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Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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sechs bis sechzehn Generationen«, gab ich genauso erregt zurück.
    »Ja, und? Irgendwann müssen wir doch mal anfangen, oder?« Sie hatte trotz ihres dunklen Teints ein furchtbar rotes Gesicht, und ihr Mund war nur noch ein Strich.
    »Schon gut, schon gut. Mach du deinen Job, ich mache meinen.« Das dritte Streichholz brach ab, das vierte auch, und ich steckte die Stanwell wieder in die Tasche. »Fotografiere du deine Täschchen und deine Gürtel und deine Broschen und all den Krimskrams - und lass mich Guttmanns Mörder suchen.«
    »Ich kann doch nicht arbeiten, du beschissener Macho!«, fluchte sie. »Dieses Scheißwetter! Wer hat mich um Gottes willen nur auf die Idee gebracht, das alles hier zu fotografieren? Warum bin ich bloß nicht nach Teneriffa geflogen?«
    »Weil es hier so schön idyllisch ist«, sagte ich grinsend und nahm die Stanwell wieder aus der Tasche. Das fünfte Streichholz brach nicht ab.
    »Sieh mal, sieh nur hin, es fängt schon wieder an zu schneien!«
    »Dann geh doch einfach ins Heu und fotografiere die Sachen in der Scheune - mit alten Pferdegeschirren und Kuhketten und Eisenpflügen und Eggen und so Zeug. Schöne Farben!«
    Sie lächelte schmal. »Das ist eine gute Idee. Aber erst mal muss ich duschen. Ich finde das hier … alles so dreckig.«
    »Das ist deine scheue Seele«, sagte ich. »Das verstehe ich ja. Du kriegst auch einen italienischen Kaffee.«
    »Du bist wirklich ein Macho, Baumeister.« Sie grinste wieder.
    »Natürlich. Mein Vater war ein Macho, und er hat seine Frau ein Leben lang zärtlich geliebt.«
    »Mein Vater war auch ein Macho, und er hat seine Frau ein Leben lang malträtiert. Und wenn er am Sonntag keine Vorsuppe zum Essen bekam, hat er erst gewütet, dann gesoffen und dann meine Mutter geschlagen.«
    »Komm, lass uns fahren.«
    »Ja, schon gut, ich bin einfach sauer, und diese Sache hier geht mir ganz schön an die Nieren.« Sie hockte sich in ihr Polster und schwieg, bis wir auf den Hof rollten. »Hast du etwas dagegen, wenn ich zu dieser Freundin von dem toten Kollegen mitfahre?«
    »Nein, komm ruhig mit. Und jetzt zeige ich dir die Scheune. Vielleicht tut es dir noch weh, dass du den Typen in Hamburg abgeschossen hast.«
    »Ganz bestimmt nicht. In den war ich nicht einmal verknallt. Dieser Guttmann tut mir weh, der tut mir wirklich weh.«
    »Sieh mal, tonnenweise Heu und Stroh, ein uralter Leiterwagen, jede Menge altes Eisen und Rost, braune Töne, grüne Töne, Goldtöne in allen Schattierungen.«
    Krümel kam von irgendwoher angesprungen und rieb sich an meinen Beinen.
    »Sag mal, lebst du deshalb hier? Weil alles nicht so nah ist, nicht so dicht, mehr Abstand?«
    »Das ist es nicht, glaube ich. Ich habe auch hier keinen Abstand, aber hier kann ich denken. Und hier ist das Wetter wichtig und der Mensch manchmal unwichtig. Hast du deine Scheinwerfer im Wagen?«
    »Ja, hinten drin.«
    Sie warf das Haar mit einer schnellen Kopfbewegung nach hinten. »Glaubst du, ich kriege den Leiterwagen von oben? Total?«
    »Du musst auf die Balken klettern. Die sind stabil. Die Leiter steht da hinten an der Wand.«
    »Bist du sauer, weil ich vorhin gebrüllt habe?«
    »Nicht im Geringsten. Ich kann dich ganz gut verstehen. So, ich hole dir jetzt dein Zeug aus dem Auto.«
    Ich sah ihr zu, wie sie alles aufbaute, wie sie aus Kisten und Koffern die Taschen und Gürtel und die anderen Dinge nahm und sie auf dem Leiterwagen drapierte. Dann kletterte sie leicht und gelenkig im Dachgebälk herum, maß das Licht, stellte die Scheinwerfer auf, korrigierte, schimpfte, änderte wieder, maß alles neu durch, sah durch die Kameras, änderte. Sie war eine Perfektionistin, und es machte Freude, ihr zuzusehen. Außerdem erinnerte sie mich irgendwie an Krümel. Ein Wunder, dass die noch nicht eifersüchtig war.
    »Können wir deinen Wagen nehmen, wenn wir die Frau besuchen?«
    »Sicher«, sie nickte. »Glaubst du, dass man dich überwachen wird?«
    »Ich weiß es nicht, und wenn, kann ich es auch nicht verhindern. Aber wenn sie registrieren, dass ich trotz ihres Verbotes recherchiere, werden sie sich eher zurückhalten, wenn sie merken, dass ich jemanden aus der Redaktion bei mir habe.« Ganz überzeugte mich das selbst nicht.
    Wir gingen um drei aus dem Haus, nachdem ich mein Telefon auf den Auftragsdienst hatte schalten lassen.
    »Wo wohnt sie denn?«
    »An der Rodenkirchener Straße, in Wesseling.«
    »Und welchen Eindruck macht sie am Telefon?«
    »Einen etwas hilflosen, und einen

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