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Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Erste, die es lesen dürfte. Von da an arbeitete er wirklich in jeder freien Minute da oben in seinem Arbeitszimmer. Tja, und dann weiß ich nur, was am Abend des 28. November geschah. Das war ein Samstag.«
    Jetzt endlich begann sie zu weinen und schluchzte: »Tut mir Leid, aber ich wird’ einfach nicht damit fertig, verdammt, verdammt.«
    Ich schwieg hilflos, dann stand die Baronin auf und nahm sie in die Arme. Fünf Minuten lang war es sehr still.
    »Willi hatte morgens lange geschlafen, dann drei Stunden gearbeitet. Wir haben dann … wir haben dann miteinander geschlafen. Es war das letzte Mal.« Um ihren Mund zuckte es wieder. »Anschließend gingen wir zusammen spazieren, und am Abend nach Köln ins Kino. Willi war in bester Stimmung. >Ich muss nur noch schreiben<, sagte er. Als wir aus dem Kino zurückkamen, war es nach Mitternacht. Dann ging das Telefon. Es war Guttmann, das konnte ich hören. Willi sagte mehrmals hintereinander: >Das darf doch gar nicht wahr sein.< Dann verabredete er sich mit Guttmann für den nächsten Tag um drei im Polizeipräsidium in Bonn. Später ging das Telefon wieder. Diesmal sagte Willi nichts, er blieb die ganze Zeit stumm. Dann sagte er drohend einen einzigen Satz: >Dass mir das kein Kickeck ist!< Ich habe das Wort nicht genau verstanden. Kickick oder Kickeck, ich weiß es nicht, ich habe es so jedenfalls ins Tagebuch eingetragen. Er sagte zu mir: >Ich muss noch mal eben weg!<, und er war sehr aufgeregt. Dann stieg er in sein Auto und war verschwunden. Tja, das war es dann.«
    Sie stand auf, sah eine Weile aus dem Fenster auf die Straße und schlurfte wie unter einer schweren Last zurück zu ihrem Sessel. »Das war es natürlich noch nicht. Es würde besser passen, wenn ich sage, dass danach alles aus den Fugen geriet. Um drei Uhr nachts rief die Polizei an und fragte mich, ob hier ein Willi Metzger wohnte. Dann wollten sie wissen, wer ich sei, und sie würden gleich vorbeikommen. Sie holten mich ab und sagten unterwegs, Willi wäre tot. Man hätte ihn gar nicht weit von hier gefunden, und ich müsste ihn identifizieren.« Sie fing wieder an zu weinen, ein richtiger Krampf. Dann atmete sie tief durch, zündete sich eine von den Zigaretten der Baronin an und paffte hilflos.
    »Sie nahmen mich mit ins Krankenhaus, und da lag er und war tot. Um seinen Kopf war ein dicker, blutiger Verband. Ich habe bei der Polizei irgendetwas unterzeichnet, was, weiß ich bis heute nicht. Die Polizisten wollten mich nach Hause bringen, und ich sagte: >Moment mal, wo ist denn sein Auto?< Da fragten die mich: >Wie bitte? Wieso denn sein Auto? Er hatte doch gar kein Auto!< Ich dachte, ich drehe durch. >Natürlich war er mit dem Auto unterwegs<, sagte ich. >Das ist aber komisch<, meinten sie. >Herr Metzger ist als Fußgänger auf der Verbindung zwischen den Autobahnen Köln-Bonn und Köln-Euskirchen angefahren worden.< Ich habe kein Wort mehr rausgebracht. Sie haben mich dann nach Hause gebracht. Ganz früh am Sonntagmorgen habe ich mir dann ein Taxi bestellt, weil ich nicht in der Lage war, mein Auto zu fahren. Ich habe den Fahrer durch jede kleine Nebenstraße hier fahren lassen. Wir haben Willis Wagen dann auch gefunden. Er parkte ordnungsgemäß in der Bergerstraße in Berzdorf, gar nicht weit von hier. Ich hatte den Zweitschlüssel und brachte den Wagen irgendwie nach Hause. Ich war fertig, vollkommen fertig, und meldete mich krank. Am Donnerstag danach war die Beerdigung, alle Kollegen kamen, die ganze Redaktion. Guttmann kam übrigens auch. Ich hatte gehofft, er würde mir etwas sagen, aber er sagte gar nichts. Er sah mich nur an, gab mir die Hand, schüttelte den Kopf und heulte, ja, richtig geheult hat er, aber gesagt hat er kein Wort…«
    Guttmann, der Guttmann mit den Echsenaugen, den ich gekannt hatte - der sollte auf einer Beerdigung geheult haben? Wie tief hatte er in der Sache gesteckt?
    »Einen Tag später wurde ich aufs Revier bestellt. Der Beamte war sehr freundlich und gab mir alles, was sie bei Willi gefunden hatten, die Geldbörse, die Papiere und so weiter. Der Beamte sagte mir, sie hätten keinen Schimmer, wer Willi umgefahren haben könnte, und sie hätten auch keine Ahnung, wieso Willi als Fußgänger auf dieser Schnellstraße gewesen wäre. Häuser gibt es da nicht, nur freies Feld. Aber dann kam es: Der Beamte sagte, die Blutprobe hätte glatte drei Promille ergeben, das sei eindeutig. Ich sagte, er müsse sich irren, ich schrie ihn richtig an. Aber er konnte ja nichts

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