Reptilia
bei den restlichen Kisten zur Hand gehen.«
»Augenblick noch.«
Maloney hob die Augenbrauen.
»Es gibt etwas, das ich mit Ihnen besprechen möchte, und zwar unter vier Augen.«
»Was meinen Sie?«
»Es geht um unsere Begleiterin.«
»Sie ist niedlich, nicht wahr?«
Mehr als ein schiefes Lächeln brachte ich nicht zustande. »Ich weiß nicht, ob niedlich das richtige Wort ist. Wir beide hatten keinen guten Start …«
» Ist mir nicht entgangen.«
»… aber sie hat trotzdem ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren. Warum haben Sie sie angelogen? «
»Ach das.« Er wischte sich eine imaginäre Staubflocke vom Ärmel und tat so, als handele es sich bei dem Thema um die größte Nebensächlichkeit der Welt. »Das kann ich Ihnen leicht erklären. Es dient der allgemeinen Sicherheit.«
»Verstehe ich nicht.«
»Nun, das rührt daher, dass Ihnen die Erfahrung fehlt. Die Erfahrung, wie bestimmte Dinge in Ländern wie diesen ablaufen. Nehmen Sie zum Beispiel diesen Staatssekretär, Alle sind zufrieden, solange wir uns auf der Suche nach dem Zwergelefanten befinden. Das Tier ist klein und unspektakulär genug, um von den zuständigen Behörden als unwichtig erachtet zu werden. Sagen Sie aber Mokéle m’Bembé , dann werden alle wach. Denn das ist etwas, für das sie sich selbst interessieren. Das ihnen Geld und Publicity bringen könnte. Da es für sie momentan unerreichbar ist, haben sie es erst mal ins Reich der Legenden verbannt, wo es friedlich vor sich hin schlummert. Währenddessen kümmern sie sich um ihre Geschäfte und warten darauf, dass jemand von außerhalb kommt, um ihnen die Arbeit abzunehmen. Aber ich werde das nicht sein, darauf haben Sie mein Wort. Elieshi wird aus Gründen der Verschwiegenheit erst dann etwas erfahren, wenn es unumgänglich ist.
Nur so minimieren wir das Risiko, dass sich morgen schwer bewaffnetes Beobachtungspersonal zu uns gesellt.«
»Glauben Sie nicht, dass sie unser Vertrauen verdient hätte?«
Er betrachtete mich mit seinen grünen Augen, und seine Stimme bekam einen ernsten Klang. » In meinem Job hat Glaube nichts verloren, den spare ich mir für meine Gebete auf.«
*
Es war spät am Nachmittag, als alles entladen war und wir die letzte Kiste in das Basislager am Rande des Sees transportiert hatten. Das Flugzeug war mit vereinten Kräften ein Stück weit in die flachere Uferregion gezogen und dort mit Seilen vertäut worden. Über dem Horizont begannen sich bereits die ersten größeren Wolken zusammenzuziehen. Fernes Donnergrollen war zu hören, und mit großer Wahrscheinlichkeit würde noch im Laufe des Abends Regen einsetzen. Sixpence, der sich ein stinkendes Pfeifchen angezündet hatte, hatte sich die Zeit genommen, um mir in aller Ausführlichkeit den Aufbau des Lagers zu erklären. Da er ein Technikfanatiker war, nahm das einige Zeit in Anspruch. Zuerst führte er mich ans Ufer des Sees, wo er eine digitale Videokamera aufgebaut hatte, die genau auf das Zentrum der Wasserfläche gerichtet war.
»Dient zur Überwachung«, sagte er gut gelaunt. »Sie wird ständig im Einsatz sein, um jede Bewegung auf dem See festzuhalten. In dieser wasserfesten Außenhülle befindet sich eine hochempfindliche Optik mit Restlichtverstärker, die sogar bei Nacht gestochen scharfe Aufnahmen liefert.« Er blickte kurz ins Okular. »Falls unser Freund es vorzieht, sich nur im Dunkeln blicken zu lassen. Aber sagen Sie Elieshi nicht, wofür wir sie brauchen. Sie hat mich deshalb schon so merkwürdig angesehen, und ich musste ihr etwas von Krokodilen und Flusspferden vorflunkern.« Er sandte einen letzten Blick durch den Sucher der Kamera, dann forderte er mich auf, ihm ins Lager zu folgen. Sechs Zelte, vier davon reine Schlafkojen, standen im Halbkreis angeordnet um eine große Feuerstelle und einen soliden Klapptisch. Darauf befand sich ein seltsames Gerät, das mit seiner faltbaren Flachantenne wie eine überdimensionale Blume aussah, die ihren Kelch in den Himmel reckt.
»Unsere einzige Verbindung zur Außenwelt«, sagte er.
»Eine Satellitenempfangsanlage, nicht wahr?«
Er nickte. »Ein Inmarsat M4 . Klein, leicht und schnell. Die Zeiten, in denen wir mit einer zwanzig Kilo schweren Anlage um die Welt gezogen sind, sind endgültig vorbei. Haben Sie ein Handy dabei? Zeigen Sie mal her.« Ich reichte ihm das Gerät, nicht ohne mich für meine Naivität, es überhaupt mitgenommen zu haben, zu entschuldigen. »Das macht doch nichts«, erwiderte er lachend. »Man hat
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