Requiem für einen Rockstar (German Edition)

ein Alibi. Mit Ausnahme von Alf und Joanna. Er war joggen und sie allein im Hotelzimmer.»
    «Was ist eigentlich mit Johns Freundin?»
    «Die existiert nur in der Fantasie von Johns Eltern.»
    «Christine und Joanna?»
    «Als Johns Freundin?»
    «Nein, als Mörderinnen.»
    «Christine war mit Mark zusammen. Joanna hat kein Alibi, aber sie hat auch kein Motiv. Ausserdem wurden die tödlichen Schläge mit grosser Wucht ausgeführt. Das muss ein Mann gewesen sein.»
    «Für die anderen gilt doch dasselbe wie für die Helmers. Jeder kann sich einen Auftragskiller besorgt haben.»
    «Stimmt. Aber aus welchem Grund?»
    «Das, mein lieber Francesco, das herauszufinden ist dein Problem. Aber zuerst ruft die Küche.»
    Ferrari seufzte und rollte theatralisch mit den Augen. Mechanisch griff er zum Abtrocknungstuch.
    «Weshalb stehen wir eigentlich praktisch jeden Abend hier und waschen ab, obwohl wir eine neue Geschirrwaschmaschine haben?»
    «Weil ich es so will. Und dir kein Zacken aus der Krone fällt.»
    Soll noch einer sagen, er verstehe die weibliche Logik. Dem Kommissär war das definitiv zu hoch.

27. Kapitel
    Bereits am Vormittag strömten Tausende von Jugendlichen durch die Stadt. Sie pilgerten zum St. Jakob-Park, Ferrari fand den Ausdruck sehr angebracht. Die Polizei hatte ihrerseits spezielle Einheiten aufgeboten und sogar Verstärkung aus anderen Kantonen angefordert. Insgesamt waren tausend Beamte in Zivil oder in Uniform im Einsatz. Beinahe schlimmer als bei einem G8-Gipfel. Jetzt fehlen nur noch die Demonstranten und die Chaoten, dann kann es losgehen, dachte Ferrari. Was, wenn ich mich geirrt habe, und es vor oder im Stadion doch zu Krawallen kommt? Vielleicht sollten Nikki und Monika zu Hause bleiben … Francesco verwarf den Gedanken sofort wieder. Nicht auszudenken, was Nikki in den nächsten Wochen abziehen würde, wenn ich ihr die Devils-Show vorenthalte. Als besorgter Vater erkundigte er sich aber noch bei Röbi Hänger.
    «Wir haben alles im Griff, Francesco. Keine Angst! Wir gehen nach einer klaren Strategie vor. Unsere Leute halten sich im Hintergrund. Wir greifen bei kleinen Ausschreitungen nicht ein, sondern merken uns allfällige Randalierer und ziehen sie bei Gelegenheit aus dem Verkehr. Nämlich dann, wenn sie für kurze Zeit aus der Gruppe austreten. Zusätzlich haben wir viele Beamte in Zivil in der Stadt und im Gebiet ums Stadion verteilt. Sobald einer feststellt, dass ein Krawallpotenzial entsteht, greifen wir ein.»
    «Und wenn es doch zu Krawallen kommt?»
    «Darauf sind wir vorbereitet. Ich habe zweihundert Mann in der Hinterhand. Sie sind auf Pikett beim Zeughaus. Der Kommandant wünscht, dass hart durchgegriffen wird. Einen zweiten 13. Mai gibt es bei uns nicht, Francesco.»
    Schön und gut, sinnierte der Kommissär. Aber Krawalle haben so ihre Eigendynamik. Solche Abläufe lassen sich nicht planen. Ferrari informierte sich noch, wo die Polizei allfällige Auseinandersetzungen erwartete. Nikki und Monika sollen das Konzert geniessen. In vollen Zügen. Und nicht irgendwo mit Steinen bombardiert werden oder durch Tränengasschwaden und Wasserfontänen rennen müssen.
    Sie hatten Helmers auf zehn Uhr ins Kommissariat bestellt. Der Kommissär wollte nichts dem Zufall überlassen. In Anwesenheit von Staatsanwalt Borer nutzten sie die verbleibende Zeit und gingen alle Fakten nochmals durch.
    «Känguru-Taktik!», stellte Borer fest.
    Ferrari schaute ihn fragend an.
    «Grosse Sprünge mit leerem Beutel. Ihnen ist doch bewusst, dass wir nichts gegen den Mann in den Händen haben.»
    «Das stimmt so nicht ganz», erwiderte Nadine. «Wir können ihn immer noch wegen Urkundenfälschung und Betrug einsperren.»
    «Um ihn vierundzwanzig Stunden später wieder laufen zu lassen. Er muss nur alles zugeben, dann ist er schnell wieder draussen. Wirtschaftsverbrechen sind Gentlemendelikte. Ausgenommen ein Fall wie Ludwig Otto. Der sass drei Monate wegen Verdunklungsund Fluchtgefahr. Wenn ihr also auf diese Karte setzt, könnt ihr ihn gleich rüber an die Wirtschaft abliefern.»
    Ferrari war sich dessen bewusst.
    «Wenn es schief geht, tritt Plan zwei in Kraft.»
    «‹Zeugin der Anklage›!», hörte er Borer sagen.
    Nadine runzelte die Stirn und warf Ferrari einen viel sagenden Blick zu.
    «Es gab einmal einen Film mit Marlene Dietrich in der Hauptrolle. Ihr Mann wurde des Mordes verdächtigt. Sie spielte die Zeugin der Anklage. Dann wurde sie vom Verteidiger, gespielt von …»
    «Charles