Reptilia
erläuterte Elieshi. »Er wollte uns die Reisedokumente, die wir innerhalb der Staatsgrenzen brauchen, persönlich vorbeibringen.«
Stewart Maloney runzelte die Stirn. »Er wird uns doch hoffentlich keine Scherereien machen, so kurz vor der Abreise.«
Elieshi zuckte mit den Schultern. »Das weiß man nie so genau. Kann sein, dass er Sie einfach nur kennen lernen und Ihnen Glück wünschen will, kann aber auch sein, dass er Sie des Landes verweisen möchte. Lassen wir uns doch einfach überraschen.« Ich wunderte mich, wie offen Elieshi über ihr Land und ihre Regierung sprach. Als stünde sie über all diesen Dingen. Sie schien in vielerlei Hinsicht ein Paradiesvogel zu sein.
»Na bestens«, sagte Maloney. »Ich glaube, ich brauche jetzt erst mal einen Aperitif. Haben Sie Whisky?«, wandte er sich an die Kellnerin, die die ganze Zeit geduldig gewartet hatte.
»Wir haben einen Talisker Single Malt, wenn Sie mögen«, sagte sie. Ich entdeckte den Anflug eines Lächelns in ihrem Gesicht. Maloney nickte anerkennend. »Talisker, hm? Sehr schön.« Er rieb sich die Hände. »Ein Single Malt von der Isle of Skye, den kann ich Ihnen empfehlen.«
Elieshi und Sixpence schlossen sich an, doch mir war ein kühles Bier lieber. Die Bedienung verschwand und kam kurz darauf mit drei Whiskygläsern und einer Flasche Primus wieder. »Was ist denn das für eine Marke«, fragte ich erstaunt, während ich mir einschenkte. »Belgisch?«
»Von wegen.« Elieshi tat entrüstet. »Echtes kongolesisches Bier, hier gebraut und abgefüllt.« Sie hob ihr Glas. »Auf eine erfolgreiche Expedition und eine gesunde Heimkehr.« Maloney lächelte sie charmant an. »Darauf stoße ich gerne an. Cheers.«
Wir bestellten uns, auf Empfehlung der hübschen Asiatin, eine große Reistafel mit Meeresfrüchten und setzten unsere Unterhaltung fort. Elieshi schüttelte den Kopf und lachte. »Loxodonta africana pumilio. Ich muss Ihnen gestehen, ich kann es kaum erwarten, endlich loszuziehen. Habe ich ein Glück, dass Ihre Wahl auf mich gefallen ist.«
Ich hob erstaunt den Kopf. »Was haben Sie gerade gesagt?«
»Ich sprach von Loxodonta pumilio, dem Zwergelefanten. Das Tier, hinter dem auch Emily Palmbridge her war. Ich frage mich, was ihr wohl zugestoßen ist. Na, egal. So lange schon wünsche ich mir, endlich mal ein Exemplar vor die Kamera zu bekommen, doch es waren nie Gelder für eine eigenständige Forschungsreise zu bekommen. Zu uninteressant, hieß es, zu wenig erforscht. Als ob man ein Problem damit aus der Welt schafft, dass man es ignoriert. Und dann immer das dumme Argument, dass es ihn gar nicht geben würde, dass er nur ein Hirngespinst sei. Ich bin überzeugt davon, dass er lebt, irgendwo da draußen. Und wir werden ihn finden.« Damit hob sie ihr Glas und leerte es in einem Zug. Ich blickte verstohlen zu Maloney, aber der gab mir mit einem eindeutigen Blick zu verstehen, jetzt den Mund zu halten.
Hatte ich es doch geahnt. Elieshi hatte keinen Schimmer, was das eigentliche Ziel unserer Reise war. Oh, wie ich es hasste, immer Recht zu haben. Aber warum hatte man sie nicht eingeweiht? Hatte man befürchtet, dass sie sonst abgesprungen wäre? Wohl kaum. Eine Legende wie Mokéle m’Bembé zu suchen, hätte sie wahrscheinlich noch viel mehr in Aufregung versetzt als die Suche nach dem Zwergelefanten. Was also mochte der wahre Grund sein?
Während ich noch betreten in mein Glas starrte, fuhr die Biologin fort, voller Begeisterung von der bevorstehenden Expedition zu reden. »Wissen Sie, dass ich während meiner bisherigen Forschungen über Waldelefanten bereits damit begonnen habe, nebenher einen Ordner über Zwergelefanten anzulegen? Hat natürlich niemand erfahren, denn dann hätte man mir das gesamte Projekt streichen können, aber ich hab’s trotzdem gemacht. Ich habe sogar Spuren gefunden und fotografiert und die Bilder dann bei einer Präsentation ganz unauffällig unter die anderen Aufnahmen gemischt. Nur um mal zu sehen, was passiert.«
Maloney beugte sich vor. »Und was ist passiert?«
»Nichts!« Elieshi schlug die Hände auf den Tisch. »Absolut nichts. Die Herren Gelehrten haben sich die Aufnahmen angesehen und entschieden, dass es sich um die Abdrücke juveniler Waldelefanten handelt. Dabei lagen die Aufnahmen echter Jungtiere direkt daneben, und Sie können mir glauben, die sehen anders aus. Solche Vorfälle haben mich darin bestärkt, meine Forschung im Geheimen weiterzuverfolgen. Mein Ordner ist schon so dick«, sie legte
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