Reptilia
denn da? Hat Ihnen denn niemand etwas gesagt?«
»Wer soll mir was gesagt haben?«
Sixpence konnte seine Erheiterung nur mit Mühe verbergen, blieb mir aber eine Antwort schuldig. Verwundert blickte ich mich um. Selbstverständlich hatte ich angenommen, wir würden mit einem Schiff den Kongo hinauffahren. Unser Taxi bog um die nächste Lagerhalle und ich erkannte, worüber er sich so amüsierte. Der Grund für seine gute Laune schaukelte auf zwei Schwimmern sanft auf dem Wasser, hatte einen orangefarbenen Rumpf mit weißen Streifen, Tragflächen und einen Propeller.
Ein Flugzeug.
Besonders groß sah es allerdings nicht aus. Knapp zehn Meter lang mit einer Spannweite, die nicht mehr als fünfzehn Meter betrug. Überdies wirkte es etwas heruntergekommen.
»Mich trifft der Schlag«, brach es aus mir heraus. »Wo haben Sie denn die alte Kiste aufgetrieben?«
»Diese Kiste ist eine De Havilland DHC-2 Beaver, eines der leistungsfähigsten Transportflugzeuge, die je gebaut wurden. Seit fünfzig Jahren ununterbrochen im Einsatz. Und man kann sie mieten.«
»Teuer?«
»Astronomisch, aber wie sagte doch Mrs. Palmbridge am Abend unseres Empfangs so treffend, Geld spielt bei diesem Unternehmen keine Rolle. Eigentlich wird die Maschine nur gebraucht, um reiche Geschäftsleute hin und her zu transportieren. Stammt eigentlich aus Kanada, ein echter Oldtimer, aber unübertroffen in puncto Zuverlässigkeit. Außerdem hat sie einen entscheidenden Vorteil gegenüber luxuriöseren Maschinen …«, er zwinkerte mir zu. » Sie ist dafür ausgelegt, selbst auf kleinsten Wasserflächen zu landen. Wenn Sie wissen, was ich meine.«
Das Taxi hielt, und Sixpence drückte dem Fahrer nochmals einen Geldschein in die Hand. Freudestrahlend half dieser uns, das Gepäck auszuladen, ehe er sein Auto wendete, uns in eine Staubwolke hüllte und davonfuhr. Außer uns beiden sowie Maloney und Elieshi, die das Flugzeug beluden, konnte ich niemanden ausmachen. »Kein Pilot?«
»Brauchen wir nicht«, sagte Sixpence.
In diesem Moment kam uns Maloney den hölzernen Steg entgegen, seine ölbeschmierten Hände an einem Lappen abwischend und mit einem breiten Grinsen im Gesicht. »Da seid ihr ja endlich. Wurde schon langsam ungeduldig.« Er klopfte mir auf die Schulter. »Ich wollte Ihnen noch dafür danken, dass Sie gestern so fabelhaft mitgespielt haben.« Er warf einen kurzen Blick auf das Flugzeug, wo Elieshi sich aufhielt. »Sie verstehen schon, was ich meine.«
Meine Laune verdüsterte sich. »Das ist ein Thema, über das wir noch reden müssen.«
Er musterte mich, dann nickte er. »Gut. Einverstanden. Aber bis es so weit ist, haben wir noch viel zu erledigen. Ich habe eben noch mal den Ölstand geprüft«, sagte er. »Sieht gut aus.«
»Pilot, Techniker, Sie beide scheinen so eine Art Allroundgenies zu sein«, sagte ich. Um Malcolms Mund spielte ein feines Lächeln. »Genies vielleicht nicht, aber es gibt kaum ein Fahrzeug, dass wir nicht warten oder bedienen können. Das ist notwendig fürs Überleben, wenn man sich, Hunderte von Kilometern von jeglicher Zivilisation entfernt, in der Wildnis befindet. Was würden Sie denn machen, wenn Ihnen im Outback ein Reifen platzt? Die Straßenwacht anrufen?«
Die beiden Australier lachten.
»Aber ein Flugzeug? Ich muss schon sagen, ich bin beeindruckt.«
»Na, dann lassen Sie sich noch mehr beeindrucken und kommen Sie an Bord. In wenigen Minuten geht’s los.« Er klopfte mir freundschaftlich auf die Schulter. Dann nahm er Sixpence beiseite, und ich hörte, wie die beiden in ein Fachgespräch über optimale Gewichtsverteilung und andere Details versanken. Mit meinem Rucksack in der Hand ging ich den wackeligen Holzsteg entlang bis unter die Tragfläche, stieg auf einen der Schwimmer und dann zwei Metallstufen hinauf in den Rumpf des Flugzeugs. Elieshi, die sich in gebückter Haltung im hinteren Teil des Rumpfes am Gepäck zu schaffen machte, bemerkte mich und half mir beim Einsteigen.
»Guten Morgen, Professor«, sagte sie gut gelaunt. »Ist das nicht fantastisch? Was halten Sie davon?«
»Na, ich weiß nicht …« Ich blickte mich skeptisch um. Das Flugzeug hatte schon von außen klein gewirkt. Innen aber war es geradezu winzig. Jeder Quadratzentimeter war voll gestopft mit Kisten, Taschen und Säcken, so dass ich Mühe hatte, mich um meine eigene Achse zu drehen. Außerdem verursachte mir die gebückte Haltung schon jetzt Rückenschmerzen.
» Ach, jetzt seien Sie nicht so ein Griesgram«,
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