Requiem: Roman (German Edition)
einem weißen Hemd und eine schwarz-rote Krawatte getragen.«
»Das ist die Krawatte, die ich Will ausgeliehen habe. Diese Krawatte hat an der King’s Road drei Pfund gekostet. Will hat andauernd davon geredet. Wie sich ihm die Frauen an den Hals werfen. Schlussendlich hab ich nachgegeben. Hier, hab ich gesagt, ich leih sie dir aus, wenn sie dir so viel bedeutet.«
»Die Zeugen haben nicht erwähnt, was Copeland getragen hat.«
»Den hellen Anzug und die schwarz-rote Krawatte. Der Anzug war geliehen.«
»In welcher Beziehung stehst du zu Mr Copeland?«
»Freunde. Blutsbrüder. Wir haben alles zusammen gemacht. Sagen Sie mir etwas, Mr Brown. Pearl ist eine halbe Meile von Damolly Cross gefunden worden.«
»Stimmt.«
»Hätte sie sich dahin schleppen können?«
»Eher nicht.«
»Ich hab von Leuten gehört, die angeschossen wurden und trotzdem noch weggelaufen sind. Hatten keinen Tropfen Blut mehr im Leib und sind trotzdem weggerannt wie Rennläufer. Die Nerven sorgen dafür, dass die Beine weiterarbeiten. Denken Sie, dass dies auch bei Pearl passiert sein könnte?«
»Ich denke nicht. Die Polizei meint, dass sie dorthin geschleift wurde.«
Das passte zu Robert. Den Tatort überprüfen, Szenarien konstruieren. Wurde Pearl zuerst geschlagen oder erstochen? War der Mörder Rechts- oder Linkshänder? Ging Brown davon aus, dass sie die Kleider »freiwillig« auszog, wie Robert es nannte, oder hatte der Mörder die Kleider in seiner Raserei zerrissen? Bisher war Brown noch nie einem Verdächtigen begegnet, der sich so verhielt. Robert schien hartnäckig und naiv zu sein.
Robert erzählte Brown, wie er mit Pearl und Joan Donergan getanzt hatte.
»Was passierte am Ende des Tanzabends?«
»Ich hab auf Joan Donergan gewartet. Als sie nicht rauskam, bin ich nach Hause.«
»Du hast kein Fahrrad vor der Halle der Oranier mitgenommen?«
»Hab kein Fahrrad gesehen. Ich bin nach Hause und ins Bett.«
Brown spürte, dass Robert etwas verschwieg. Es war, als könnte er Robert bis zur Tür der Tanzhalle folgen, während er sich alles, was danach geschah, nicht vorstellen konnte.
»Hast du Miss Gamble vor der Nacht der Ermordung gekannt?«
»Ich hab sie vielleicht schon mal getroffen, als wir klein waren, aber ich kann mich nicht dran erinnern.«
»Aber du kannst dich erinnern, an diesem Abend mit ihr getanzt zu haben?«
»Ich erinnere mich. Die Leute wollten mit mir tanzen.«
»Hast du dir It’s Now or Never von der Band gewünscht?«
»Nein, hab ich nicht. Ich hab nach Chattanooga Choo Choo gefragt, aber sie haben’s nicht gekannt und stattdessen It’s Now or Never gespielt.«
Robert war ein guter Tänzer, wie schon sein Vater. Zeigte den Mädchen die neuen Tanzschritte. Den Jive, den Mashed Potato. Als er Pearl für den langsamen Song It’s Now or Never zum Tanz aufforderte, lief Robert das Glück im Zwei-Drittel-Takt davon.
*
McCrink ging zum Schrank mit den Beweismitteln und nahm die Tüten mit den Büchern heraus, die sie aus McGladderys Haus mitgenommen hatten. Er kippte sie auf den Schreibtisch. Bücher über Bodybuilding, simple Selbsthilfebücher. Steigere deinen IQ in 90 Tagen. Ausgaben von Reader’s Digest und National Geographics. Nummern von Mayfair. Ein Haufen Gesundheits- und Ausbildungsmagazine, die nackte Mädchen beim Volleyball zeigten. Die Mädchen waren blond und lachten. Sie sahen aus wie FKK-Anhänger vor dem Krieg, Arierinnen, die es liebten, in der Gruppe Gymnastik vorzuführen. McCrink bevorzugte die Modelle in Mayfair. Mädchen in Kostümen französischer Hausmädchen und Schuluniformen, verdorben und erfahren.
In der anderen Tüte waren Romane. McCrink kippte sie auf den Schreibtisch. Krimis und Western. Er sah sie sich kurz an, blätterte in ihnen. Riders of the Purple Sage. Ian Fleming. Er zog The Long Wait von Mickey Spillane heraus.
Der Umschlag zeigt einen Mann und eine Frau in einem nicht weiter erkennbaren Raum in einer Stadt. Im Hintergrund liegt etwas, das aussieht wie eine umgestürzte Seemannskiste. Der Mann ist an einen Stuhl gefesselt und zerrt an seinen Fesseln. Sein weißes Hemd ist an der Schulter zerrissen. Er hat schwarze Haare und einen kantigen Kiefer. Die Frau im Vordergrund liegt halb auf dem Boden. Sie hat blondes Haar, das bis zu ihren Schultern reicht, und trägt ein tief ausgeschnittenes Kleid. Das Bild ist so arrangiert, dass der Blick des Betrachters sofort auf ihr Gesicht und ihre teilweise freiliegenden Brüste fällt. Sie schaut jemanden oder
Weitere Kostenlose Bücher