastehen wollte, lächelte ich ebenfalls, und als der Mann die Schranke hob und uns durchwinkte, warf ich ihm einen fröhlichen Gruß zu. Elieshi blickte mich schief an, steuerte den Mégane um eine Reihe von Holzhäusern herum und stellte ihn auf dem Besucherparkplatz im Schatten einiger Fächerpalmen ab.
    »So, da wären wir. Willkommen an der Universität von Brazzaville. Schnappen Sie sich Ihre Taschen und folgen Sie mir.«
    Sie griff nach einem Pappkarton, der auf der Rückbank lag und stieg aus. Ich ging zum Kofferraum, holte meine beiden Taschen heraus und eilte ihr hinterher. Sie ging auf eine Reihe von weiß getünchten Holzbaracken zu, vor deren Fenstern schwere Eisengitter angebracht waren. Als wir Nummer zwölf erreicht hatten, klemmte sie sich die Schachtel unters Kinn, zog einen riesigen Schlüsselbund aus der Hosentasche und schloss auf. Innen empfing uns brütende Hitze, vermischt mit einem Geruch von Desinfektionsmitteln und Mottenkugeln. Die Einrichtung bestand im Wesentlichen aus einem Bett, über dem ein langes Moskitonetz hing, einem termitenzerfressenen Kleiderschrank und einem Sessel, der so brüchig aussah, dass sich nur ein Lebensmüder freiwillig darin niedergelassen hätte. »Das sind unsere Gästehäuser. Etwas Besseres werden Sie in der ganzen Stadt nicht finden. Fühlen Sie sich ganz wie zu Hause«, sagte sie, doch ich hatte den Eindruck, dass sie es überhaupt nicht so meinte. »Wenn Sie möchten, können Sie noch ein wenig schlafen und sich frisch machen.« Sie blickte auf die Uhr. »In einer guten Stunde, um halb sechs, treffen wir uns draußen auf dem Parkplatz und gehen etwas essen. Okay?«
    »Wo sind denn die anderen?«, fragte ich.
    »Ich vermute unten an den Docks. Sie wollten bis zum Abend den Großteil der Ausrüstung verladen haben, damit wir morgen früh zeitig starten können.«
    Ich setzte mich auf den Rand des Bettes. »Was denn, schon morgen? Das geht aber alles ziemlich plötzlich.«
    »Time is money, nicht wahr? Lady Palmbridge ist zwar reich, aber so reich nun auch wieder nicht. Außerdem ist sie ungeduldig. Immerhin handelt es sich ja um die Rettung ihrer Tochter.«
    Ich runzelte die Stirn. Vielleicht wusste Elieshi doch mehr, als ich vermutete. Ich wagte jedoch nicht danach zu fragen, ehe ich mit Maloney und Sixpence geredet hatte. »Ja, stimmt schon. Ist denn das Material schon verpackt?«
    »Darum habe ich mich bereits gekümmert. Was Maloney und Sixpence dabeihaben, weiß ich nicht, sie haben mir den Inhalt ihrer Kisten nicht gezeigt, aber es war nicht gerade wenig. Was mich betrifft, so habe ich die letzten drei Wochen fast ausschließlich damit verbracht, Zelte, Kocher, Proviant, Medikamente und technisches Gerät zusammenzustellen.«
    Ich pfiff durch die Zähne. Elieshi schien ganz schön anpacken zu können, wenn es nötig war. Es tat mir leid, dass wir so einen schlechten Start gehabt hatten. Sie klemmte sich ihren Pappkarton unter den Arm, wandte sich zum Gehen und deutete nebenbei auf das Mückennetz. »Ich würde Ihnen übrigens dringend raten, das da zu benutzen. In Brazzaville leiden siebzig Prozent der Bevölkerung unter Malaria.«
    »Danke«, brummte ich. »Ich werde dran denken.«
    Als sich Elieshi zum Gehen wandte, fiel mir noch etwas ein. »Was ich Sie noch fragen wollte: Haben wir auch einen Geigerzähler

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