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Requiem für eine Sängerin

Requiem für eine Sängerin

Titel: Requiem für eine Sängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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Blite. Das erklärte alles. Die Beförderung des kleinen Frettchens war also doch genehmigt worden, und das, wo Fenwick schon gehofft hatte, dass es doch noch so etwas wie Gerechtigkeit gab. Er hätte es besser wissen müssen.
    In seinem überfüllten provisorischen Büro sortierte Fenwick die Akten, die er bekommen hatte. Ein paar waren sogar schon angestaubt. In der Mitte des Stapels befanden sich zwei Beschwerden in roten Heftern. Beide waren zwar zu den Akten genommen worden, aber man hatte keine für wichtig genug erachtet, um Ermittlungen seitens der Dienstaufsichtsbehörde einzuleiten. Das war immerhin eine Erleichterung; niemand wühlte gern in der schmutzigen Wäsche der Polizei herum.
    Der Chief Constable hatte immer noch keine zentrale Beschwerdestelle eingerichtet, erwartete aber, dass der Assistant sicherstellte, dass nicht einmal eine Andeutung nach außen drang, nicht jeder Beschwerde würde bis ins kleinste Detail nachgegangen. Die Truppe hatte im vergangenen Jahr achtundvierzig Beschwerden erhalten, die alle zu den Akten genommen und an die Dienstaufsichtsbehörde weitergeleitet worden waren. Am Ende war fast die Hälfte davon fallen gelassen worden; Beschwerden und Vorwürfe lösten sich häufig in Wohlgefallen auf, wenn der Zorn erst einmal verraucht war. Einige waren formlos beigelegt worden, da es Zivilpersonen meistens zu viel war, den zeitaufwendigen Marsch durch die Instanzen anzutreten. Was jedoch übrig blieb, wurde sorgfältig bearbeitet.
    Für den Polizeibeamten, der die Ermittlungen leitete, war es so oder so die Hölle. Wenn man Mist baute und es kam heraus, war die Karriere im Eimer. Wenn man feststellte, dass es triftige Gründe für die Beschwerde gab, stand man vor der schwierigen Entscheidung, es an die große Glocke zu hängen – wonach man den Kollegen nicht mehr in die Augen sehen konnte – oder zu schweigen – wonach man nicht mehr in den Spiegel schauen mochte.
    Fenwick war als hart, aber gerecht bekannt, so eindeutig auf Schwarz und Weiß fixiert, dass sie ihm den Spitznamen Zebra gegeben hatten. Er war gewissenhaft, und man konnte sich darauf verlassen, dass er seine Arbeit gründlich machte; er war so hart im Nehmen, dass er mit Anfeindungen fertig wurde, und intelligent genug, um Täuschungsmanöver zu durchschauen. Mit anderen Worten: der perfekte Ermittler.
    Immerhin waren es nur zwei Beschwerden. Rasch sah er die anderen Akten durch. Die Hälfte konnte er gleich vergessen. Es waren so alte und – entscheidender – belanglose Fälle, dass sie offensichtlich nur beigefügt worden waren, damit der Stapel eindrucksvoller aussah. Alles andere war Papierkram, Statistiken für Berichte, die Ende des Monats fertig sein mussten. Er verfluchte den Assistant Chief Constable, als er sich in dem überfüllten Kabuff an den zerkratzten Schreibtisch setzte, und dachte fast liebevoll an sein altes Büro im Polizeirevier von Harlden zurück.
     
    Fenwick schlug den ersten Beschwerdehefter auf und tröstete sich mit dem Gedanken, dass er wenigstens nach Hause kommen würde, bevor die Kinder im Bett lagen. Eine halbe Stunde später hatte er sich festgelesen und die Zeit vergessen. Später telefonierte er mit verschiedenen Beamten, die mit dem Fall zu tun gehabt hatten, und verbrachte eine Stunde damit, sie aufzuspüren und sich Notizen zu machen. Wie hold ihm das Glück war, begriff er, als er feststellte, dass der Sergeant, mit dem er sprechen musste, gleich Dienstschluss hatte. Er trank in der Kantine zwei Tassen Tee mit dem Mann, ließ sich die wichtigsten Einzelheiten bestätigen und füllte die Lücken.
    Es war fast sechs, als ein beiläufiges «Bis morgen» auf dem Flur ihn daran erinnerte, dass er eigentlich früher hatte gehen wollen. Ein Nachteil der Arbeit hier war, dass er bis nach Hause eine Dreiviertelstunde brauchte. Er griff zum Telefon, um sich zerknirscht zu entschuldigen.
    Der Hörer wurde nach dem dritten Läuten abgenommen.
    «Hallo, wer ist da, bitte?» Die hauchzarte Stimme verriet ihm, wer abgenommen hatte.
    «Hi, Bess, hier ist Daddy. Warum bist du noch nicht im Bett?»
    «Daddy! Ich warte auf dich. Oma sagt, das kann ich, weil ich dich gestern kaum gesehen habe.» Pause. «Du kommst doch bald nach Hause, oder?»
    «Immer langsam, Süße. Ich fürchte, ich muss noch eine Weile arbeiten.»
    «Oh.»
    Er versuchte zu hören, ob da Tränen flossen.
    «Was hast du denn heute gemacht? War es schön, wieder zur Schule zu gehen?» Ihm half normale Konversation, aber er

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