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Requiem: Roman (German Edition)

Requiem: Roman (German Edition)

Titel: Requiem: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin McNamee
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unheilvolle Richtung. Er erkannte sich nicht in der Figur, die sich während des Prozesses herausschälte, in dem Jäger in der Nacht, in dem Unbefriedigten, der draußen in der Dunkelheit sein Unwesen treibt. Wie er sich mit Pearl anfreundete, mit ihr tanzte.
    »Sie haben sich für den Tanz mit Miss Gamble It’s Now or Never gewünscht?«
    »Das stimmt nicht. Ich hab nach Chattanooga Choo Choo gefragt, aber das kannten sie nicht.«
    Nichts aus Roberts Mund klang überzeugend. Ihre Version von der Nacht entwickelte hingegen Überzeugungskraft. »Sie gab Ihnen einen Korb.« »Sie waren wütend.« »Sie schworen sich, sich an ihr zu rächen.«
    »Woher hatten Sie die Verletzungen an Ihrer Hand?«, fragte der Richter plötzlich.
    Robert war irritiert. Er wusste nicht, dass der Richter befugt war, solche Fragen zu stellen. Curran verlangte, dass er vorführte, wie ein Schuhmacher das Werkzeug in die Hand nahm. Die Blicke der Geschworenen verrieten Robert, dass sie die Fragestellung des Richters genauso billigten wie die Tatsache, dass der Schurke auf sich selbst gestellt war.
    »Dass sich Arbeiter an den Händen verletzen, weiß doch jeder!«
    Er bemerkte Mervyn auf der Zuschauertribüne und wollte, dass er in den Zeugenstand trat, um es ihnen zu bestätigen. Er wollte, dass Mervyn seine Schuhmacherhände in die Höhe hielt, vernarbt und gezeichnet von den Werkzeugen. Doch es war zu spät.
    »Was passierte mit den Feilen, die Sie an jenem Nachmittag kauften?«
    »Das möchte ich später erklären. Es ist wichtig, dass ich es Ihnen nicht jetzt erzähle.«
    Er konnte Agnes erkennen, die von der Tribüne aus zuschaute. Er konnte ihren Blick erkennen, der sagte, ihr Sohn versuche wieder einmal ein Schlaukopf zu sein. Erzähl dem Mann endlich, was er wissen will. Ein Teil konnte fast nicht umhin, die Geschichte zu bewundern, die sich während des Verhöres abzeichnete, wie die Geschworenen auf überlieferte Folklore hingeführt wurden, auf Lagerfeuergeschichten von Schuld und Unschuld.
    Es war Nachmittag, bis sie darauf zu sprechen kamen, was er in jener Nacht getragen hatte. Der Anzug und die kurze Jacke waren auf dem Tisch mit den Beweisen ausgebreitet, die Ärmel zerknüllt, die Schultern ausgebeult. Robert kämpfte immer noch darum, die Aussage machen zu können, die er sich vorgestellt hatte, die komplexen Augenblicke wie aus einem Drehbuch. Er fühlte sich gestresst. Es fiel ihm schwer, seine Gedanken zu sammeln. Manchmal wurde ihm eine Frage zwei oder drei Mal gestellt, bis er sie beantwortete. Die Mordnacht begann Robert zu entgleiten, während der Staatsanwalt die Untersuchung darüber, was er getragen hatte, abschloss.
    »Warum haben Sie die Polizei um sechsunddreißig Stunden gebeten, um den hellen Anzug zu finden?«
    »Ich hatte den Anzug Will ausgeliehen. Ich wollte ihn fragen, was mit ihm passiert ist.«
    »Und die Jacke?«
    »Genau darum geht es. Ich ließ die Jacke in der Garderobe von der Tanzhalle. Als ich sie abholen wollte, war sie verschwunden. Sie wurde entweder gestohlen, oder Will hat sie mitgenommen. Er hat mir immer wieder gesagt, wie sehr ihm die Jacke gefällt. Ich wollte mit ihm reden, konnte aber nicht, weil mir die Beamten immer auf den Fersen waren.«
    McCrink erkannte, dass die Geschworenen Robert nicht glaubten. Sie glaubten, er wolle die Schuld Copeland zuschieben.
    »Die Feilen. Das wollte ich vorhin erzählen. Die Schusterfeilen waren in der Tasche der Jacke. Darum haben Sie die im Haus nicht gefunden.«
    Robert blickte von Gesicht zu Gesicht. Er realisierte, was geschehen war. Er sah, wer er in ihren Augen geworden war. Eine Ratte. Ein Wiesel. Der Mann, der alles tut, um aus der Klemme zu kommen. Der im Schatten des Galgens schnattert. Es war still im Gerichtssaal. Robert blickte auf und sah »die hübsche« Joan Donergan auf dem Zuschauerrang. Er wollte ihnen noch einmal erzählen, wie er sie aufgefordert, wie er sie herumgewirbelt hatte. Wie sie alle mit ihm tanzen wollten in jener Nacht, wie er dafür sorgte, dass sie sich flink und graziös fühlten. Aber es gab weitere Fragen. Hatte er das Kleiderbündel in die Sickergrube hinter dem Haus geworfen? Hatte er in einem Versteck auf Pearl gewartet? Die Antworten brachen aus Robert heraus, er widersprach sich. Der Mund, der das Reden übernommen hatte, schien jemand anderem zu gehören.
    Brown befragte ihn nach dem Vorfall am Fluss. Robert erzählte ihm, wie Johnston ihm die Pistole an die Schläfe gesetzt und angedroht habe, ihm das

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