Requiem
Hunden.
»Gute Arbeit, Stefan. Wir haben dir zugeschaut. Du bleibst aber trotzdem bei dem Mann. Setz dich auf den Fahrersitz. Dann bekommst du alles mit, falls wir dich doch noch brauchen. Elke, was macht unser Trio? Immer noch die Nase in dem Buch, oder tut sich da schon was?«
»Einer der beiden Alten ist gerade aufgestanden und holt etwas aus dem Schrank. Es ist ein Bündel Geldscheine.«
»Okay, Leute, Zugriff. Aber wir werden höflich klingeln und nicht gleich die Tür eintreten. Du hast das Wohnzimmer ja im Blick, Elke, und kannst uns sagen, wo sie gegebenenfalls Beweismaterial verstecken.« Der Kommissar hängte den Hörer ein und wandte sich an Beaufort. »Sie bleiben bitte hier sitzen, bis alles vorbei ist. Ich will nicht, dass Sie zu Schaden kommen.«
Beaufort nickte. Waldmüller und sein Assistent verließen die Limousine. Auch aus dem Lieferwagen stiegen zwei Polizisten und eine Polizistin aus. Am Gartentor trafen sie zusammen und betraten gemeinsam das Grundstück der Villa. Beaufort sah, wie der Kommissar klingelte und kurz darauf mit seinen Leuten im Haus verschwand.
Die nächsten Minuten vergingen für ihn äußerst langsam, denn er hatte keinerlei Informationen über das, was drinnen geschah. Doch da der Polizist im Jaguar sich auch nicht rührte, blieb er brav sitzen. Aber der hatte immerhin Funkkontakt. Ob er mal das Sprechfunkgerät ausprobieren sollte? Besser, er ließ die Finger davon. Der jovial wirkende Kommissar konnte bestimmt auch ganz schön unangenehm werden.
Nach knapp zehn Minuten öffnete sich endlich die Haustür und zwei Polizisten kamen mit dem gefesselten Bio-Fach-Mann heraus, der ein arrogantes Lächeln zur Schau trug, als er in den Lieferwagen einsteigen sollte. Er wurde einfach hineingestupst. Kurz darauf fuhren die Polizistin namens Elke und ihr Kollege mit ihrem Zivilfahrzeug vor, das auf dem Parkplatz zurückgeblieben war. Sie gingen in die Villa und kehrten mit den beiden Alten zurück, die mit Handschellen aneinandergefesselt waren und heftig protestierten. Das hätten sie besser nicht getan. Denn waren bisher alle Vorgänge an der Villa mehr oder weniger unbemerkt abgelaufen, öffneten sich wegen des untypischen Lärms einige Wohnungs- und Hausfenster. Diese Menschen konnten jetzt hautnah miterleben, wie ihre Nachbarn von der Polizei abgeführt wurden. Die beiden wurden auf den Rücksitz des Autos verfrachtet und umgehend zur Polizeiwache transportiert. Und der vierte Gefangene aus dem Jaguar wurde von dem Polizisten mit dem Hund ebenfalls in den Lieferwagen gebracht, der kurz darauf abfuhr. Jetzt, nachdem keiner der Festgenommenen mehr die Möglichkeit hatte, ihn wiederzuerkennen, hielt es Beaufort nicht mehr länger im Wagen und er stieg aus. Er hatte gerade das Gartentor erreicht, als der Kommissar mit seinem Assistenten aus der Villa trat, unter seinem Arm das ominöse Päckchen Markgrafs.
»Ah, Herr Beaufort. Sie kommen gerade im richtigen Moment. Könnten Sie mal einen Blick auf dieses Bücherl hier werfen und uns sagen, ob es sich um das gesuchte Objekt aus Italien handelt?«
Er wickelte das Buch aus dem Packpapier und reichte es Beaufort, der es so vorsichtig in die Hand nahm, als wäre es ein rohes Ei. Es war ein großes Gästebuch im Folio-Format mit fünf Bünden am Buchrücken. Eingeschlagen war es in feinstes dunkelrotes Saffianleder, hatte rundum Goldschnitt und war mit einer goldenen Schnalle verschlossen. Um das schwere Buch besser öffnen zu können, setzte er sich auf einen Mauervorsprung, legte es auf seine Knie und blätterte ausgiebig darin.
»Und«, fragte Waldmüller schließlich, »ist es das Buch aus diesem Museum am Gardasee?«
»Ich kann zwar längst nicht alles lesen, denn das meiste ist auf Italienisch, und die Handschriften sind nicht immer leicht zu entziffern, aber das ist ganz sicher das Gästebuch Gabriele D’Annunzios. Häufig sind auch alte Fotos mit eingeklebt.« Er schlug die entsprechenden Seiten auf. »Hier ein wunderbares Blatt mit der schwungvollen Handschrift der Duse. Die Fotografie zeigt sie in einer ihrer Bühnenrollen. Dort ein handgeschriebenes Gedicht des Nobelpreisträgers André Gide. Hier ein Autograf von Claude Debussy. Und dies hier dürfte ein Eintrag des berühmten Regisseurs Konstantin Stanislawski sein. Die halbe Kulturelite Europas war bei D’Annunzio zu Gast – phantastisch.« Er schaute auf und merkte an Waldmüllers Mimik, dass der seine Begeisterung für Handschriften nicht teilte. »Und ab da wird
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