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Reptilia

Reptilia

Titel: Reptilia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Grenzen benötigt, und wir verfügen nicht über die Ressourcen, eine groß angelegte Suchaktion durchzuführen.«
    »Dafür haben Sie ja uns«, sagte Maloney. »Ohne Ihnen nahe treten zu wollen, glaube ich, dass wir dieser Aufgabe besser gewachsen sind als Ihre Leute. Wir arbeiten im Verborgenen und mit größerer Diskretion, wenn Sie wissen, was ich meine.«
    Bei dieser Bemerkung warf er Assis einen Blick zu, der mich irritierte. Es schien, als teilten die beiden ein Geheimnis. Ich wagte nicht zu fragen, was während der Bergung der Kamera geschehen war, doch ich spürte, dass man offensichtlich Stillschweigen vereinbart hatte. Und ich erinnerte mich an Sarahs Warnung.
    In diesem Moment wurde der Champagner serviert, und wir stießen auf eine erfolgreiche Reise an. Jean Paul Assis leerte sein Glas mit undiplomatischer Schnelligkeit und tupfte sich den Mund mit der Stoffserviette ab. Dann winkte er seine Bodyguards heran und ergriff seinen Koffer. »So, es ist Zeit. Ich hoffe, Sie halten mich nicht für unhöflich, aber ich muss Sie nun verlassen. Wie gern hätte ich noch länger mit Ihnen geplaudert, aber Sie wissen ja: Termine. Nur eines hätte mich noch interessiert …«, er fuhr sich mit der Hand über seine kurzen, weißen Haare. » Wie kommt es, dass die Amerikaner plötzlich so ein großes Interesse an dem Thema Zwergelefanten haben?«
    Die Frage ließ mich erstaunt auffahren.
    Er wusste also von nichts. Das Geheimnis, das zwischen ihm und Maloney bestand, hatte offenbar nichts mit unserem Auftrag zu tun. Mehr noch, es schien, als habe der Staatssekretär, und mit ihm die gesamte Regierung der Republik Kongo, nicht die geringste Ahnung, was das eigentliche Ziel unserer Operation war. Die Lüge vom Zwergelefanten existierte offenbar, seit Emily zum ersten Mal einen Fuß in dieses Land gesetzt hatte.
    Assis’ Frage schien Malcolm nicht zu überraschen, im Gegenteil. Er machte den Eindruck, als ob er geradezu darauf gewartet hatte. »Oh, das ist leicht zu erklären«, schmunzelte er. »Das Zauberwort heißt Genforschung. Wie Sie wissen ist Lady Palmbridge Aufsichtsratsvorsitzende eines der führenden Unternehmen dieser Branche.«
    »Ja, das ist mir bekannt.«
    »Ein Lebewesen zu klonen, das viele für ausgestorben halten und das obendrein so niedlich ist wie der Zwergelefant, würde der Genforschung einen ungeahnten Schub an Sympathie einbringen. Und eine Menge Geld, wenn man diese Tiere züchten und an Zoos verkaufen könnte. Der wirtschaftliche Profit aus den Lizenzerlösen könnte ihren Staatshaushalt auf Jahre hinaus sanieren.«
    »Dann haben Sie also gar nicht vor, ein lebendes Exemplar außer Landes zu schaffen?«
    »Das war nie Teil unseres Planes. Alles, was wir wollen, sind ein paar DNS-Proben, aus denen wir dann die Klone züchten.«
    Assis hüstelte verlegen. » Ein schöner Traum. Besonders in den Augen der ortsansässigen Naturschutz-Organisationen, denen, das darf ich Ihnen verraten, Ihre Expedition seit Anbeginn ein Dorn im Auge ist. Der Traum hat nur einen Haken. Es gibt keinen Zwergelefanten. Das Ganze ist nur eine Legende, genau wie die Geschichten von Mokéle m’Bembé.« Er lachte trocken. »Eine Ausgeburt der Fantasie.«
    Wir standen auf, um unserem Gast zum Abschied die Hand zu schütteln. »Wir werden sehen, Monsieur Assis«, sagte Maloney. »Wir werden sehen.«

16
    Mittwoch, 10. Februar
     
    Dumpfe Schläge donnerten gegen meine Zimmertür.
    »Sind Sie fertig?«, hörte ich Sixpence von draußen rufen. »Bin gleich so weit«, rief ich zurück und wischte mir den restlichen Rasierschaum aus dem Gesicht. »Nur noch einen kleinen Moment.«
    Der Tag begann mit der gebührenden Aufregung und Ungeduld. Heute würde es endlich losgehen. Schon der Gedanke daran versetzte mich in freudige Erregung. Die Zweifel und Ängste, die mich gestern fast noch erdrückten, hatten sich still und heimlich in die hinterste Ecke meines Bewusstseins verkrochen. Übrig geblieben war die Vorfreude auf das bevorstehende Erlebnis. Endlich hatte mich das Abenteuerfieber gepackt, und zwar mit Haut und Haaren.
    Ich putzte mir schnell die Zähne und grinste mein Spiegelbild an. Dann warf ich alles in meinen Waschbeutel, verstaute ihn in meinem Rucksack, sandte noch einen letzten prüfenden Blick durchs Zimmer und verließ den Bungalow. Sixpence erwartete mich auf dem obersten Treppenabsatz. »Schick gemacht für den großen Tag?«, lachte er und klopfte mir auf die Schulter. Dabei fiel mir auf, dass er heute Sandalen

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