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Requiem fuer einen Henker

Requiem fuer einen Henker

Titel: Requiem fuer einen Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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besprechen kann.« Das kam ganz ruhig, freundlich-kühl und duldete keinen Widerspruch.
    »Fahr in die Pension zurück, ich nehme später ein Taxi.«
    Die Baronin bemühte sich um ein Lächeln. Sie sagte leise: »Ich glaube, ich kann das verstehen.«
    »Dann ist es ja gut«, sagte Frau Guttmann. »Ich will Sie nicht kränken.«
    Die Baronin ging die zwei Stufen hinunter und wandte sich noch einmal um. Sie sagte unbeholfen: »Ich möchte Ihnen nur noch sagen, dass mir die Sache Leid tut.«
    »Ja«, sagte Frau Guttmann. Sie war kaum mehr als einen Meter fünfzig groß, aber sie stand dort wie ein Fels. Dann drehte sie sich zu mir um und bestimmte: »Wir gehen ins Refugium!«
    Ich folgte ihr durch den Flur, einen sehr hohen, schmalen Gang, zum Hinterausgang: Zwei Stufen, und wir standen in einem Hinterhof, der sicherlich nicht größer war als vierzig Schritte im Quadrat. Aber um dieses Quadrat hatte jemand mit Liebe zu Bäumen Rotbuchen gepflanzt und im Zentrum eine leibhaftige kleine Blockhütte errichtet, einfach gefügt aus dicken Tannenbohlen.
    »Wir haben vier Kinder, und mein Mann war der Ansicht, er brauche einen Raum zum Nachdenken. Das fand ich auch, also haben wir in zwei Sommerferien das Häuschen dahingebaut.« Sie schloss die Tür auf. Innen sah es aus wie in einer unaufgeräumten Berghütte, in der ein erfolgloser Dichter haust.
    »Es ist chaotisch hier, aber es riecht nach ihm und seinen fürchterlichen Zigaretten.« Sie nahm irgendwelche Unterlagen vom Tisch und warf sie einfach auf den Boden. »Trinken Sie etwas?«
    »Nein, danke.«
    Wir setzten uns einander gegenüber, und sie sah mich an und sagte mit halb geschlossenen Augen: »Ehe Sie mich etwas fragen oder mir etwas sagen, lesen Sie das hier.« Sie legte ein maschinenbeschriebenes Blatt vor mich hin. Ich las: Bonn, im Januar 1990. VERTRAG. Der Journalist Siggi Baumeister, Eifel, und Frau Anna Guttmann geb. Treben, Bonn, Weberstraße, schließen folgenden Vertrag: Frau Guttmann wird Herrn Baumeister in der fraglichen Angelegenheit vollständig unterrichten, soweit sie dazu imstande ist. Herr Baumeister verpflichtet sich, sämtliche Manuskripte in dieser Angelegenheit (seien sie vom Umfang einer Meldung oder einer Reportage oder einer Serie oder sei es ein Buch) Frau Anna Guttmann vorzulegen, bevor sie gedruckt werden. Bonn, im Januar. Unterschriften.
    »Das unterschreibe ich nicht«, sagte ich.
    »Aber es ist lebenswichtig für mich. Ein Irrtum kann ganz schlimme Folgen haben. Ich sage Ihnen ohne diesen Vertrag kein Wort.«
    »Das verstehe ich. Aber Sie haben ein paar Fehler gemacht. Die Formulierung bevor sie gedruckt werden schützt Sie nicht. Da ich auf eine redaktionelle Endfassung nur sehr begrenzten Einfluss habe, muss es heißen: >bevor die Texte irgendeinem verantwortlichen Redakteur einer Tageszeitung, einer Wochenzeitung, einer Illustrierten oder eines Magazins vorgelegt werden.< Und dann noch der wichtige Satz: >Jede redaktionelle Änderung bedarf der ausdrücklichen und schriftlichen Zustimmung von Frau Anna Guttmann.< Dann können die in den Redaktionen nämlich nicht machen, was sie wollen.«
    »O ja«, sagte sie langsam und lächelte, »das verstehe ich. Dann ändern wir das, und Sie unterschreiben?«
    »Selbstverständlich.«
    Sie tippte die Änderungen mit zwei Fingern auf einer Reiseschreibmaschine, wir unterschrieben, jeder faltete sein Exemplar zusammen. Dann sahen wir uns erneut an.
    Sie trug eines dieser violetten Halstücher der Friedensbewegung auf einem malvenfarbenen Mohairpullover, der zwei erstaunlich gut geformte Brüste ahnen ließ. Ich fragte mich, wie alt sie sein mochte. Sie war beinahe unheimlich ruhig.
    »Ihr Mann muss etwas geahnt haben«, begann ich. »Er wies mich auf Willi Metzger hin und war voller Kummer. Irgendetwas machte ihm zu schaffen. Er machte auch absichtlich Fehler, wohl um mir zu zeigen, wie gefährlich diese Angelegenheit ist. Irgendwie sollte ich merken, dass er eigentlich viel mehr wusste.«
    »Was waren denn das für Fehler?« Sie verschränkte ihre Hände und drehte sie gegeneinander. Die Fingerknöchel wurden weiß.
    »Nun ja, der erste passierte noch am Tatort, also auf dem Parkplatz, auf dem Lewandowski erschlagen wurde. Er machte den ersten Fehler, als er mir sagte, der tote Lewandowski sei zweifellos ein Penner, und eigentlich sei das im Regierungsviertel nichts Besonderes. Dabei weiß ich, dass Penner das Regierungsviertel wie die Pest meiden. Da laufen viel zu viele Polizisten in

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