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Requiem: Roman (German Edition)

Requiem: Roman (German Edition)

Titel: Requiem: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin McNamee
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lagen tote Schmeißfliegen.
    »Seit Mrs Curran das Haus sich selbst überlassen hat, ist es heruntergekommen«, sagte Rutherford, »aber ich finde, es war schon immer ein kalter und abweisender Ort.«
    McCrink folgte Rutherford die Treppe hoch auf den ersten Absatz. Wolken wurden vom Meer her übers Land getrieben, und es wurde dunkel im Haus. McCrink betätigte einen der Lichtschalter, aber der Strom war abgedreht worden. McCrink kam sich vor, als folge er einem Dienstboten der Nacht, einem schlurfenden Faktotum, das zu den Schatten des Hauses gehörte. McCrink sah seinen eigenen Schatten an der Wand, eine rätselhafte Figur. Die Bodenbretter des Treppenabsatzes waren entfernt worden, und sie mussten sich von Balken zu Balken über die freiliegenden Rohre und Leitungen fortbewegen. Er folgte Rutherford bis ans Ende des Absatzes und ins Schlafzimmer der Currans. Die meisten Möbel waren aus dem Zimmer weggebracht worden. Der Federrost des Bettes lehnte an der Wand. Der Teppich war zusammengerollt worden, und man sah einen großen dunklen Fleck auf dem Fußboden.
    »Die Handwerker haben ihn gefunden«, sagte Rutherford, »einer von ihnen hat früher mal in der Schlachterei gearbeitet. Er sagt, dem Geruch nach sei es Blut.«
    McCrink kniete neben dem Fleck nieder. Er berührte ihn mit den Fingerspitzen und spürte den Staub und die Maserung der hölzernen Planken. Rutherford hielt sein Feuerzeug in die Höhe. Der Fleck bedeckte die Mitte des Zimmers.
    »Könnte alles Mögliche sein«, sagte McCrink.
    »Der Mann, der ihn gefunden hat, war Schlachter, das hab ich Ihnen doch gesagt«, sagte Rutherford, »er kennt sich aus mit Blut.«
    Im flackernden Licht des Feuerzeuges hatte Rutherford eine Autorität entwickelt, die er zuvor nicht besessen hatte. Er schien fähig, Drohungen auszustoßen. Er sah aus, als überkämen ihn unaufgefordert Prophezeiungen.
    »Es gibt einiges, was wir machen können«, sagte McCrink, »Wasserstoffperoxid sorgt dafür, dass Blut Blasen bildet. Das würde uns wenigstens beweisen, dass es keine andere Substanz ist. Man ist dabei, Techniken zu entwickeln, um Blutgruppen in alten Flecken festzustellen.«
    »Und wozu?«, fragte Rutherford, »um was zu beweisen?«
    »Um zu beweisen, wessen Blut es ist«, sagte McCrink.
    »Der Richter hat erklärt, sie sei im Freien umgebracht worden«, sagte Rutherford, »und der Angeklagte Gordon ist als Verrückter verurteilt worden. Das kommt in den Augen der meisten einem Schuldspruch gleich.«
    *
    Margaret sagte ihm, sie komme nicht gern in sein Hotel. Sie wählte Pensionen und Hotels aus, die ihre beste Zeit hinter sich hatten. Am Tag, nachdem er in The Glen gewesen war, trafen sie sich im Grand Hotel in Bangor. Auf dem Weg dorthin fuhren sie an tausendjährigen Sprüchen vorbei, die auf Scheunenwände gepinselt waren. Sie hatte sich angewöhnt, ihr Haar kurz zu schneiden und ein rotes Beret und eine blaue Jacke zu tragen. Sie sah aus wie eine junge Pionierin der Kommunisten. Er nahm ein Zimmer, und sie gingen zusammen nach oben. Das Bettzeug war feucht, und es stank nach Kanalisation. Regen hämmerte gegen das Fenster. Sie wollte, dass er sie dazu brachte, sich zu schämen, er sollte sie demütigen, anrüchige Szenarien erfinden, die sie beide daran erinnerten, wie wertlos sie waren. Feuchte Matratzen, ungeheizte Speisezimmer. Er wusste, nach was sie verlangte. Er tauchte unrasiert auf, unwirsch, mit Flecken auf dem Hemd.
    »Ich werd mir den Fall Curran vornehmen.«
    »Meinst du, dass das klug ist?«
    »Nein. Aber irgendwas ist da faul.«
    »Glaubst du, Mrs Curran ist verrückt?«
    »Sieht mittlerweile fast so aus. Aber wer weiß schon, was der Verlust eines Kindes mit einem anstellt?«
    »Das weiß ich auch nicht. Ich bin unfruchtbar. Nicht fähig, eine Frucht auszutragen, so sagt man doch? Klingt irgendwie biblisch. Vielleicht könnte ich ja eine Art Prophetin werden. Eine, die, das Haar zerzaust, mit flammenden Zungen redet.«
    »Lass es.«
    »Irgendetwas am Fall Gamble klingt krank. Dieser rasende Angriff. Wie weit ist die Leiche geschleppt worden?«
    »Eine halbe Meile.«
    »Da haben wir’s! Kräfte wie Superman. Ein rasender Angriff und übermenschliche Kraft. Das gehört doch immer zusammen, nicht?«
    »Findest du das komisch?«
    »Ich versuch gar nicht, komisch zu sein. Menschen können wahnhafte Störungen haben. In einem klinischen Sinn. Sie können glauben, dass jemand der Teufel ist.«
    »Glaubst du wirklich, der Teufel ist in der Nacht, in der

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