Requiem: Roman (German Edition)
silbernen Tablett.«
Darauf wird dein Kopf liegen, dachte Hughes bei sich.
Einundzwanzig
M argaret tanzte nicht gerne. Am Freitagabend führte McCrink sie nach dem Prozess ins Henry T’s an der Hill Street aus. Sie saßen an einem Tisch am Rand der Tanzfläche, und Margaret trank Gin und schaute zu, wie die Mädchen in ihren Kleidern von C& A tanzten. Sie hatte angefangen, flache Schuhe, Freizeithosen und Pullover mit Zopfmuster zu tragen. Kleidung, die ihren beschwingten Gang betonte, ihr Aussehen aber asexuell und verbissen erscheinen ließ.
Die tanzenden Mädchen trugen Handschuhe und hatten Lackhandtaschen dabei, ihre Haare waren zu Bienenkörben hochgesteckt, in der Luft hing der Geruch von Haarspray.
»Ich warte immer noch drauf, dich in einem Nudisten-Magazin zu entdecken«, sagte McCrink, »dich und einen Haufen humorloser Arier, wie ihr splitternackt Volleyball spielt.«
Sie warteten am Margaret Square auf ein Taxi. Sie waren die Einzigen am Taxistand, der Verkehr war spärlich, Reifen zischten im Regen. Eine abgerissene Truppe von Fahrenden zog über den Platz und verschwand. Auf der anderen Straßenseite drückte ein Teddy-Boy sein Mädchen gegen eine Wand. Er hatte seine Hand zwischen ihren Schenkeln. Während er sie betatschte, redete er auf sie ein, um sie gefügig zu machen; er hatte Tabakgeschmack auf den Lippen, sie die Wand im Rücken. Der Junge hörte auf zu reden, und das Mädchen öffnete die Augen und schaute zu Margaret hinüber.
»Wollen Sie mitschreiben oder was?«, rief das Mädchen.
Als sie in ihrer Wohnung waren, öffnete Margaret eine Flasche Gordon’s Gin. Sie war blass.
»Ich kann’s nicht fassen, wie das Mädchen mit mir geredet hat«, sagte sie.
»Vergiss es«, sagte McCrink.
Sie goss sich ein Glas Gordon’s ein und trank ihn ohne Tonic.
»Du willst, dass ich’s vergesse? Du lässt eine Schlampe von der Straße in dem Ton mit mir reden!«
Ihr Newry-Dialekt war jetzt zu hören wie etwas, das durch den Sumpf drückte, auf dem die Stadt erbaut war, ein morastiger Gestank, der in die Höhe schwebte.
»Hör auf zu trinken!«
»Ich trink, so viel ich will. Warum hast du die abgetakelte Schlampe nicht verhaftet, Herr Polizist?«
Ihre Augen glänzten, sie knetete ihre Hände und steigerte sich langsam in einen unregelmäßigen Rhythmus, in dem sie ihre abgehackten Sätze ausspuckte.
»Sperr doch mich ein! Wie eine Frauenrechtlerin. Wie Emmeline Pankhurst in Wormwood Scrubs mit einem Schlauch im Hals für die Zwangsernährung.«
»Es reicht!«
Er stellte fest, dass er sich hilflos verstrickt hatte in die verrückte Vorstellung, die er sich von der Stadt machte. Er stellte sich vor, irres Gelächter zu hören, eilige Schritte vor dem Fenster.
»Die Leute werden hier in dieser Stadt nicht mit dir reden. Die wissen, was du bist. Die können eine Uniform meilenweit riechen.«
»Margaret, bitte.«
»Bring mich raus aus dieser Stadt. So sagt man doch, nicht? Bring mich irgendwohin. Bring mich ins Kino. Nimm mich mit auf einen Ausflug.«
»Es ist mitten in der Nacht.«
»Dann red mit mir!«
»Ich versuch doch, mit dir zu reden.«
»Nicht wirklich. Wir haben nicht viel gemeinsam, du und ich. Der Detective, gestrandet in einem Beruf ohne Zukunft, die Bibliothekarin aus der Kleinstadt, unverheiratet und unerwünscht.«
»Wir haben einiges gemeinsam.«
»Wir haben genau etwas gemeinsam.«
»Hör auf damit.«
»Verstehe. Du willst, dass ich den Mund halte und die Beine breit mache.«
»Werd nicht ordinär.«
»Ich bin nicht ordinär. Ich bin nur ehrlich. Du hast mich am liebsten auf dem Rücken. Auf meiner schönsten Seite. Das sagen alle.«
»Jetzt werd mir bloß nicht hysterisch.«
»Hysterisch? Mehr hast du nicht drauf? Ist das deine vernichtend scharfe Antwort, Eddie? Und wenn das nicht hinhaut, nimmst du den Schlagstock raus oder die Handschellen?«
Schließlich schlief sie auf dem Sofa ein. Sie lag auf dem Rücken, die Füße aneinander, blass, gemartert, eine Figur aus der Frühzeit der Kirche. Sie erwachte um 4 Uhr.
»Es tut mir leid«, sagte sie, »das passiert manchmal.«
»Was passiert?«
»Man hat mir gesagt, ich hätte einen Nervenzusammenbruch gehabt. Zwischen zwanzig und dreißig. Ich bekam Elektroschocks. Zu meinem eigenen Wohl mit dem Stromnetz verkabelt.«
Der Gummiknebel zwischen den Zähnen, der genötigte Körper, der Rücken, der sich krümmte, die trommelnden Fersen. Er nahm ihre Hand.
»Wirklich?«
»Was?«
»Hast du wirklich einen
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