Repuestos: Kolonie der Verschleppten (German Edition)
Hass entsprang dem Neid auf unsere Zähigkeit, unseren Fleiß, aber das spielte eine sekundäre Rolle. Der Beweggrund für Amerika war, an diesem Krieg zu verdienen. Frankreich wollte Deutschland zerstückelt sehen, davon träumte es schon seit Jahrhunderten. England wollte Deutschland kleinkriegen aus Furcht, seine Vormachtstellung zu verlieren, denn mit Sorge stellten die Briten fest, dass es Hitler gelungen war, die Menschenrechtsbeugungen des Desasters von Versailles, das jedwedes Wiederaufrichten Deutschlands verhindern musste, teilweise geradezurücken. Damit will ich diesem Wahnsinnigen kein Lob aussprechen. Er hat Jahre danach jeden Anspruch auf Lob oder Bewunderung verwirkt, dazu muss ich Auschwitz nicht hervorheben. Die Briten initiierten bereits im Sommer neununddreißig – also vor Ausbruch des Krieges – eine französisch-britisch-polnisch-sowjetische Koalition zur Kampfansage gegen das Deutsche Reich. Das sind die Fakten, meine Teuerste, die du dir hinter die Ohren schreiben solltest.“
Gerd geriet nahezu außer Fassung. Er traute seinen Ohren nicht. „Das gibt’s doch nicht“, murmelte er, während stürmischer Beifall den Raum füllte. Als der verebbte, erhob er sich und rief – er, der sich noch nie an einer Debatte beteiligt hatte – aufgeregt: „Die Nürnberger Prozesse lassen da aber völlig andere Schlüsse zu.“
„Hahaha“, räsonierte Adalbert Giebler, „die Nürnberger Prozesse!! Die wurden nicht von einem ordentlichen Gericht geführt, dem man eine neutrale Haltung zugutehalten kann, wie es sich für ein solches gehört. Es war nichts weiter als ein Tribunal, dazu geschaffen, die Führung des Deutschen Reiches abzuurteilen, und keineswegs dazu, einen Sachverhalt aufzuklären. Dabei wurden ‚Tatbestände‘ erfunden, die einen Angriffskrieg Deutschlands konstruierten.“
„Richtig!“, rief nun Nicole Weber. „In Nürnberg saßen die Sieger über die Besiegten zu Gericht. Das Gericht war Partei, keine neutrale Instanz! Ein Schautribunal, um die eigenen Verbrechen zu kaschieren! – Dazu lässt sich trefflich Berthold Brecht zitieren:
Immer noch schreibt der Sieger die Geschichte der Besiegten.
Dem Erschlagenen entstellt der Schläger die Züge.
Aus der Welt geht der Schwächere
und zurück bleibt die Lüge. “
Nicole hatte sich den ganzen Tag schon nicht wohlgefühlt, die Aufregung rief jetzt noch Brechreiz hervor, sie stand auf und rannte fort.
Ingeborg Wengler hatte einen knallroten Kopf, sie schlug mit der Faust auf den Tisch und rief wütend:
„Uns interessierte nicht die Zuständigkeit oder Nichtzuständigkeit des Nürnberger Gerichtes. Wir mussten die Gesellschaft einfach aufmischen, Versailles hin, Versailles her, Schuld am Krieg oder nicht, darum ging es uns überhaupt nicht in erster Linie …“
„Ach nee! Das is ja mal ganz was Neues!“
Als der Beifall verebbt war, den Georg durch seinen Zwischenruf ausgelöst hatte, fuhr Ingeborg mit ihrem hochrotem Kopf fort: „... sondern um Auschwitz, erwiesene Schuld nicht irgendeiner geheimen Institution, sondern des ganzen deutschen Volkes, die ging uns Kindergeneration an die Nieren. Erstens überhaupt und dann, weil die Alten, die ja fünfundvierzig definitiv erfuhren, was gelaufen war, drüber hinwegwirtschafteten, als sei nix gewesen!“
„Lass dir mal auf der Zunge zergehen, was du da sagst. Diese verachtete Generation sei schuld an Verbrechen, die zu dem Zeitpunkt, als sie davon erfuhr, längst vollbracht worden waren. Die schmerzliche Wunde Auschwitz, die nie zur Narbe werden kann, wurde und wird von dir und deinesgleichen im Verein mit gewissen Kreisen im Ausland schamlos dazu missbraucht, das Volk, das erschrocken und in tiefer Trauer um die Opfer sein Dasein verbringen muss und mitnichten für das unermessliche Verbrechen verantwortlich ist, zu demütigen und seine Würde zu plündern.
Und: Drüber hinwegwirtschaften! Welch ein Klugscheißergequatsche! So geistreich wie euer Herumgegifte vom Schweigen der Väter, denen es einzig darum gegangen sei, sich vor Verantwortung zu drücken . Fakt ist, dass diese Väter zum Schweigen verdammt worden waren, mundtot gemacht, weil man ihre Wahrheit nicht hören wollte und auch heute nicht hören will, weil sie nicht zum vorgeschriebenen total verfälschten Bild deutscher Vergangenheit passt.“
„Genau so ist es!“, rief Georg Hahn, der bis dahin, auch wenn es ihn auf der Zunge kribbelte, schweigend zugehört hatte. „Außerdem, meine Liebe, du
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