Reptilia
Truhe aufschnappen. Ich erstarrte, als sich der Deckel hob.
»Zufrieden?« Er grinste mich an, während er sich ganz unverblümt über mein Erstaunen amüsierte. Waffen. Mit einem Blick erfasste ich, dass die Truhe wohl so ziemlich alles enthielt, was jemals zum Töten von Menschen erdacht worden war. Ich sah Gewehre, Messer, eine glasfaserverstärkte Armbrust nebst Pfeilen, Zielfernrohre sowie Unmengen an Munition. Auch mehrere Reihen zylindrischer Kunststoffdosen sowie eine Kabelrolle und eine Art Tastensensor befanden sich darin. Auf meinen fragenden Blick hin erwiderte Maloney: »C4.«
»Was?«
»Plastiksprengstoff. Eine kleine Reserve, falls alles andere versagt.« Er lehnte sich zurück und hob seine Tasse. »Schmeckt übrigens ausgezeichnet, Ihr Kaffee.«
»Ist das nicht etwas übertrieben?«
»Ich bin gern gut vorbereitet. Außerdem brauchen wir für jedes Tier eine spezielle Waffe, so wie Sie für jedes Handwerk auch ein spezielles Werkzeug benötigen.« Er griff nach einer doppelläufigen Schrotflinte und ließ seine Finger über den Schaft gleiten. »Ich bezeichne das als die Erotik des Tötens. Können Sie mir folgen?«
»Ehrlich gesagt, nein«, gab ich zurück. »Nicht dass wir uns missverstehen. Der Auftrag lautete doch, das Tier nicht zu töten. Es hieß, wir sollten eine Genprobe entnehmen und dann wieder verschwinden.«
»Schon, aber Sie vergessen die Hauptsache.«
»Mmh?«
»Ich rede von Ihrem Auftrag. Von der Rettungsmission und von Ihrer christlichen Pflicht, am Leben zu bleiben.« Mit einem schmalen Lächeln hockte er sich neben mich und nippte an seinem Kaffee. »Was Emily Palmbridge und ihrer Expedition zugestoßen ist, könnte auch uns zustoßen«, fuhr er fort. »Die Frau hatte bestimmt nicht vor, sich an diesem idyllischen Fleckchen Erde zur Ruhe zu setzen. Es ist etwas geschehen, auf das sie nicht vorbereitet war, und ich habe nicht vor, ihr Schicksal zu teilen.« Damit lud er das Gewehr durch, legte es an seinen Platz zurück und ließ den Deckel der Box zufallen. »Wir wissen ja noch gar nicht mal, ob sie wirklich tot sind«, murmelte ich. »Verdammt …« Beim Versuch, das Taschenmesser zusammenzuklappen, hatte ich versehentlich auf die Schneide gedrückt. Ein dicker Tropfen Blut quoll aus der Wunde hervor. Ich steckte den Daumen in den Mund, aber der Schnitt war tief und die Blutung ließ sich nicht stoppen. Ein Anflug von Panik überrollte mich. » So ein Mist!«
»Was ist denn los?« Maloney schien von meiner heftigen Reaktion überrascht zu sein.
»Haben Sie etwas zum Desinfizieren dabei? Hier wimmelt es von Krankheitserregern«.
»Nur die Ruhe.« Er öffnete eine seiner Gürteltaschen und förderte ein kleines Päckchen zutage. »Lassen Sie es noch ein wenig bluten, das müsste zur Reinigung der Wunde ausreichen, und dann kleben Sie das hier drauf.« Er hielt mir ein Pflaster hin. »Mag sein, dass es hier mehr Keime gibt als bei uns, aber so schlimm ist es nun auch wieder nicht.«
»Sie haben wohl noch nicht gesehen, was ein Virus wie Ebola bei einem Menschen anrichten kann«, gab ich zurück, während ich hastig die Wunde verschloss. »Haben Sie noch nicht gesehen, wie die Schleimhäute in Mund, Nase und Augen sich auflösen und zu bluten beginnen, wie Muskeln und Organe sich in flüssigen Matsch verwandeln und das Opfer unter unaussprechlichen Qualen zugrunde geht.«
»Haben Sie?«, fragte er mit einem leicht amüsierten Blick.
»Bisher nur in einem Film, während eines Pathologieseminars. Aber das hat mir gereicht.«
Maloney strich über sein Kinn. »Ohne Ihnen nahe treten zu wollen, aber Sie sind wirklich ein Vollblutwissenschaftler.«
»Wie meinen Sie das?«
Er betrachtete mich mit seinen grünen Augen. »Sie machen sich zu viel Gedanken um alles. Das Leben ist einfach. Natürlich nicht, wenn man es aus den schützenden Wänden eines Versuchslabors heraus betrachtet. Man muss schon rausgehen und es anpacken. Ihre Verletzung zum Beispiel …«, sagte er und lächelte mich dabei freundlich an, »… die wird Sie nicht umbringen. Ich habe schon Wunden verarztet, bei denen Sie in Ohnmacht gefallen wären, wenn Sie nur daran gerochen hätten. Und die Leute erfreuen sich heute noch bester Gesundheit. So schnell stirbt man nicht. Und wenn das ein Versuch war, sich vor der Arbeit zu drücken, muss ich Sie leider enttäuschen«, er ließ seine Hände auf die Oberschenkel klatschen und stand auf. »Also, back to business. Wenn Sie sich verarztet haben, können Sie mir
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