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Reptilia

Reptilia

Titel: Reptilia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Maul und spie eine eklige, weiße Flüssigkeit auf mich herab.
     
    *
     
    Mit einem Ruck fuhr ich auf und fand mich eingesponnen in weiße Fäden. Eine Schrecksekunde lang glaubte ich, es handele sich tatsächlich um den klebrigen Speichel der Bestie, aber dann stellte ich fest, dass es nur das Moskitonetz war.
    »Na, Mr. Astbury, schlecht geträumt?«
    Ich fuhr zusammen. Im Sessel gegenüber saß Stewart Maloney. »Oh Mann, haben Sie mir einen Schreck eingejagt«, murmelte ich, nachdem ich mich erholt hatte. »Müssen Sie sich denn so anschleichen?« Ich angelte nach meiner Hose, die ich irgendwo neben das Bett geworfen hatte, und zwängte mich hinein.
    »Ich habe geklopft wie ein Verrückter, aber Sie haben so tief geschlafen, dass nicht mal eine Horde Elefanten Sie hätte wecken können.« Maloney streckte sich genüsslich. »Ist es nicht herrlich hier?«, sagte er, ohne auf meinen Vorwurf einzugehen. »Dieser Geruch, diese wunderbaren Temperaturen. Ist mal was anderes, als immer nur im Labor zu hocken, was? Heute werden Sie eine ganz neue Welt kennen lernen, seien Sie also gewappnet. Sie sollten übrigens besser aufpassen«, sagte er, nachdem ich auch mein T-Shirt wiedergefunden und angezogen hatte.
    »Worauf denn?«
    »Sie haben zu nah am Moskitonetz gelegen«, sagte er und deutete dabei auf den weißen Stoff. »Wenn Ihre Haut direkten Kontakt mit dem Netz hat, können die kleinen Biester sie trotzdem stechen. Sie haben sich doch Medikamente gegen Malaria besorgt, oder?«
    »Ja, Lariam. Man sagte mir, es sei das beste Mittel, das es zurzeit gibt.«
    Er nickte. »Es wirkt allerdings wie eine Keule. Danach sind Sie erst mal ein paar Tage außer Gefecht gesetzt. Mein Rat: Reiben Sie sich mit Nelkenöl ein, und lassen Sie sich nicht stechen. So, dann wollen wir mal. Ich hoffe, Sie haben Appetit. Ich bin jedenfalls hungrig wie ein Bär.«
    Erst jetzt fiel mir auf, dass seine Augen grün waren. Smaragdgrün. Ich begann mich zu fragen, welche tiefere Bedeutung der Traum haben mochte, doch Maloney ließ mir keine Zeit. Er schleuderte mir meine Boots vor die Füße und wuchtete sich aus dem Sessel. »Ich warte draußen auf Sie, Mr. Astbury. Beeilen Sie sich.«
    Ich zog die Schuhe an, stopfte mein Hemd in die Hose und eilte ins Bad, um mich zumindest zu kämmen und mir die Zähne zu putzen. Der Rollladen hing an einer Stelle etwas herunter, so dass ich einen Blick durch das milchig angelaufene Glas nach draußen erhaschen konnte. Maloney spazierte geradewegs auf den Renault Mégane zu, an dem sich auch schon Elieshi und Sixpence eingefunden hatten. Sie unterhielten sich, während das Licht der untergehenden Sonne karmesinrote Strahlen über den Himmel warf. Es musste mindestens sechs Uhr abends sein. Schnell noch eine Hand voll Wasser ins Gesicht, dann war ich fertig und auf dem Weg nach draußen. Über dem Parkplatz und dem dahinter liegenden Universitätsgebäude gingen bereits die ersten Sterne auf. Das Kreuz des Südens war als markantes Sternenbild zu erkennen, ein Leuchtfeuer am Firmament.
    »Ah, da kommt ja unser Langschläfer«, scherzte Sixpence, als ich mich näherte. Er ging auf mich zu und schüttelte mir die Hand. »Schön, Sie wiederzusehen, David.« Er knuffte mir scherzhaft gegen die Schulter, und ich hatte das Gefühl, dass er sich ehrlich freute. »Nach unserem Gespräch bei Lady Palmbridge haben sich unsere Wege ja ziemlich schnell getrennt. Hatten Sie einen guten Flug? Wir haben uns schon Sorgen um Sie gemacht. Schwere Träume, nicht wahr? Das kenne ich. Hier im Süden träumt man dauernd davon, von irgendetwas gefressen zu werden.« Er plauderte wie ein Wasserfall, doch ich genoss den Wortschwall. Er hatte etwas Beruhigendes inmitten der fremden Umgebung. Just in diesem Augenblick flammte nebenan eine Straßenlaterne auf und tauchte den Parkplatz in natriumgelbes Licht.
    Wir öffneten die Türen und stiegen ins Auto. Elieshi am Steuer, neben ihr Maloney, Sixpence und ich hinten. Die Biologin fuhr los und steuerte das Fahrzeug an einigen Studenten vorbei, die soeben einen der Hörsäle des Hauptgebäudes verlassen hatten. Im Gegensatz zu Elieshi waren sie alle schick gekleidet, trugen weiße Blusen und Röcke oder schwarze Anzüge mit Krawatte. Unsere Begleiterin schien hier einen Sonderstatus zu genießen.
    Während wir zum Haupttor hinausfuhren und auf die vierspurige Avenue einbogen, dachte ich daran, wie gern ich jetzt zu Hause wäre. An meiner eigenen Universität, fernab von dieser

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