Requiem für eine Sängerin
haben Sie sich kennen gelernt?»
Die Fragen schienen Fearnside nicht mehr seltsam vorzukommen. «Auf der Uni – Exeter –, ich war ein Jahr über ihr und habe ihr durch das erste Jahr geholfen. Trotz ihrer Schönheit und Flatterhaftigkeit war sie ein ängstliches junges Ding.»
«Ängstlich? Inwiefern?»
«Ich schätze, weil alles so neu war. Sie war noch nie von zu Hause fort gewesen und staunte selbst noch darüber, dass sie es überhaupt zur Universität geschafft hatte, und dann noch Exeter. Sie erzählte, dass sie in ihren letzten Schuljahren nur noch gebüffelt hatte, und das habe ich ihr geglaubt. Als es aufs Examen zuging, konnte sie kaum noch mithalten. Als ich meinen Abschluss hatte, ist sie abgegangen – erleichtert, glaube ich.»
«Warum war sie so erpicht darauf, zu studieren, was meinen Sie?»
«Ich weiß nicht. Ich entsinne mich sogar, dass ihre Mutter einmal sagte, sie seien davon ausgegangen, dass Debbie früh heiraten würde, aber dann hätte sie sich verändert.»
«Wann kam es zu dieser Veränderung?»
«Ich bin nicht sicher, aber laut ihren Eltern ist aus dem sorglosen, mittelmäßigen Mädchen plötzlich eine Streberin geworden; zur allgemeinen Überraschung bekam sie drei Einsen. Ihre Eltern schrieben es der Einsicht zu, dass sie arbeiten musste, um es im Leben zu etwas zu bringen, aber ich bin da nicht so sicher. Debbie ist immer sehr beliebt gewesen, und irgendetwas an den Geschichten ihrer Mutter – wie sie sich von ihren Freundinnen fern hielt und sogar in den Sommerferien lernte – kommt mir spanisch vor.»
«Wie war sie an der Uni?»
«Anfangs still, sogar introvertiert. Sie war schüchtern und fürchtete sich offenbar davor, verletzt zu werden, aber das blieb nur ein paar Monate so. Als sie Freundschaften schloss und Mitglied in einigen Arbeitsgemeinschaften wurde, blühte sie auf. Ich muss gestehen, ich gehörte zu denen, die ihre Veränderung bezaubernd fanden.»
«Was für Arbeitsgemeinschaften waren das?»
«Hm, Schauspielerei und etwas mit Musik- ein Chor, glaube ich.»
«Und ihre Einser-Fächer?»
«Gütiger Himmel. Mal sehen, ob ich mich daran erinnern kann – Englisch, Geschichte, und das dritte war, glaube ich, Musik.»
«Ich würde, wenn Sie gestatten, gern auf die Gegenwart zurückkommen, Mr. Fearnside, und versuchen, die Ereignisse der Woche vor dem Verschwinden Ihrer Frau zu rekapitulieren.»
«Ich will es versuchen. Noch Kaffee?» Doch sie wollten keinen mehr. «Wie gesagt, es fing mit dieser vermaledeiten Anzeige an. Eine ganze Bande – Debbie und ihre Freundinnen – hat sich da beworben. Ich glaube, Brian Smith hat sich einmal angeboten, sie zu begleiten, aber sie dachten wohl, zu mehreren seien sie sicher.»
«Wie hat Ihre Frau erfahren, dass sie erfolgreich gewesen war?»
«Ich weiß nicht – durch einen Brief, nehme ich an. Ich habe nie darüber nachgedacht.»
«Haben Sie den Brief gesehen?»
«Nein. Ich sagte bereits, dass ich nie irgendwelche Korrespondenz gesehen habe. Meine Frau hatte einen blauen Hefter; ich glaube, alles, was mit der Sache zu tun hatte, war da drin. Ich glaube, sie hat ihn mitgenommen, Chief Inspector. Jedenfalls habe ich ihn gesucht, konnte ihn aber nirgends finden. Aber um auf Ihre ursprüngliche Frage zurückzukommen: Mein Eindruck war, dass die meisten Vereinbarungen am Telefon getroffen wurden.»
Derek Fearnside konnte den bereits aktenkundigen Details nichts mehr hinzufügen. Fenwick rüstete zum Aufbruch.
«Das war sehr hilfreich, Mr. Fearnside. Was Ihre Beschwerde betrifft, so kann ich Ihnen versichern, dass wir nach wie vor in dem begrenzten Umfang, der uns möglich ist, Ermittlungen anstellen. Unglücklicherweise sind unsere Möglichkeiten sehr eingeschränkt, und wie Sie wissen, wird im Falle des Verschwindens eines Erwachsenen normalerweise gar nicht ermittelt, wenn keine rätselhaften Begleitumstände vorliegen.»
«Das weiß ich zu schätzen. Ich wollte nur sichergehen, dass Sie alles tun, was in Ihrer Macht steht. Sehen Sie, ich weiß, dass meiner Frau etwas zugestoßen ist. Sie würde einfach nicht so lange wegbleiben, ohne sich zu melden – fast fünf Wochen, und Katie hat bald Geburtstag. Freiwillig würde sie die Kinder niemals so lange allein lassen. Bitte tun Sie, was Sie können. Ich muss sicher sein, dass alles nur Mögliche unternommen wird.»
«Wir werden alles überprüfen – auch wenn wir letztendlich in einer Sackgasse landen.»
«Danke, Chief Inspector, danke. Aus einem
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