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Requiem: Roman (German Edition)

Requiem: Roman (German Edition)

Titel: Requiem: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin McNamee
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Gehirn rauszublasen. Die Worte klangen unglaubwürdig, wie der Satz eines Desperados in einem Film.
    Letztlich sorgten Roberts Aussagen für Unbehagen. Er stellte sich nicht als vorbildlichen Bürger dar. Seine Erklärungen, was mit den Kleidern geschehen war, schienen an den Haaren herbeigezogen. Aber er bestand nachdrücklich darauf, nichts mit dem Tod von Pearl Gamble zu tun zu haben. »Ich habe nichts damit zu tun.« »Ich habe sie nicht getötet.« »Ich war es nicht.« Während des Kreuzverhörs, das beinahe sieben Stunden dauerte, brach Robert nicht zusammen, und Generalstaatsanwalt Brian McGuinness war nicht imstande, die Argumente der Verteidigung zu entkräften.

Zweiundzwanzig
    A m Montagnachmittag hielten beide Anwälte ihre Schlussplädoyers. Die Staatsanwaltschaft brachte noch einmal die Sprache auf die Hauptpunkte ihrer Anklage. McGuinness gestand ein, dass die Beweise gegen den Angeklagten ausschließlich auf Indizien beruhten, »was sie deshalb aber nicht wertloser« mache. Die Schusterfeile, die bei Woolworths gekauft worden war, die Zeugen, die aussagten, was McGladdery getragen hatte. Er erinnerte die Geschworenen daran, dass McGladdery Pearl bereits vor dieser Nacht gekannt hatte. Er beschwor einen Angeklagten herauf, der seine Stichtechnik auf dem Roman The Long Wait von Mickey Spillane geübt hatte. Er forderte sie dazu auf, zu erkennen, was für ein Typ McGladdery war. Ein Landstreicher und Nichtsnutz, ein Rowdy, der versucht hatte, die Schuld an dem Verbrechen seinem Freund anzuhängen. Pearl hatte seine Annäherungsversuche in jener Nacht zurückgewiesen, er hatte sich am Damolly Cross auf die Lauer gelegt und auf sie gewartet, um sie zu schlagen, auf sie einzustechen und sie zu erwürgen. McGuinness hielt sich lange mit Pearls Nacktheit auf, mit ihren entblößten sterblichen Überresten, ihre offenen Augen, die leer in die unheilvolle Nacht starrten.
    Browns Verteidigung war wohlüberlegt. Alle Beweise gegen McGladdery beruhten auf Indizien. Jeder Anklagepunkt bot Raum für Interpretationen. Die Zeugen waren sich nicht einig, was der Angeklagte getragen hatte. Das Kleiderbündel konnte jeder in die Sickergrube geworfen haben. Als Kind hatte Robert Pearl nur flüchtig kennengelernt, er kannte sie also nicht wirklich. Die Einstiche auf dem Buch waren kein Beweis dafür, dass damit eine Technik geübt worden war, um einen Menschen zu erstechen. Es gab keine Fingerabdrücke und keine forensischen Beweise. Kein Augenzeuge hatte Robert am Schauplatz des Mordes gesehen. Roberts Erklärung, was mit seiner Windjacke passiert war, war glaubwürdig. Trotz Roberts Auftritt im Zeugenstand war es möglich, dass Will Copeland oder sonst jemand die Jacke in jener Nacht aus der Garderobe des Oranier-Ordens mitgenommen hatte.
    Brown hob den Vorfall am Fluss heraus. War es glaubwürdig, dass die Polizei den Angeklagten zum Corry Square gebracht hatte, um seine Kleider zu trocknen? Er hätte seine Kleider zu Hause trocknen oder dort frische Kleider anziehen können. Brown sagte, die Geschworenen sollten Roberts Aussage Glauben schenken, dass er von verschiedenen Ermittlerteams bis spät in die Nacht verhört worden sei. Und was hatten sie sonst für Lügen erzählt, wenn sie in diesem Punkt logen? Wer hatte das Kleiderbündel heimlich in die Sickergrube gelegt?
    Was Roberts Kleidung in jener Nacht betraf, so wies Brown darauf hin, dass das Licht in der Tanzhalle schummrig und die Luft voller Zigarettenrauch gewesen sei. Bestimmte Stoffe schimmerten bei diesen Bedingungen und wirkten heller, als sie in Wirklichkeit waren. Er führte aus, dass Augenzeugen oft falsch lägen, sogar mehrere Augenzeugen ein und derselben Szene. Es sei nicht so, dass sie logen, aber sie würden vom Strom einer Geschichte mitgerissen, was ihre Berichte beeinflusse, ohne dass sie es merkten.
    Brown erzählte den Geschworenen, dass sich mehr als eine Version der Vorfälle in jener Nacht verberge. Könnte nicht jeder Pearl die halbe Meile von Damolly Cross zum Weir’s Rock hinübergebracht haben? Er erinnerte die Geschworenen an das Auto, das Ronnie Withcroft Richtung Damolly Cross hatte fahren sehen, als sie selbst den Hügel hinunterfuhr.
    Am Schluss seines Plädoyers kam Brown auf das Thema Motiv zu sprechen. Pearl war nur eines von vielen Mädchen, mit dem Robert in jener Nacht getanzt hatte. Im Gegensatz zu dem, was die Staatsanwaltschaft behauptete, kannte er sie kaum. Ein Zeuge hatte angedeutet, dass es zu einem Konflikt

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