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Reptilia

Reptilia

Titel: Reptilia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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schweißtreibenden Hitze und den Moskitos. Wie gern hätte ich jetzt in meiner Stammkneipe gesessen, dem Angels , mit einem Bitter in der Hand und einer soliden Portion Fish and Chips vor mir. Vielleicht würden Paula und Martin noch dazustoßen, dann würde es mit Sicherheit wieder spät werden. Andererseits spürte ich jetzt das Adrenalin durch meine Adern strömen. Ich brannte darauf zu erfahren, welches Geheimnis sich hinter unserem Auftrag verbarg. Verdammte Zwickmühle.
    Elieshi kutschierte uns mit gewohnt halsbrecherischer Geschwindigkeit in Richtung Stadtzentrum. Doch diesmal war mir das Tempo egal. Sollten sich doch die anderen darüber ärgern. Ich war ausgeruht und wartete gespannt auf das, was der Abend für mich bereithielt.
    Wir passierten den Palais du Peuple, den Marché de Plateau und die berühmte Kathedrale von Brazzaville. Die besseren Viertel mit ihren zweistöckigen, weiß gestrichenen Häusern im Kolonialstil, den schmiedeeisernen Balkonen, flachen Dächern und gepflegten Vorgärten flogen nur so an uns vorbei, und ehe ich mich versah, befanden wir uns wieder im brodelnden Stadtzentrum. Seit den frühen Nachmittagsstunden hatte sich hier nicht viel verändert. Die Straßenhändler priesen noch immer lautstark ihre Waren an, und einer von ihnen versuchte sogar, uns eine armdicke Maniokwurzel ins Auto zu schieben. Glücklicherweise reagierte Sixpence geistesgegenwärtig und drehte die Scheibe hoch. Elieshi fuhr uns an die Uferpromenade und stellte das Auto gegenüber der US-Botschaft ab, vor der zwei grimmig dreinblickende Wachen standen. Ein kurzes Gespräch und ein saftiges Trinkgeld später kam sie zu uns zurück.
    »So, das Auto ist sicher. Es gibt keinen besseren Platz in der ganzen Stadt, wenn man nicht mit dem Taxi heimfahren will. Unser Restaurant liegt gleich um die Ecke, folgen Sie mir.«
    »Sehen Sie sich das an«, sagte Sixpence zu mir und deutete auf den Kongo, der an dieser Stelle so breit war, dass man das gegenüberliegende Ufer kaum noch ausmachen konnte. »Der Malebo-See und die Ile de Mbamou. Auf der anderen Seite liegt das ehemalige Zaire. Sehen Sie sich all die vielen Boote an. Ist das nicht ein unglaublicher Anblick?«
    Ich musste ihm Recht geben. Hunderte von kleinen Fischerbooten lagen auf dem Wasser, und in jedem brannte eine kleine Öllampe. Ich hatte das Gefühl, auf einen funkelnden Nachthimmel zu blicken. Die Insel, die der Kongo zu beiden Seiten weitarmig umfloss, ragte wie eine schwarze Burg inmitten des Sees auf. Ein letzter Schimmer des vergangenen Tages strich über ihre Flanken. Es war ein Bild, wie es keine Kamera auf der Welt hätte einfangen können. Ich wünschte mir, Sarah hätte das auch sehen können. Sie liebte solche Momente, die sie als magische Augenblicke bezeichnete. Ich wäre gern noch etwas am Wasser entlanggegangen und hätte meine Füße in den Fluss gehalten, der träge gegen die Uferbefestigung schwappte, doch Elieshi zog uns Richtung Innenstadt, und wenige Minuten später standen wir vor dem Restaurant mit dem blumigen Namen Serpente d’Or.
    »So, da wären wir«, sagte sie, während sie uns die Tür aufhielt. »Der beste Vietnamese in der Stadt. Nord-Vietnamese, um genau zu sein.«
    »Warum gehen wir nicht traditionell essen«, fragte ich beim Hineingehen.
    Sie runzelte die Stirn. »Sie meinen afrikanische Küche? Haben Sie die schon mal gekostet?«
    »Nein«, gestand ich freimütig ein. »Auf den Reisen mit meinem Vater hatten wir immer einen pakistanischen Koch dabei. Deshalb bin ich ja so neugierig.« Ich bemerkte, wie Maloney und Sixpence sich zuzwinkerten.
    Elieshi stemmte die Hände in die Hüften. »Erstens glaube ich nicht, dass Ihnen fettes Ziegenfleisch mit Maniokwürfeln und gekochter Banane besonders gut schmecken würde«, sie grinste, »und zweitens werden Sie dazu im Verlauf der Reise noch genug Gelegenheit haben. Einen guten Asiaten werden Sie im Urwald hingegen kaum finden. Und jetzt hinein mit Ihnen.«
    Sie gab mir einen kleinen Stoß und ließ die Tür hinter uns zufallen.
    Das Restaurant war gut besucht. An den geschmackvoll dekorierten Tischen wurde im Dämmerschein der Lampen leise geredet. Die Bedienung, eine hübsche Vietnamesin mit kurz geschnittenem, pechschwarzem Haar, führte uns an unseren Tisch und zündete eine Kerze an. Mir fiel sofort auf, dass für fünf Personen gedeckt war.
    »Erwarten wir noch jemanden?«
    »Der Abgesandte des Forschungsministeriums wird uns noch einen kurzen Besuch abstatten«,

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