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Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition)

Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition)

Titel: Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne Reuther
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Schröder konnte zu ihrem Bedauern nicht länger bleiben – ihr Mann kam aus Amerika zurück und sein Flieger landete in einer halben Stunde auf Rhein-Main.
     
    Die Pizza war Maria sehr willkommen. Sie biss herzhaft zu und schlürfte immer wieder einen Schluck Kaffee, sodass sich ihre Lebensgeister bald wieder regten und sie ausführlich berichten konnte. Lolita hatte vor zwei Tagen zum ersten Mal, seit sie im Ijsselmeer ihre Weltumseglung antraten, Gelegenheit, von Harry unbeobachtet zu telefonieren und erreichte nach etlichen Versuchen Maria auf ihrem Handy. Die Verbindung war schlecht gewesen und bald ganz abgebrochen.
    Die Männer hingen an Marias Lippen. Viel mehr, als Reinhold vor einer Dreiviertelstunde bereits durchtelefonierte, hatte sie nicht zu berichten, außer einem Punkt, der sehr wichtig war.
    „Das Boot, mit dem sie jetzt unterwegs sind, ist ziemlich alt und eigentlich für Fahrten auf dem offenen Meer nicht mehr geeignet, aber es gibt dazu Schiffspapiere, ausgestellt auf einen Arthur Smith samt einem verschmutzten Reisepass auf den gleichen Namen. Harry Kupsch hat Boot und Papiere von einem Mexikaner gegen eine Dienstleistung bekommen, die Lolita in dem kurzen Gespräch nicht weiter erläuterte. Das Boot trägt links und rechts am Bug die Aufschrift Alraune . Von dem Mexikaner hatte Kupsch zuvor erfahren, dass ihm die Polizei auf der Spur war, und ihm geholfen, Gerätschaften, Klamotten und Vorräte auf die Alraune umzuladen und auch, das in Holland gestohlene Boot in einer stürmischen Nacht weitab von der Küste Wind und Wellen zu überantworten. Dass es gestohlen war, hatte Lolita erst zwei Tage nach der Ausfahrt aus dem Ijsselmeer erfahren. Seitdem hatte sie von Bord gewollt, aber Skipper Harry wusste das zu verhindern und weiß es noch immer. Er trägt alle Papiere Tag und Nacht an seinem Körper, rückt ihren Ausweise nicht heraus und machte ihr weis, dass sie in Südamerika ohne Ausweis ins nächstbeste Gefängnis gesteckt würde, ohne dass man sie anhörte, und überall an anderen Küsten ebenso.“
     
    Die Neuigkeit hob das Stimmungsbarometer spürbar an.
    Raabe telefonierte ein zweites Mal mit Kröger und vereinbarte mit Marias Zustimmung einen Termin für morgen früh, um ihre Aussage zu Protokoll zu geben. Maria erkundigte sich nach der Toilette, entschuldigte sich „für eine Minute“. Raabe gratulierte Kellermann und meinte: „Den Kerl haben wir am Wickel. Wenn Lolita Ihnen noch hold ist, könnte das nächtliche Rendezvous demnächst tatsächlich stattfinden. Wie ist überhaupt der neue Geschäftsführer in dem Blumenladen?“
    „Pflegeleicht. Ein Russe mit deutschem Pass, katzbuckelnd zur Kundschaft, gegenüber der jeweiligen Mitarbeiterin unleidlicher als zuvor der Einarmige. Meinen Plänen steht der nicht im Wege. Morgens kommt er gegen zehn in den Laden und verlässt ihn vor Ende der Geschäftszeit – meistens schon um fünf Uhr.“
    „Toi-toi-toi“. Raabe verabschiedete sich hoffnungsfroh und sagte zu Reinfeld, der ihn wippenden Schrittes zum Lift begleitete:
    „Und was Epikur anlangt, forcieren Sie die Aktion. Meinen Segen haben Sie und meine Unterstützung auch, soweit erforderlich und soweit möglich.“
    Als ob ich um deinen Segen gebeten hätte, Arschgeige!, murrte Reinfeld in Gedanken, hütete sich aber, Raabe noch mal anzufahren, sie waren ja auf seine Hilfe angewiesen. Außerdem, so gut wie jetzt hatte er sich seit Langem nicht mehr gefühlt. Offensichtlich war das Blatt dabei, sich nun wirklich zu wenden. Er klopfte in Gedanken dreimal auf Holz. Zurück im Büro fand er seine beiden anderen Besucher im Aufbruch.
    „Maria ist sterbensmüde“, sagte Reinhard, „ich fahr sie in ihr Quartier nach Bornheim und hol sie auch morgen Vormittag dort ab und bring sie zum Präsidium.“
     
    Hermann Reinfeld fuhr nicht nach Hause. Es war ihm nach einem Kognak oder zweien und hinter der Kanzlei gab es eine Kammer mit Couch und allem, was dazugehörte – für Notfälle. Bevor er sich der kleinen privaten Feier hingab, sandte er jeweils eine SMS an die Kollegen – sie sollten auch an der freudigen Wende teilhaben, aber zum Telefonieren war es nun wirklich zu spät.
     
     
     
    ***
     
    Koko hatte sich beim Fitnesstraining die Schulter verrenkt und wurde in der Ambulanz verarztet. Edmund saß in dem kleinen Café Angela gegenüber und versuchte, das Erlebnis der vergangenen Nacht aus dem Gedächtnis zu löschen. Die achtzehn Tage waren verstrichen, aus der Bombe noch

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