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Requiem: Roman (German Edition)

Requiem: Roman (German Edition)

Titel: Requiem: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin McNamee
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Pearl getötet wurde, oben am Weir’s Rock gewesen?«
    »Nein. Aber in der Stadt gibt es eine Menge Leute, die das glauben.«
    »Ich glaube nicht an den Teufel. Und ich glaube nicht, dass jemand mit Kräften wie Superman sie da hochgeschleppt hat.«
    »Sondern?«
    »Ein Auto. Jemand mit einem Auto, das ist die logische Antwort. Entweder sie ist eingestiegen, oder sie wurde hineingezerrt. Wahrscheinlich gezerrt, schließlich lag einer ihrer Schuhe an der Kreuzung.«
    »Keiner hat ein Auto gesehen.«
    »Ronnie. Ronnie, sagt, sie hat ein Auto gesehen, als sie die Straße runtergingen, nachdem sie Pearl an der Kreuzung rausgelassen hatten.«
    McCrink stand auf, trat ans Fenster und blickte auf die Promenade hinunter. Die verriegelten Vergnügungsbuden, die salzzerfressenen Geländer. Er wusste, was Margaret an Küstenorten anzog. Sie strahlten etwas Enttäuschtes aus mit ihren windgepeitschten Bootsweihern und unbeleuchteten Bingohallen, als würden sie sich mit dem Trostpreis zufrieden geben. Am Pier waren einsame Spaziergänger unterwegs, Einzelgänger, berauscht von der prüden Schwermut der Stadt.
    »Halt dich an McGladdery«, sagte Margaret, »und halt dich fern von den Currans.«
    *
    Am Montag fuhr McCrink ins Hauptquartier des Special Branch, des nationalen Abwehr- und Abhördienstes, in Castlereagh, wo er das Gesuch einreichte, Einsicht in Lance Currans Akte zu erhalten. Er stieg in den Aktenraum hinunter, machte die schwere, mit Asbest verkleidete, feuersichere Tür hinter sich zu. Der Ort vermittelte den Eindruck eines Atombunkers, als stünde in seinen Gängen mit den langen, beunruhigenden Perspektiven etwas bevor. Alles war rein funktional. Die Fußböden aus nacktem Beton, die Geländer aus Stahl, die an den Decken angebrachten fluoreszierenden Streifen. Es gab nichts, was einen vom Inhalt der Akten hätte ablenken können.
    Ihm fiel die Größe des Raumes auf, und er fragte sich, wie viele Leute über offenen Akten saßen. Der Kontorist brachte ihm Currans Akte, und er setzte sich an einen der Resopaltische. Alle vertraulichen Berichte waren auf Kanzleipapier getippt, datiert, nummeriert und mit dem Stempel »geheim« versehen worden. Es schien, als sei für alle Dokumente die gleiche Schreibmaschine verwendet worden, aber es war unmöglich, herauszufinden, ob sie vom selben Autor verfasst worden waren.
    Auf den ersten Seiten war der Tonfall unsicher. »Geburtsort unbekannt.« Nach dem Vermerk »Geburtsdatum 1900« stand ein Fragezeichen. Die Jahre von Currans Jurastudium standen fest. Es gab ein frühes Bild von ihm, aufgenommen in einer Wahlnacht. Curran stand vor einem Wahllokal und verteilte Flugblätter. Der Mann neben ihm war sein Wahlkampfhelfer Harry Ferguson. Ferguson sah unauffällig aus und zielbewusst, der typische Hintermann in der Welt der Politik. Es schneite auf dem Bild, Schneeflocken wurden an der Linse vorbeigeweht, was die Dunkelheit hinter den beiden Männern nur hervorhob. Curran wirkte reserviert und kalt, auf eine persönliche amoralische Kampagne konzentriert.
    Die ersten Jahre waren unvollständig. Ganze Zeitabschnitte fehlten. Die politische Ausrichtung des Richters war nicht, was McCrink erwartet hatte. Er hatte Verbindungen mit unwichtigen Figuren, mit religiösen Eiferern, Evangelisten, die an Straßenecken predigten, Hetzern des Oranier-Ordens. Während seines Aufstiegs war Ferguson immer an Currans Seite, MP, Chairman of the Bar Council, Attorney General.
    Die Jahre seiner Ehe mit Doris. Die Kinder. Patricia. Desmond. Desmonds religiöse Überzeugungen wurden dargelegt. Seine Nähe zur Moralischen Aufrüstung und anderen rechtsextremen Bewegungen. Die Hinweise auf Patricia waren spärlich. Ihr Ruf, sie sei sexuell freizügig gewesen, war nicht ausdrücklich erwähnt, aber McCrink meinte sich erinnern zu können, darüber in den Zeitungen gelesen zu haben. Da war der Schatten unausgesprochener Bemerkungen gewesen.
    Auch Currans Spielsucht wurde nicht direkt angesprochen. Die Nächte im Reform Club wurden erwähnt, genauso seine Reisen auf die Isle of Man. Es war vermerkt, dass er »in der Gesellschaft eines römisch-katholischen Buchmachers gesehen worden war«. Auch Hinweise auf Schwierigkeiten mit seiner Frau gab es. Die Akten, die diese Phase behandelten, schienen mit schalkhaften Hinweisen durchsetzt.
    Die Seiten zum Jahr 1952 waren anders. Man bekam den Eindruck, der Nachrichtenoffizier habe die Kontrolle über sein Material verloren. Die Berichte über den Mord an

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