Requiem für eine Sängerin
Sekunden, bis die anderen bei ihr waren, konnte sie ihr heftiges Zittern nicht unterdrücken.
Drei Polizisten kamen mit gezückten Waffen, die sie auf den Kopf des liegenden Mannes gerichtet hielten. Er versuchte, etwas zu rufen, aber sein Gesicht wurde so fest auf den harten Boden gedrückt, dass die Worte verzerrt und gedämpft klangen.
Einer der Polizisten suchte in den Taschen des Mannes und zog seine Brieftasche heraus. «Hier steht Jason MacDonald, Presse. Was haben Sie dazu zu sagen?»
Vier Hände zerrten ihn grob auf die Füße. Ein Mundwinkel war blutverschmiert; er wischte ihn zaghaft mit einem Handrücken ab.
«Um Himmels willen! Was soll das bedeuten? Ich wollte nur ein Foto machen!»
«Warum haben Sie sich dann so versteckt?»
«Ich wollte es verdammt noch mal exklusiv haben!»
«Sie wollten ihr Angst machen!» Nightingale war wütend. «Sie wollten ihr solche Angst machen, dass sie etwas sagt, das Ihnen eine Schlagzeile geliefert hätte.» MacDonald wich ihrem Blick aus.
«Jason MacDonald? Sie sind derjenige, der letzte Woche den Artikel über unsere Suche hier veröffentlichen wollte.» Cooper erschien auf der Bildfläche mit Blite und Campbell im Schlepptau.
«Ja, hallo. So trifft man sich wieder.»
«Das ist entweder eine höchst raffinierte Tarnung, Sir, oder er ist wirklich der, der zu sein er behauptet. Ich habe ihn letzte Woche hier gesehen.»
Nach einer kurzen Rücksprache mit dem Chefredakteur der Chichester Times war Blite hinreichend davon überzeugt, dass der Mann unwichtig war, aber er musste den Störenfried aus dem Weg haben. Außerdem wollte er herausfinden, wie die Suchtrupps ihn hatten übersehen können.
«Constable, rufen Sie das hiesige Revier an. Sagen Sie, wir bringen einen Verdächtigen zum Verhör. Sie sollen ihn in Gewahrsam nehmen, bis wir heute Abend dort sind.»
«Was!? Das können Sie nicht machen! Ich bin Vertreter der Presse. Ich habe Rechte!»
«Richtig, die haben Sie, Mr. MacDonald. Und ich habe meine. Sie sind wegen Hausfriedensbruchs verhaftet und vorläufig festgenommen, bis der Magistrat morgen früh darüber entscheiden kann. Danke, Constable. Bitte bringen Sie ihn weg.»
Eine weitere gründliche Durchsuchung der Kathedrale und des Geländes ergab nichts. Aber Fenwick konnte das versteinerte Gesicht nicht vergessen, das Octavia hilflos dem «Angreifer» zugewandt hatte, dann Nightingale und dann wieder ihm. Sie ruhte sich jetzt aus, bevor sie sich für die Vorstellung umzog. Es war fünf Uhr. Nightingale war bei ihr.
47
Es war ein Kampf gewesen, auch nur eine Gabel der Tagliatelle mit Räucherlachs und Spinat in Sahnesoße, die ihr Hausmädchen für sie zubereitet hatte, herunterzubringen, aber Octavia hatte sich buchstäblich zum Essen gezwungen. Die Erfahrung hatte sie gelehrt, dass eine kräftigende Mahlzeit vor einem Auftritt unerlässlich war. Andere hungerten und behaupteten, dass Essen ihre Stimme beeinträchtige, aber sie wusste, eine kleine Portion, irgendetwas Leichtes, ein paar Stunden bevor sie sang, verlieh ihrer Stimme Tiefe und gab ihr Vitalität.
Nun ruhte sie sich nach einer Dusche rosig und kribbelnd aus, in Nightingales warmen Bademantel gehüllt, da ihr eigener für den unfreundlichen Abend zu dünn war. Draußen fiel konstanter Nieselregen, und es wurde früh dunkel. Um sechs musste sie in der Kathedrale sein, in einem winzigen Raum, den sie ihr zur Verfügung gestellt hatten. Die Aufführung sollte um sieben beginnen, und die Polizei wollte sie wohlbehalten im Gebäude haben, bevor der Ansturm des Publikums begann. Die Fahrt zur Kathedrale würde keine zehn Minuten dauern.
Sie brachte es nicht über sich, an den Nachmittag zu denken. Sie hatte Fenwick gegenüber ein geradezu abergläubisches Vertrauen empfunden und angenommen, er könne sie unter jedweden Umständen vor Rowland beschützen. Ihr animalischer Liebesakt war Teil ihres Opfers an diesen Glauben gewesen; wenn sie das miteinander machten, konnte er sie unmöglich sterben lassen. Jetzt wusste sie es besser. Er war nicht mehr Herr der Lage. Trotz all seiner Bemühungen, trotz der Heerscharen von Polizisten war jemand durchgekommen. Und wo einer es schaffte, konnte es auch ein Zweiter schaffen. Dennoch hatte sie darauf bestanden, dass die Aufführung stattfinden sollte, und der Assistant Chief Constable hatte zugestimmt. Er hielt es einfach für undenkbar, dass Rowland an einem öffentlichen und streng bewachten Ort zuschlagen könnte und würde.
Anderson
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