Reptilia
reagierte augenblicklich, kippte mit der Nase nach vorn und begab sich in einen abenteuerlichen Sinkflug. Ich zog den Knüppel zu mir und fing das Flugzeug ab. Allerdings hatte ich es zu gut gemeint, denn kurze Zeit später schossen wir steil nach oben. Eine Weile ging das gut, doch dann schaffte es der Motor nicht mehr, und die Maschine kippte wieder nach unten. »Überzogen«, rief Sixpence mit einem schadenfrohen Grinsen. »Versuchen Sie es mal mit sanfteren Bewegungen.«
Meine schweißnassen Hände rutschten am Lenkrad ab, als ich mich bemühte, den Sturzflug abzufangen.
»Muss das denn wirklich sein, Six’?«, hörte ich Malcolm von hinten brummeln. »Du hast doch bestimmt Wichtigeres zu tun, als Mr. Astbury Flugunterricht zu erteilen.«
»Nur noch ein wenig Geduld«, entgegnete dieser. »Es dauert nicht mehr lange. Er hat den Bogen bald raus.«
Und tatsächlich, nach drei endlos scheinenden Minuten bekam ich die Maschine unter Kontrolle. Sie hörte auf zu bocken und zu wiehern und folgte brav meinen Anweisungen.
Ich atmete durch. Meine Hände zitterten, und ich fühlte, wie mir der Schweiß an den Schläfen herablief. Das Steuer fest umklammert, rechnete ich jeden Moment mit einem erneuten Ausbrechen des Flugzeugs. Doch nachdem nichts geschah, begann ich mich zu entspannen und das Fliegen zu genießen. Ich ließ mich von Sixpence sogar dazu ermutigen, einige Kurven zu fliegen, und nachdem mir das gelungen war, fühlte ich mich wie ein König. Es war ein erhebendes Gefühl, so über den Wolken zu schweben, mit nichts weiter als etwas Metall und Kunststoff unter dem Hintern.
»Glückwunsch, Mr. Astbury«, sagte Sixpence. »Damit haben Sie sich Ihre ersten Sporen verdient. Zur Belohnung dürfen Sie jetzt ganz übernehmen, während ich es mir bei einem Frühstück gemütlich mache. Wer hat noch Hunger?«
»Moment mal, das können Sie doch nicht tun. Ich weiß ja noch nicht mal, wo es hingeht.«
Sixpence tippte mit seinem Finger auf eine der zahlreichen Armaturen. »Sehen Sie den Altimeter? Unsere Höhe liegt bei viertausend Metern, das ist in Ordnung so. Versuchen Sie die zu halten.« Er tippte auf eines der Anzeigeinstrumente. »Das hier ist der künstliche Horizont, den halten Sie schön in der Mitte, und auf dem Kompass folgen Sie Nordnordost, in Ordnung? Um den Rest brauchen Sie sich im Moment keine Sorgen zu machen.«
»Zu Befehl.« Ich salutierte schneidig. Sollten die anderen doch an so profane Dinge wie Essen denken, ich hatte jetzt die Verantwortung. Ich war der Kapitän, und meine Mission lautete, die mir Anvertrauten sicher ans Ziel zu bringen. Yes, Sir.
Während das Steuerrad unter meinen Fingern vibrierte, flog ich uns hinaus in den heller werdenden Morgen. Nur wenige Minuten später hatten wir die letzten Überbleibsel menschlicher Zivilisation hinter uns gelassen. Rings um uns herum gab es jetzt nur noch Bäume, in weiter Ferne lag ein silbriges Band. Der wilde, unbezähmbare Kongo, das Grab des Weißen Mannes.
17
Egomo erwachte aus seiner Ohnmacht. Sein Gesicht lag im nassen Lehm, sein halb geöffneter Mund schmeckte die feuchte Erde. Er hatte Mühe, die Augenlider zu heben. Sein Gesicht, seine Hände, seine Arme, sein gesamter Körper waren mit Lehm bedeckt, der ihn aussehen ließ wie ein seltsam geformtes Stück Baumrinde. Mühsam und unter Schmerzen erhob er sich. Der Geschmack von Erde mischte sich mit Blut. Er strich sich über die Lippen.
Die Ereignisse der letzten Stunden rollten über ihn hinweg. Das schreckliche Massaker, das Auftauchen des Ungeheuers und dann seine panische Flucht durch den Urwald. Er hatte völlig den Kopf verloren, war einfach gerannt, gerannt, gerannt. Immer weiter, bis er vor Entkräftung und Verzweiflung ohnmächtig zusammengebrochen war. Dabei musste er wohl zurück zum See gelaufen sein, denn er befand sich fast genau an der Stelle, von der aus er aufgebrochen war.
Er sah an sich herab. Sein Körper war auf der einen Seite über und über mit Schürfwunden bedeckt. Manche von ihnen waren so tief, dass er durch den Lehm hindurch das rohe Fleisch schimmern sah. Als ob das noch nicht genug war, schmerzte seine Schulter, als habe ihm jemand ein glühendes Messer hineingestoßen. Mit zitternden Fingern ertastete er die Stelle und zuckte zusammen. Irgendetwas in seinem Inneren knirschte. Verzweifelt bemüht, bei Bewusstsein zu bleiben, rollte er sich auf seine gesunde Seite und begann, nach seiner Habe zu suchen. Er fand nichts. Weder seinen Proviantbeutel
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